Überlegungen zur Zuchtauswahl

Bei der Zucht habe ich zwei Probleme, die voneinander abhängen:

  • Ich muss eine gute Selektion vorantreiben,
  • bei gleichzeitig knapper Zeit.

Ein Bienenjahr ist (zu) kurz um pro Jahr eine Zuchtmutter zu kören, erst recht dann, wenn sie im gleichen Jahr geschlüpft ist und begattet wurde. Eigentlich müsste man die potentiellen Kandidatinnen in die nächste Saison mitnehmen und dort auf Herz und Nieren prüfen, und sie dann erst zur Zucht verwenden. Das bedeutet aber, dass eine Königin, die dieses Jahr schlüpft, erst 2023 als Zuchtstoffspenderin dienen kann, und dann ist sie wieder in einem Alter, wo die Qualität der Larven möglicherweise schon am Nachlassen ist.

Wie geht man also damit um?

“Königinnen testen ist Töchter prüfen”

So oder so ähnlich hat es Peter Little in dem Buch “Interview with Beekeepers” umschrieben. Man prüft Königinnen, in dem man von ihnen Töchter zieht, die dann standbegattet werden. Wenn diese Töchter homogene Leistungen zeigen, in der gewünschten Ausprägung, dann – so Little – sind die Merkmale erbstabil vorhanden, die Mutter eignet sich entsprechend zur Weiterzucht.

Meine Überlegungen gehen jetzt also in genau diese Richtung, und ich werde sie hier mal versuchen, in eine verständliche Form zu bringen.

B3435(LS) als Ausgangsbasis

Ich habe eine Reihe von Kisten, in den stecken Töchter der B3435(LS), die folgendes Pedigree hat:

B3435(LS)=.18 – B3424(LS) otb S35(TK) :
.18 – B134(LS)1dr ins P24(KK)1dr :
.17 – B35(LS) ins B14Vt(RHO)
Pedigree B3435

Diese wurden verpaart auf der Belegstelle Annaburger Heide, gegen die Dronensippe der M61(DSU).

M61(DSU)=.18-M307(DSU)1dr(100%VSH) leyh B114(LS)1dr(88%VSH) :
.18-M16(IMR) ins B147Vt(LS) :
.15-M98(IC) mrk B53(MKK):
.14-M125(TR)ilv bal B54(TR):
.13-M62(TR) bal B47(MKK):
Dronensippe Annaburger Heide 2020

Der Schwerpunkt der Genetikauswahl lag auf potentiellen VSH Eigenschaften, wobei die Milbenzählung nach der OXS Behandlung Ende November hier noch keine besonderen Merkmale hervorbrachte, im Gegenteil.
Allerdings sind das allesamt durchgezüchtete Herkünfte, und mich interessiert neben VSH auch die eine oder andere Eigenschaft der Weiseln, sodass ich aus den vorhandenen Königinnen schon eine Auswahl treffen werde.

Ich werde also im Frühjahr die Entwicklung der einzelnen Völker beobachten und dokumentieren, um dann zwei bis drei potentielle Kandidatinnen auszuwählen, von denen dann jeweils eine erklägliche Anzahl Töchter gezogen wird. Ich hoffe, in meinem Imkerumfeld Kolleg*innen zu finden, die dann diese Königinnen in ihre Ableger stecken, um die dort zu bewerten – denn alleine habe ich keine ausreichende Zahl an Völkern zur Verfügung (zwar kann ich eine ganze Reihe Mini Plus beweiseln, aber diese sind in erster Linie dann für DIE EINE Kandidatin vorgesehen, und sollen auch auf Belegstelle gehen).

Möglicherweise werde ich dieses Jahr auf Risiko gehen müssen, und nach Intuition und Daten, die ich bis Anfang Mai habe, eine Königin auserwählen, um als Zuchtmutter zu dienen, von der aus ich dann weitermache.
Von dieser Mutter mache ich dreißig Töchter klar, die allesamt auf die Belegstelle gehen und dann bis September in ihren Mini Plus bleiben und dort vorgeprüft werden.

Von den besten 2-3 2021 Töchtern ziehe ich dann im August F1, die in die Wirtschaftsvölker kommen.

Im Frühjahr 2022 weiß ich dann vielleicht, welche 2021 Königinnen das Zeug zur Zuchtmutter haben: Sie haben von Beginn an unter vergleichbaren Bedingungen gelegt, haben unter vergleichbaren Bedingungen überwintert und Töchter gestellt, die sich im Frühjahr 2022 beweisen konnten.

Vergleichbarkeit

Der zentrale Punkt ist die Vergleichbarkeit. Da ich möglichst viel miteinander vergleichen können will, bieten sich Mini Plus an. Königinnen, die mehr Brut anlegen, deren Bienen langlebiger sind, die weniger gefüttert werden müssen, weil sie viel finden, die friedlicher sind als ihre Schwestervölker, die sollten auch in Mini Plus vorausgewählt werden können.
Der dann entscheidende Test mit den F1 läuft dann über die Wirtschaftsvölker im nächsten Frühjahr.

Ein Vergleichstest, auf den ich gekommen bin, wenn es um die F1 geht, ist das späte Umweiseln mit schlupfreifen Zellen, wie Bernhard Heuvel es vorschlägt:
Man hängt im August in ein Volk eine schlupfreife Zelle. Zu dieser Zeit bereiten Völker mitunter auch natürlich stille Umweiselungen vor – und so bietet sich eine Möglichkeit, diesen Effekt zu nutzen: Die Jungweisel schlüpft, geht bestenfalls auf Begattungsflug und fängt an zu legen. Mitunter gehen beide Weiseln – die alte und die neue – parallel in den Winter, und erst im Frühjahr entscheidet sich das Volk für eine der beiden.
Sollte ich im Frühjahr jetzt feststellen, dass die F1 einer bestimmten Zuchtmutter häufiger nach wie vor vorhanden ist (also vom Volk trotz Alt-Weisel akzeptiert wurde), dann wäre das womöglich ein Indiz, dass die Mutter gute F1 hervorbringt.

