Was ich von Michael Palmer verstanden habe…

Michael Palmer, Erwerbsimker aus Vermont – USA, hat im Internet ein paar Youtube Videos am Start, in denen er seine Philosophie der “Sustainable Apiary” propagiert, was man in etwa als “die nachhaltige Imkerei” übersetzen könnte.

Ich will die Hauptpunkte mal rekapitulieren, alleine schon für mich selbst, weil ich ab kommenden Jahr meine eigene Imkerei auch in diese Richtung entwickeln möchte.

“Nutze, was du hast”

Michael Palmer hat jahrelang nach langen, harten Wintern im Frühjahr Kunstschwärme (“Packages”) gekauft, um seine Winterverluste auszugleichen, damit zur Apfelblüte rund 600 Völker zur Bestäubung zur Verfügung standen. Seine Bestäubungsgebühren, die er einnahm, gingen zu einem großen Teil für jene Kunstschwärme als auch Königinnen drauf, die er überall im Land kaufte, und so war seine Imkerei nur sehr eingeschränkt profitabel.
Irgendwann hörte er endlich, nach langem Drängen, auf einen befreundeten Imkerkollegen namens Kirk Webster, der ihm seine eigenen Kisten zeigte, welche zur Apfelblüte bereits überquollen. Kirk Webster arbeitete in großer Zahl mit zusätzlichen Ablegern (“Nucleus Colonies, Nucs”), und riet Palmer, es ihm gleich zu tun.
Palmer tat es ihm gleich, und ab da schaute er nie mehr zurück (“I never looked back”).

Die Grundidee ist denkbar einfach:
Man nimmt nicht-produktive Wirtschaftsvölker (“non-productive hives”) aus der Honigproduktion, und teilt sie zu einem passenden Zeitpunkt in Ableger (“nucs”) auf, und beweiselt diese Ableger mit jungen Königinnen.
So kann man im Frühsommer aus einem schwachen Wirtschaftsvolk, dass wenig Honig gebracht, aber viel Arbeit bedeutet hätte, bis zu vier Jung-Völker machen.

“Aber man hätte das Wirtschaftsvolk doch umweiseln können!”, mag man jetzt einwenden. Michael Palmer, der diese Frage selber aufwirft, wendet ein, dass es keineswegs sicher ist, ob eine neue, ungeprüfte Königin auch das Volk zu einem starken Volk werden lässt. Auch neue Königinnen können untauglich sein. Wenn man aber ein Wirtschaftsvolk in 4 Ableger aufteilt, sinkt die Wahrscheinlichkeit zu schlechten Königinnen um den Faktor 4. Selbst wenn eine der vier Jungweiseln nichts taugt, 3 Königinnen bauen dann immer noch schnell starke Jungvölker auf.

Wenn man diese Ableger langfristig führt, und über den kommenden Winter bringt, und am Ende vielleicht im schlechtesten Fall auch nur 2 Völker überleben, so hat man im darauffolgenden Jahr trotzdem noch aus einem schwachen Wirtschaftsvolk jetzt 2 gute künftige Wirtschaftsvölker gemacht.

Nachdem Michael Palmer das verstanden und in seine Imkerei implementiert hatte, musste er nie wieder Kunstschwärme oder Königinnen dazu kaufen. Er nutzte seine eigenen Ressourcen effizient und bedacht.

Die Grundidee

Man teilt seine Imkerei in zwei Teile auf: Ein Teil ist für die Honigproduktion zuständig, der andere Teil für die Bienenproduktion.

Die Honigproduktion wird durch starke Wirtschaftsvölker gewährleistet, die Bienenproduktion übernimmt die Ableger-Imkerei. Dabei arbeitet die Ableger-Imkerei immer der Honigproduktion zu und stützt die Wirtschaftsvölker auf unterschiedliche Weise. Zu keiner Zeit werden produktive Einheiten geschwächt, beispielsweise durch Brutentnahme zur Ablegerbildung.

Die Honigproduktion hilft der Ableger-Imkerei nur insofern, als dass aus ihr immer wieder schwache Einheiten in die Ableger-Imkerei gehen, wo sie zu neuen Ablegern aufgeteilt werden. Insofern entlastet die Ableger-Imkerei auch die Honigproduktion um nicht-produktive Einheiten, die nur Zeit (und damit Geld) kosten, während sie in der Ableger-Imkerei Geld verdienen können.

Die Art und Weise, wie jetzt die Ableger-Imkerei die Honigproduktion unterstützen kann, sind unterschiedlicher Natur und sollen nachfolgend beschrieben werden.

Im Frühjahr – Wirtschaftsvölker verstärken, bzw. ersetzen

Hat man über den Winter Wirtschaftsvölker verloren, stehen jetzt immer noch ausreichend Ableger aus dem Vorjahr bereit, um die Ausfälle zu kompensieren. Diese Vorjahres-Ableger werden jetzt zu Wirtschaftsvölkern heranwachsen.