Alles nur Gedankenmodelle

Bei allem handelt es sich um Gedankenmodelle. Das meiste daran ist der Tatsache geschuldet, dass ich keine 200 Völker oder mehr zur Verfügung habe, trotzdem aber nach Wegen suche, zielführend zu züchten, bzw. zu selektieren.

Es ist völlig unklar, ob diese Ideen zum richtigen Ergebnis führen, aber diese Suche ist ja auch der Spaß daran.

Ich denke, dass die Ausgangsbasis mit der o.g. Verpaarung vielversprechend sein kann. Ich weiß nur nicht, wie die richtige Auswahl unter den Nachkommen zu treffen ist. Es wird immer wieder vor Blendern gewarnt – Königinnen, die herausragend sind, deren Nachkommen aber die Eigenschaften zu sehr aufspalten.

Ich hatte so etwas letztes Jahr feststellen können: Ich hatte eine sehr solide Carnika F1, von der ich nachgezogen habe. Von den rund 20 Töchtern haben vielleicht 18 ein Verhalten an den Tag gelegt, welches man nicht in seiner Imkerei dauerhaft haben möchte. Sanftmut wurde hier in der Standbegattung zu sehr aufgespaltet.

Von daher eben die Prüfung der Zuchtmütter über die Töchter.
Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.

Diese Crazy North Americans!

Ich wollte schon immer mal etwas über meine Eindrücke schreiben, die ich über die Erwerbsimkerei in Nordamerika gewonnen habe.

Meine “Wissens”-Quelle dafür ist – nahezu einzig und allein: YouTube.
Das ist so seriös und allumfassend, was soll da schon schief gehen?!

Die machen alles größer!

Das Erste, das einem ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass die alles zwei Nummern größer aufziehen.
Während man hier mit “ein paar hundert” Völkern zweifelsfrei ein Berufsimker sein wird, gibt es dort auch “Sideliner” (Nebenerwerbsimkereien), die in diesen Größenordnungen laufen.
Die richtigen Erwerbsimker, die haben dann irgendetwas ab 1500 Völker aufwärts.

Das ist genau die Gruppe YouTube Imker, deren Treiben ich mir besonders gerne anschaue – vermutlich weil das so weit weg ist von dem, was ich so mache.

Das sind dann so Leute wie Ian Steppler oder Bob Binnie oder Mike Palmer.
Ian Steppler lebt in Manitoba, Kanada und ist nicht nur Imker, sondern auch Teil eines großen landwirtschaftlichen Familienbetriebes. Bob Binnie, ein grauhaariger, etwas älterer Herr, der Kenny Rogers der Beekeeping-Szene, mit einer sonoren Stimme, hat seinen Betrieb in Georgia, während Mike Palmer, gefühlt noch etwas älter, in Vermont arbeitet.

Alle drei haben gemeinsam, dass sie sehr offen darüber reden, was sie so machen, und wie sie es machen, und wenn man selbst eine kleine Hobbyimkerei betreibt, dann muss man sich wundern, wie so eine Imkerei organisiert sein kann, wenn es ums Geld-verdienen geht.

Das für uns verkopfte Deutsche seltsam anmutende an diesen Typen ist die hemdsärmelige Herangehensweise an das ganze Thema “Beekepping” – die machen halt, und zwar immer in groß und größer.

Die machen Sachen, da bebt die deutsche Imker-Community innerlich!

Wenn man 1500 Hives (Beuten) für den Winter klar machen muss, dann hat man keine Zeit für Faxen. So wird man bei diesen Herrschaften vergeblich nach so Sperenzien wie Totale Brutentnahme suchen, oder dass die drei Mal mit Formic Acid (Ameisensäure) antanzen, um den Milben zu Leibe zu rücken.

Die hauen im Zweifel Apivar Strips (Amitraz) in die Kisten, und gut ist. Der Ian Steppler in Canada macht das im April, wenige Wochen, bevor die Honey Supers (Honigräume) rauf kommen. Mike Palmer haut seine Strips im Spätsommer in die Kisten, und das ist sein einziges Treatment (Behandlung) im ganzen Jahr. Oxalic Acid (Oxalsäure) macht für ihn keinen Sinn, denn wenn man in den US of A OA (Oxalic Acid) gibt, dann verdampft man es (OA Vapor) – was dort völlig legal ist – aber in Vermont, wo der Mike Palmer seine Bienen hat, wird es im Winter so kalt, dass der Dampf nicht durch den eng sitzenden Cluster (Traube) dringt.
Bob Binnie nimmt auch Amitraz, verdampft aber auch. Der hat dafür 4 ProVap 110 und Angestellte, die dann an einem Bee Yard ausschwärmen und alle Völker behandeln.
Blockbedampfung ist dort legal – man hat sogar Untersuchungen dazu gemacht:

Randy Oliver berichtet im aktuellen American Bee Journal, dass bei einer Bedampfung alle 7 Tage die Zahl an Milben in einem Volk nicht sinkt – erst bei kürzeren Behandlungszyklen alle 3 Tage, kommt es zu einem merklichen Effekt, sprich: Eine Reduzierung der Milbenpopulation – wenn denn noch Brut vorhanden ist.

Bob Binnie jedenfalls geht immer auf Nummer sicher. Er nimmt lieber die doppelte Menge OA, als die empfohlene Dosis, und er “never had any Issues with that”

Solche Untersuchungen wären in Deutschlang undenkbar: “Aber der Arbeitsschutz!”, erst recht so experimentelles Zeug wie Randy Olivers Untersuchungen zu Extended Release Oxalic Acid – also eine langsame, kontinuierliche Abgabe von Oxalsäure via eines Schwammes.

Die meisten füttern ihre Völker mit Eimern, sogenannten Bucket Feedern. Gibt es hier auch zu kaufen, sind aber scheinbar eher selten im Einsatz.
Dort bietet es sich an, denn diese Nordamerikaner haben alle Lits (Deckel), die ein Feeding Hole (Loch zum Füttern, im Deckel) haben, wo die Eimer einfach umgedreht drauf gestellt werden.
Dass es dort auch windig ist, ist denen egal – an Anfang sind die Eimer schwer, am Ende sind sie von den Bienen festgeklebt. Und wenn mal einer wegfliegt, ists auch nicht schlimm.

Ian Steppler setzt die manchmal sogar rauf, wenns schneit – Flüssigfutter! Bei Schnee!
Wenn man das ins deutscheste Imkerforum schreiben würden – der Blutdruck eines halben dutzend Profiimker mit 20 Völkern würde durch die Decke gehen!
Aber gottlob kennen Ian Stepplers Bienen das Imkerforum nicht – von daher nehmen sie das Futter einfach ab.

Bob Binnie macht etwas Bleiche in seinen selbst angerührten Sugarsyrup, damit der nicht fermentiert. Irgendwer hat das mal im Imkerforum erwähnt – au weia, da war das Kopfschütteln aber groß. Aber auch dem Kenny-Rogers Look-Alike Winner 2019 Bob Binnie wird das herzlich egal sein – der ist schon seit 1980 Erwerbsimker – da sind die meisten Elite-Imker der deutschsprachigen Facebookgruppen noch mit Dreirädern um den Weihnachtsbaum kariolt.

Ian Steppler karrt seine 1500 Völker jeden Oktober in sein Winter-Shed – eine große Halle, die im Sommer Lager- und Schleuderraum ist. Die Halle wird dann verdunkelt und dicht gemacht und konstant auf 5 Grad gehalten.
Darin überwintert dann sein ganzer Bestand, bevor er im März wieder raus gefahren wird. Der Steppler läuft einmal pro Woche durch die Gassen seiner Beutentürme in dieser Halle und fegt die toten Bienen zusammen. Eine ganze Schubkarre voll.
Dabei kommen vermutlich mehr tote Bienen zusammen, als der beste Imker der deutschen Internetszene in Summe lebendig in seinem Bestand haben wird.
Dem Ian ists egal – wenn der sich den Spaß macht und durch die Fluglöcher in die Beuten filmt, dann sieht man überall fette durchhängende Wintercluster.

Raising Queen Bees!

Alle ziehen sich ihre eigenen Königinnen, aber jeder macht es etwas anders.
Mike Palmer verkauft Königinnen – der hat seine Operation darauf ausgerichtet, im Sommer reichlich Weiseln aufzuziehen, und trotzdem Honig zu machen.
Dafür macht der seine Bee-Bombs – etwas, dass man mitunter in Deutschland als Adam Starter kennt (naja, zumindest die Buckfast Züchter *ZwinkerSmily*). Nur baut er die so, dass die auch noch Honig machen.

Ian Steppler macht nur für sich Königinnen, allerdings auch nicht für seinen ganzen Bestand.
Er lässt die Völker machen. Wichtig ist nur, dass die Colonies right on the money sind (Geld bringen). So hat er Kisten, da ist laut Dokumentation eine 2016er Königin drin. Die ist da natürlich nicht mehr drin, aber wenn da eine gute Supersedure Queen legt (Königin aus stiller Umweiselung), ist dem das auch egal. Alles, was nicht performt, wird aufgelöst, oder ein Ableger reingesteckt. Für diese Ableger werden die Königinnen gemacht, alles aus Zuchtmütter aus dem eigenen Bestand.

Die sind im Laufe der Zeit so auf seinen Betrieb angepasst, dass die machen, was sie sollen, und auch auch zur richtigen Zeit. Die legen im Sommer wie Sau, dann werden Splits gemacht (Ableger), später alle Völker auf einen Brutraum eingeengt und dann ge-“supered”.
Er erntet nur einmal pro Jahr, und dann fast ausschließlich Canola Honey (Raps), aber wenn der sagt, dass eine Colony right on the money ist, dann meint der damit so 4-6 Honigräume pro Volk, und zwar Honigräume in Langstroth. Und die sind dann voll mit Bienen.

Bob Binnie arbeitet etwas anders, Mike Palmer auch, aber alle drei haben eines gemeinsam:
Sie wissen exakt, wie sie ihre Bienen führen müssen, damit die genau zur richtigen Zeit die richtige Stärke haben.
Binnie sagt: Bienenvölker müssen ihren Peak 10 days after the main flow starts erreicht haben, und genau so managt er das dann auch. Damit verhindert er Schwärme und garantiert sich volle Kisten.

Es ist ziemlich spannend, diesen Jungs beim Arbeiten zuzusehen. Der Binnie ist so einer, der arbeitet zwar mit Veil (Schleier), und da weiß der deutsche Profiimker natürlich sofort, dass der nix kann, aber man sieht bei jeder Bewegung mit dem Hivetool (Stockmeißel), dass der das schon eine Million mal gemacht hat, dass der Blick in eine Beute mit absolut sicheren Bewegungen verbunden ist. Er weiß auch exakt, warum er macht, was er macht, und wie er es macht. Nichts daran ist einfach nur irgendwie. Aber er hat halt einen Imkeranzug an, und wir alle wissen – wer einen Imkeranzug trägt, ist kein Imker, sondern ein unmännlicher Loser.