Andere Wirtschaftsvölker kommen schwach aus dem Winter. Diese können jetzt mit einem Ableger verstärkt werden.
Michael Palmer führt seine Ableger auf 8 Waben in den Winter. Hat ein Wirtschaftsvolk im Frühjahr nur 2 oder 3 Waben, dann bedeutet das Stecken eines Ablegers eine Verstärkung auf 10 oder 11 Waben – aus einem unproduktiven Volk wird schnell eine wirtschaftliche Einheit.

Im Frühjahr – “Wenn man doch jetzt bloß schon Königinnen hätte”

Wie oft wünscht man sich im Frühjahr schon Königinnen, um beispielsweise Weiselverluste aus dem Winter zu ersetzen?
“Ableger sind eigentlich nichts anderes als Königinnen plus Begleitmannschaft”, sagt Michael Palmer.
Hat man genug Ableger über den Winter geführt, hat man immer genug Reserve-Königinnen zur Verfügung, sogar im Frühjahr.

Im Sommer – “Brutfabriken!”

Hier geht es um Ableger des Vorjahres, die im aktuellen Bienenjahr nicht in die Honigproduktion gehen, sondern in der Ableger-Imkerei verbleiben.

Königinnen erreichen erst im zweiten Lebensjahr ihr volles Potential. Sie bauen jetzt starke Völker auf, die viel Honig bringen können und irgendwann auch schwärmen wollen.
Michael Palmer nutzt diese Brut-Wut dazu, aus diesen Völkern Brutwaben zu ernten (wozu er diese verwendet, folgt gleich). Damit kontrolliert er die Volksstärke, und hält die Völker auf einem Niveau, wo scheinbar nicht geschwärmt wird. Entnommene Brutwaben werden bestenfalls durch Leerwaben oder notfalls auch durch Mittelwände ersetzt. Drei Wochen nach einer Ernte an einem Volk erfolgt eine weitere. Die neu gegebenen Leerwaben oder Mittelwände sind dann wieder (ausgebaut und) bebrütet.

Was passiert mit der ganzen geernteten Brut?

Michael Palmer zieht seine Weiseln in Adam-Startern. Die dafür benötigten Brutwaben bezieht er aus den Brut-Fabriken.
Auch seine dann notwendigen Begattungsableger bildet er mit Brutwaben aus den Brutfabriken.
Durch die vorgezogenen Königinnen kommen die Ableger schnell in Fahrt und bauen Masse auf, mitunter so viel, dass diese auch schon in der laufenden Saison Brut spenden können.
Insgesamt kann, ein entsprechendes Management vorausgesetzt, daraus ein Schneeball an Bienen und Ablegern entstehen.
Das erinnert auch ganz stark an die Ablegerbildung nach Jos Guth, mit sehr ähnlichen Effekten.
Allerdings sind seine Brutfabriken und seine Ableger plus Pflegevölker so stark, dass diese auch noch Honig bringen.

Damit man mal eine Vorstellung hat, wohin das alles führen kann: Palmer gibt für das Jahr 2011 an, aus 50 überwinterten Ablegern in der Zeit vom 9. Mai bis 19. Juni 245 Brutwaben geerntet zu haben. Aus diesem Bestand hat er Ableger gebaut, aus denen er nach dem 19. Juni noch Brut für 330 weitere Ableger entnommen hat, insgesamt rund 900 Waben mit Brut!
Damit das klappt, zieht er nur von den besten seiner Königinnen nach, selektiert streng und investiert viel in eine optimale Aufzucht der Jungweiseln.

Das kann auch der Hobbyimker im Kleinen umsetzen

Man muss kein Erwerbsimker sein, um dieses Konzept zumindest in Teilen zu kopieren.
Natürlich kann der Kleinstimker mit 2 Wirtschaftsvölkern auch noch zwei weitere Ableger bilden, pflegen und über den Winter führen. Anstatt selber Königinnen zu ziehen, kann er unbegattete Königinnen vom Züchter kaufen (preisgünstig), oder auch mal ein paar Euro mehr in legende Weiseln investieren. Dann kann er im Frühjahr etwaige Verluste ausgleichen oder den Überschuss verkaufen oder anderen Imkern spenden. Auch kann er aus den Königinnen die jeweils besten Zwei selektieren und so die Vitalität seiner Völker voran bringen.

Der springende Punkt ist, dass man viel mehr Völker erstellt, als man benötigt, aus den erstellten Völkern die Besten behält, und dann unter normalen Umständen am Ende eines Winters immer noch einen stattlichen Überschuss als Reserve zur Verfügung hat, mit dem man großzügig arbeiten kann.

Michael Palmer erklärt in seinen Vorträgen noch die ganzen interessanten Details. Wenn man des Englischen hinreichend mächtig ist, dann ist seine Art des Vortrages auch sehr unterhaltsam.

Wenn man sich davon inspirieren lässt, denke ich, werden drei Dinge in der eigenen Imkerei obsolet: Einwabenableger, Kunstschwärme und schwache Völker im Frühjahr.

PS: Video-Link-Liste, hier im Grunde dieser Artikel noch mal in Englisch und in schön