Bob Binnie hat übrigens 2020 Breeder Queens (Zuchtmuttis) gekauft – 2 Stück für über 1000$ – und von diesen dann nachgezogen, und großflächig eingeweiselt.
Er hat da gewisse Erwartungen dran, was die können sollen, und das ist schon strange, wenn da einer seinen ganzen Laden mal eben auf etwas ganz anderes umweiselt.

Pollen Patties!

Alle füttern Pollenersatzfutter. Das ist hier ein kaum präsentes Thema, und irgendwie scheint es hier auch keine Notwendigkeit zu geben.
Aber in Manitoba, Canada, oder am Lake Champlain, Vermont sieht das anders aus.
Manlakes UtraBee ist dort das Mittel der Wahl, Pollenfutterteig herzustellen und im Frühjahr und Herbst zu verfüttern. Da das Zeug teuer ist, wird es wohl einen entsprechenden Mehrwert haben, aber es irritiert anfänglich schon, wenn man bemerkt, dass etwas, das dort mandatory (verpflichtend) erscheint, hier absolut keine Rolle spielt.
Vielleicht haben wir hier doch noch ein Pollenangebot, welches weithin intakter ist, als jenes in Nordamerika.

Ende Gelände

Der Crazy Shit an denen ist, dass die so furchtbar unprätentiös daher kommen.
Das sind Zeitgenossen, die machen das seit Jahrzehnten und müssen davon leben. Irgendwann haben sie dieses Youtube entdeckt, und sich gedacht, dass sie etwas zu erzählen haben.

Ian Steppler hat damit angefangen, weil es ihm wahnsinnig schwer fiel, vor Menschen zu reden. Er ist ein schüchterner Typ, aber er sollte immer öfter vor Publikum Talks geben. Um seine Unsicherheit besser in den Griff zu bekommen, fing er an, seinen Imkeralltag mit seinem Smartphone festzuhalten und zu kommentieren.

Bob Binnie hat das Smartphone in die Hand genommen, weil er Ian Stepplers Kanal gefunden hat, und die Art und Weise der Informationsweitergabe so gut fand. Also wollte er auch etwas beitragen und der Community mitgeben.

Alle drei haben Imkereien, die von der Größe im DACH Raum vermutlich eine Seltenheit sein werden. Keiner der drei lässt das raushängen. Sie zeigen, was sie machen, wie sie es machen und warum. Es gibt keine Art von Geheimniskrämerei, wie sie hierzulande vielen Imkern zueigen ist. Es gibt auch kein Fingerpointing oder runter gemache, niemand nimmt für sich in Anspruch, den einzig wahren Weg der Imkerei gefunden zu haben.

Von daher ist es so angenehm, diesen Leuten, die es wirklich können, aber kein Aufriss darum machen, zuzusehen. Und deswegen kommen einem die Imker hierzulande im Vergleich dazu oftmals überheblich, selbstherrlich und allzu belehrend vor.
Selbst wenn hier einer 100 Völker hat, und meint, alles schon gesehen zu haben, und alles zu wissen – ehrlich Jungs – die 100 macht Bob Binnie mit seinen fast 70 Jahren an einem Vormittag…

Eine weitere Erwiderung auf Torben Schiffer

Vermutlich wird mir jetzt irgendwer eine gewisse Obsession mit Torben Schiffer vorwerfen, und was soll ich sagen – so ganz ist es ja nicht von der Hand zu weisen 🙂

Aber im Ernst: Die Reaktionen auf den Beitrag Der Populismus des Torben Schiffer waren schon bemerkenswert, aus unterschiedlichen Richtungen hat mich Feedback erreicht.

Ein Reaktion war ein langer, und wie ich finde, sehr gelungener Text des Imkers Hermann Hennecke, welcher sich mit dem von mir besprochenen Artikel in “Imkern Heute” von einem anderen Standpunkt aus auseinandersetzt.

Nach Rücksprache mit Hermann möchte ich seinen Diskussionsbeitrag hier veröffentlichen.

Hier also der Text:

Ergänzungen zum Artikel „Der wahre Preis des Honigs“ von Torben Schiffer in der Zeitschrift „Imkern heute“ Ausgabe 9

In dem genannten Artikel gibt es viele Behauptungen, die sich immerwährend wiederholen. Leider lässt der Autor, wohl bewusst, einige Lücken in seinen Ausführungen. Ich möchte mit meinen Ergänzungen versuchen einige davon zu schließen und so manche Aussage ins rechte Licht zu rücken. Eine Vollständigkeit der notwendigen Ergänzungen werde ich wohl nicht erreichen.

Ein sehr großes Problem bei den Veröffentlichungen von Herrn Schiffer sind die Verallgemeinerungen. Er erweckt beispielsweise den Eindruck, als würden alle möglichen, von ihm und anderen als negativ eingestuften Verhaltensweisen auch von allen Imkern immer ausgeführt werden. Das ist aber absolut nicht der Fall.

Er bemüht sich auch nicht solche eventuellen Fehlinterpretationen aufzuklären, sondern schürt immer wieder das Feuer der Provokation. Die Bereitschaft der angegriffenen Imker, sich sachlich damit auseinander zu setzen, ist somit schon im Keim erstickt. Wohlgemerkt von ihm absichtlich so herbeigeführt.

Desweiteren sollte er deutlich vertreten, dass er nicht eine Verbesserung der Imkerei fordert, sondern deren Abschaffung. Er fordert auf die Honigentnahme durch den Menschen zu verzichten um die Honigbienen zu schützen.

So lange sich der Mensch mit den Honigbienen beschäftigt, galt sein Interesse der Entnahme von Honig. Gleichgültig ob es sich um wild lebende Völker handelte oder um Völker in seiner Obhut. Die Art und Form der Haltung und Unterbringung der Bienen war im Laufe der Zeit und auch geographisch gesehen höchst unterschiedlich und ist es auch heute noch.

Die Option, seinen Schiffertree mit einem Honigraum zu versehen, ist dabei eine sehr inkonsequente Vorgehensweise. Nebenbei bemerkt entnimmt er mit einer Füllung dieses Raumes ähnlich viel Honig, wie es in der von ihm als  „Massentierhaltung“  bezeichneten und kritisierten üblichen Haltung der Bienen der Fall ist. Bezogen auf die Anzahl der Bienen.

Herr Schiffer kritisiert finanzorientierte Verhaltensweisen der Imkerschaft:

„Am Ende geht es nicht um die Bienen
selbst, sondern um das Geschäft.
Die Imkervereine wollen Mitglieder
akquirieren und Gehälter bezahlen,
die Equipmentverkäufer wollen
zahlreiche Werkzeuge verkaufen,…“

Derweil gründet er einen Verein, der Mitglieder akquiriert und zu Spenden aufruft, dessen Mitglieder möglichst sein Buch kaufen und seine Kurse besuchen sollen.

Der von ihm entwickelte und empfohlene Schiffertree kostet etwa 5-10 mal soviel, wie herkömmliche Bienenbeuten, je nachdem ob man pro Volk, oder pro Biene rechnet.

Die Fördergelder der staatlichen Bieneninstitute werden angeprangert. Wie sieht es denn mit den Fördergeldern für seine Forschungsprojekte aus? Vielleicht sollte man das Erforschen bei ihm ebenso in Anführungszeichen schreiben, wie er es für die Bieneninstitute macht.

Er kritisiert den Raubbau an Wald und Holz während er gleichzeitig für eine Bienenunterkunft plädiert, die grob überschlagen 5 mal soviel Holz verbraucht, wie eine übliche Unterbringung, plus die stark Energie und Rohstoff verbrauchenden Metallbeschläge. Das gilt für die Standardversion. Die neueren noch dickwandigeren Simulationen weisen eine noch größere Ressourcenverschwendung auf.

Er führt selber aus, dass nur ein äußerst geringer Teil des eingetragenen Nektars als Honig vom Imker entnommen wird. Wobei die genannten Zahlen noch weit von den tatsächlich erfassten Durchschnittserträgen abweichen. Er rechnet mit viel zu großen Erntemengen. Also wird nur ein minimaler Anteil dem Ökosystem „entzogen“.

Der Rest dient der Vermehrung der Bienen. Der größte Teil dient angeblich der Temperaturregelung im Bienenvolk, größtenteils zur Temperaturerhöhung. Dieser Nektarverbrauch zur Aufzucht des Nachwuchses findet in seinen Baumhöhlensimulationen aber genauso statt. Auch dort werden Bienen gefüttert, die Temperatur konstant gehalten (meist erhöht) und Wachs produziert. 

Der Nachteil, den ein Volk im Sommer in der Stadt erduldet, wenn es den Raum nicht von 20° auf 35° wie im Wald, sondern nur von 34° auf 35° erhitzen muss, ist nur schwer nachzuvollziehen.. Die Werte stammen aus seinen eigenen, genannten Ausführungen.

Zum Verbrauch dieser Energie ist auch noch anzumerken, dass ein nicht unwesentlicher Teil davon zur Wachsproduktion und –verarbeitung benötigt wird. Viele Imker verringern diesen Verbrauch erheblich, indem Sie den Bienen Wachs in Form von Mittelwänden zur Verfügung stellen. Also eigentlich doch eine Energiesparmaßnahme zur Minderung der angenommenen „Schäden“.

Er behauptet, dass durch den Honigentzug viele Wildbienen und andere Insekten leiden würden und dadurch ihr Vorkommen verringert würde. Diese würden so als Biomasse der Nahrungskette entzogen. Sind die Honigbienen in imkerlicher Betreuung nicht auch Teil dieser Nahrungskette?

Ich möchte behaupten, dass ca. 50 Prozent der Nahrung, der in meinem Garten aufgezogenen Meisen, aus den dort gehaltenen Honigbienen besteht. 

Auch bei der Bestäubung der Pflanzen gibt es noch eine Ergänzung. Diese kommt nicht durch die Existenz von Bestäuberinsekten zustande, sondern durch ihr Sammeln von Nektar und Pollen. Wenn also viel gesammelt wird, wird auch viel bestäubt. Besonders im zeitigen Frühjahr ist es vorteilhaft, wenn viele Bienen im Volk sind, weil dann auch viele zum Sammeln ausfliegen können.
Kleinere Völker starten viel später mit Ihrer Entwicklung. 

Wenn man von dem Brechen des Tierschutzgesetzes in der heutigen Form spricht und dies auf die Bienen bezieht, sollte man nicht verschweigen, dass eben dieses Gesetz gar nicht für Insekten gilt. Das kann man gut oder schlecht finden, aber es gehört zur Aussage nun mal dazu. 

Leider sind in diesem Artikel keine konkreten Aussagen zu finden, warum die konventionellen Beuten weniger geeignet sind als Unterkunft für Honigbienen, als sein Schiffertree. An anderer Stelle macht er allerdings mehrere zu widerlegende, sich häufig widersprechende Aussagen. Hier bleibt es eine einfache Behauptung. Es stellt sich auch die Frage, warum sich diese gebräuchlichen Systeme überhaupt so entwickelt haben. Sie müssen ja auch Vorteile haben, da die Bienen sich darin ja sehr gut entwickelt haben. 

Es ist bei der Energiebilanz zu berücksichtigen, dass von Herrn Schiffer gerne große Bienenvölker in der herkömmlichen Haltung, mit erheblich kleineren Völkern im Schiffertree verglichen werden. Es müsste aber die Bienenanzahl ins Verhältnis gesetzt werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass 5 Bienenvölker in Schiffertrees eine erheblich schlechtere Energiebilanz aufweisen, als ein Volk in herkömmlicher Beute mit der entsprechenden Größe.

Die Bauphysik, die Herr Schiffer gerne (oft fehlerhaft) bemüht, dürfte das beweisen. 

Als Beispiel sollte schon genügen, dass er das dicke Holz gerne als Wärmespeicher und gleichzeitig als Wärmedämmung bezeichnet. Leider birgt aber die Verbesserung der Eigenschaft in die eine Richtung eine Verschlechterung in die entgegengesetzte Richtung. Nimmt man die von ihm oft genannten guten Wasserspeichereigenschaften dazu, verringert sich die Wärmedämmwirkung noch weiter erheblich. Wobei der Feuchtigkeitsaustausch mit der zunehmenden Propolisierung der Innenwände abnimmt und irgendwann nahe Null liegen dürfte. Es gibt sehr viele Widersprüche in seiner Bauphysik.

Herr Schiffer sollte sich entscheiden, ob er bei den Honigbienen, um die es hier geht, von einem Nutztier, oder von einem Wildtier sprechen will. Das eine schließt das andere aus. Es handelt sich um dieselben Bienen. Es ist nicht möglich die Einstufung der jeweiligen Argumentation anzupassen.

Die Kriterien, die zur Einstufung als Nutztier hier herangezogen werden, sind schon sehr seltsam. Man muss sie nur mal auf andere Nutztiere übertragen.

Bei der Frage warum Bienen noch schwärmen, könnte man auch fragen, warum Kühe sich noch vermehren können.

Es ist nicht sehr passend, die Selektion der Bienen auf Sanftmut hier anzuprangern und sich an anderer Stelle darüber zu freuen, wie friedlich die Bienen im Schiffertree sind. Nebenbei bemerkt sind die Bienen in den Kisten nicht weniger friedlich. Nicht wenige der Verhaltensweisen, die er in seiner Simulation als positiv bewertet, sind ein Produkt der heute üblichen Haltungsweisen und der vom Menschen durchgeführten Auswahl.

Ähnlich verhält es sich wohl auch mit den Krankheiten. Die Imker versuchen, die Krankheiten einzudämmen. Davon profitieren auch die Bienen, die momentan in die Schiffertrees einziehen oder dort eingesetzt werden.

Die Verhaltensweisen der Bienen zur Stockhygiene, die es (fast) nur in den Baumhöhlen und seinem Schiffertree zu beobachten gäbe, sind schon seit vielen Jahrzehnten Bestandteil der imkerlichen Beschreibungen. In vielen Büchern sind diese von den unteschiedlichsten Autoren, in den unterschiedlichsten „Kästen“  dokumentiert. Auch heute findet man sie noch sehr häufig.

Natürlich findet man ein Verhalten, dass der Oberflächenglättung dient, seltener an glatten Innenwänden, als an extra aufgerauten. Mit dem Anrauhen der Innenflächen macht man den Bienen also nur mehr Arbeit. Man hilft ihnen keinesfalls.

Leider müssen sterbende Hummeln unter Linden immer wieder als Beleg für die Nahrungskonkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen herhalten.

Wenn in den Linden keine ausreichenden Nektarvorkommen mehr zu finden sind, liegt es weniger daran, dass diese abgefrühstückt wurden, als daran, dass sowieso nichts da ist und war, meist wegen zu großer Trockenheit, oder weil sich die Blütezeit dem Ende neigt.

Wenn laut der von Herrn Schiffer angeführten Umfrage 70 % der Imker den Honig als gar nicht so wichtig einstufen, warum werden dann alle Imker von ihm als Ausbeuter diffamiert?

Das Anprangern des „Schwarzschimmels“ an den Standardbeuten dürfte aufhören, wenn die ersten dunklen Stellen an den Schiffertrees auftauchen.

Das ist nur eine Frage der Zeit, da es sich um eine vollkommen natürliche Reaktion des unbehandelten Holzes handelt.

Abzuwarten bleibt auch, wie die Schiffertreebesitzer die einkalkulierte Selektionsrate von 2/3 der Population finden. In zwei von drei Jahren ist die

Simulation leer. Ob die Sterberate nicht noch größer ist, bleibt er die Antwort und den Beleg bisher schuldig. Das wird eine große Begeisterung für diese Haltungsform wecken. In diesem Zusammenhang ist es seltsam zu lesen, dass die unheimlich hohe Sterberate in den konventionellen Bienenkisten von bis zu 30 Prozent, als Katastrophe dargestellt werden, im Schiffertree dagegen über 60 Prozent Sterberate als natürlich und vollkommen normal hingestellt werden.

Es ist auch seltsam, dass es Herrn Schiffer angeblich nicht darum geht, gegenseitige Schuldzuweisungen auszusprechen, aber der von der Imkerei zur Zeit beschrittene Weg wird trotzdem als „äußerst kontraproduktiv“ bezeichnet. Die übliche Imkerei derart zu kritisieren, gilt somit wohl nicht als Schuldzuweisung. Ich stufe das etwas anders ein. Ich halte es sehr wohl für eine Schuldzuweisung.  

Aber genau das ist der große Fehler. Anstatt sich gemeinsam für bessere Lebensbedingungen für alle Insekten einzusetzen, müssen sich die Imker mittlerweile immer mehr gegen solche haltlosen Vorwürfe verteidigen.

Zusammen könnte man erheblich mehr erreichen.

Die Bienen wählen weder heute noch wählten sie vor Jahrtausenden ausschließlich Baumhöhlen als Unterkunft. Alles was als einigermaßen wind- und wettergeschützt angesehen wurde, wurde auch besiedelt. Zumal es auch Honigbienen in Gegenden ohne Wald gab und gibt. Die umgebenden Materialien waren/sind eher zweitrangig. Es erwiesen sich dabei allerdings bestimmt auch einige Hohlräume als ungeeignet und das jeweilige Volk überlebte dort nicht. 

Auch bei der Form des Hohlraumes, sind die Bienen wesentlich weniger wählerisch, als es von Herrn Schiffer hier dargestellt wird.

Bei der Größe gelten die von Seeley publizierten ca. 40 Liter als feste, gegebene Größe. Ich kenne mehrere Beobachtungen, die diese Größe wesentlich überschreiten im hiesigen Raum.

Wie schon erwähnt gelingt es mir sicher nicht, alle fehlenden Informationen dieses Artikels zu ergänzen.  Es bestünde auch die Möglichkeit einfach abzuwarten und zu beobachten, wie die Realität die meisten Behauptungen des Herrn Schiffer widerlegt. Da die Gefahr der Krankheitsübertragung nicht so einfach darzustellen ist, wie im Artikel geschehen, ist das Abwarten aber eine nicht ganz so gute Reaktion.

Problematisch ist zudem bei dieser Vorgehensweise, dass er bis dahin mit seinen Diffamierungen der Imkerschaft, einen viel zu großen Schaden angerichtet hat. Einen Schaden, den die Imker, die Honigliebhaber, die Bienenliebhaber und nicht zuletzt die Bienen zu ertragen haben. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich die ersten drei Bezeichnungen nicht ausschließen sondern sehr oft in einer einzigen Person versammelt sind.

Schließen möchte ich mit zwei Zitaten aus dem Artikel. Allerdings möchte ich sie, im Gegensatz zu Herrn Schiffer auf seine eigenen Aussagen, Behauptungen und Verhaltensweisen beziehen.

Ich bin der Meinung, dass es in dieser Form (besser) mindestens genauso gut passt:

„Den Preis für diese fragwürdigen
Darstellungen zahlen die Bienen und
die zeigen weder eine Mimik, noch
verfügen sie über Stimmbänder – das
Leiden erfolgt in absoluter Stille!“

„Die hier aufgeführten Interpretationen
offenbaren, dass Wissenschaft
nicht nur der Schaffung von Wissen
dient, sondern auch dazu führen
kann, dass der gesunde Menschenverstand
relativiert wird.“

Die geforderte sachbezogene Diskussion erscheint mir sehr schwer durchführbar, da Herr Schiffer sie, entgegen seinen Beteuerungen, mit seinen unumstößlichen Behauptungen selber nicht zulässt. 

Im Januar 2021, 
Hermann Hennecke, (Hobby-)Imker, Bienen- und Honigliebhaber

2021.1. – Viel ist ja nicht zu tun

Willkommen im neuen Jahr, liebe treue Mitleser.
Neues Jahr, neue Überschriftennummerierung, aber tatsächlich gibt es wenig bis gar nichts aus der imkerlichen Praxis zu berichten.

Neue Charge rühren

Die zeitaufwändigste Arbeit aktuell ist das fertigmachen einer neuen Charge Honig, die zuvor noch in ihren Eimern auf das Rühren und Abfüllen gewartet hat.

6×25 KG Eimer müssen durch das Melitherm und anschließend in den Rührer.
Mittlerweile bin ich damit durch, der Rührer ist voll, muss sich aber noch etwas abkühlen.

Dabei habe ich gelernt, dass Deckelwachs, welches man im Sommer nicht abgeschäumt hat, es durch das Seituch in den Honig schafft, und dann sich im Rührer abermals oben absetzt und abgeschäumt werden kann.

Was auch spannend ist: Auch wenn die Raumtemperatur bei 3°C liegt, so hält der doppelwandige Rührer auch ohne angeschalteter Heizung den Honig nach dem Melithermen auch nach 24 Stunden auf rund 25 Grad. Aber gut, 140 KG Lindenhonig haben scheinbar so viel Masse zum Energie speichern.

Bienenmonitoring – Proben nehmen

Pünktlich im Januar bekomme ich jedes Jahr Post vom LIB Hohen Neuendorf, mit freundlichen Neujahrswünschen von Frau Prof. Dr. Genersch und einem verspäteten Weihnachtsgeschenk, nämlich 10 Proberöhrchen für Totenfall.

Während ich also darauf gewartet habe, dass der Honig durch das Melitherm läuft, habe ich tote Bienen vom Gitterboden gekratzt und abgefüllt.

Als praktische Hilfsmittel dafür haben sich ein langer Haken aus der Hinterbehandlungsimkerei und eine Müllschippe erwiesen.

Wenn alles glatt geht werde ich die Proben morgen im Institut abwerfen, und dann steht der nächste Termin im März an, wenn Proben von lebenden Bienen entnommen werden.

Mein Vorteil als Imker bei der Teilnahme am DeBiMo ist neben einer kleinen Aufwandsentschädigung vor allem, dass ich von meinen eingereichten Proben immer auch das Ergebnis mitgeteilt bekomme: Wie hoch war der Milbenbefall, gab es Nachweise von Nosema, welcher Pollen ist in meinen Honigen etc. pp.

Außerdem habe ich regelmäßig einen sehr netten Plausch mit Marcello, dem durchführenden Imker vom Institut 🙂

Stockende Vorbereitungen

Ich habe noch viel auf dem Zettel: Beuten streichen, Zargen streichen, kleine Rampe für den Kaptarlift basteln, hunderte Mittelwände einlöten, Futter bestellen, pipapo.
Aber das Wetter lässt das Streichen nicht zu (zu kalt, keine beheizte Werkstatt vorhanden), das Wachs ist noch nicht aus der Umarbeitung zurück (und wenn es das ist, will ich das erste Mal das Wachs untersuchen lassen – inspiriert durch einen Vortrag von Jelle über Bienenwachs) und bei der Futterbestellung warte ich immer noch auf ein Angebot.

Die anderen Jahre lief das alles irgendwie weicher. Aber da war auch kein Corona, man konnte von Freunden die Werkstatt nutzen oder in den Baumarkt fahren (ach ja, ich wollte ja eigentlich noch die Drohnenrahmen frisieren) und alles war viel kleiner als heute.

Aber diese Woche kommt der Bus in die Werkstatt und bekommt eine Anhängerkupplung.
Da passiert zumindest mal etwas.

Überlegungen zur Zuchtauslese

Peter Little sagte es in dem Buch “Interview with Beekeeprs”: Zuchtauslese ist Töchter testen.
Man findet die Zuchtmutter über die Töchter. Selten hatte ich bei Lesen eines einzigen Satzes so einen Aha Effekt. Jemand namens Markus Gann, Züchter, hat das später in einem langen Vortrag auf YouTube in ähnlicher Form ebenfalls erwähnt.

Seitdem denke ich darüber nach, wie ich das mit meiner überschaubaren Zahl an Völkern realisieren kann, und so habe ich ein paar konkrete Ideen, die sich rund um Mini Plus drehen.
Aber dazu werde ich bei Gelegenheit einen eigenen Artikel schreiben.

Ansonsten plane ich derzeit grob meine kommende Zuchtsaison, und denke, dass ich wieder in die Annaburger Heide fahren werde. Das scheint sowohl von der Drohnenlinie als auch vom Organisatorischen für mich gut zu passen.

Wenn ich irgendwie eine Sammelverschickung erwische, werde ich auch versuchen, eine unserer Vereinsbelegstellen zu beschicken. Aber ich schaffe es zeitlich nicht, selber die Oie zu beliefern – das ist zu krass mit den Ankunftszeiten.

Der springende Punkt ist aber zunächst: Wie werde ich eine meiner B3435er, die ja letztes Jahr auf der Annaburger Heide waren, auswählen, um als Zuchtmutter herzuhalten?

Da bin ich irgendwie mit mir noch nicht im Reinen, wie ich das anstellen will, wo ich letztes Jahr noch keine Töchter gezogen habe.

Aber auch dazu später mehr.

Der Populismus des Torben Schiffer

Aktuell ist er wieder in aller Munde, der Torben Schiffer. Er hat in “Imkern Heute” einen sehr langen Artikel veröffentlicht, der mit “Der wahre Preis des Honigs – Artenschutz für Honigbienen” überschrieben ist.

Dieser Artikel hat – nun ja – ein “kontroverses” Echo hervorgerufen.
So gab es eine eher emotionale, fast schon polemische Gegenrede von Stefan Mandl, seines Zeichen Chef des Erwerbsimkerbundes in Österreich, es gab eine betont sachlich-fachliche Erwiderung von Bernhard Heuvel, der Vizepräsident des DBIB ist, und auch Jürgen Binder, der kurz vorher Herrn Schiffer eine Bühne auf seinem YouTube Kanal geboten hatte, fand ein paar interessante Worte.

Dabei ist Binder (ausgerechnet!) der einzige, welcher den für mich entscheidenden Punkt bei Torben Schiffer streift, nämlich seinen Populismus – oder genauer gesagt: Die Schiffersche Methode der Desinformation, der alternativen Fakten, der Wissenschaftsfeindlichkeit, der Übertreibung bis hin zur pauschalen Diskreditierung einer bestimmten Gruppe Menschen.

Er, Torben Schiffer, bespielt die gleichen Werkzeuge der Kommunikation, wie es auch aktuelle politische Strömungen tun, beispielsweise aus dem Neurechten Spektrum, nur das sein Feind nicht ethnische Minderheiten oder die Demokratie an sich sind, sondern die konventionellen Imker, die Verbände und die Institute, und eben die konventionelle Bienenhaltung überwunden werden soll. Und dazu ist ihm so ziemlich jedes Mittel der Propaganda recht.

Daher wird sich dieser Artikel nur am Rande mit den fachlichen Einlassungen des Herrn Schiffer befassen – der Schwerpunkt liegt auf seiner Kommunikationsstrategie, denn das ist viel spannender – und bisher von niemandem so richtig betrachtet worden.

Warum der Begriff “Populismus”?

Eigentlich passt der Begriff ja nicht, weil er in der politischen Auseinandersetzung zuhause ist, und nicht in der Wissenschaft, in der Landwirtschaft oder der Imkerei. Außerdem leitet er sich vom lat. Begriff populus, das Volk ab – und auch wenn es um das “Bienenvolk” gehen könnte, so meint der Begriff Populismus doch etwas anderes.

Aber der Begriff passt deshalb als Analogie so gut, weil in der politischen Auseinandersetzung immer dann von Populismus die Rede ist, wenn ein Akteur seine Agenda auf einem “wir gegen die”, “das Volk gegen die Eliten”, “die Sehenden gegen die geheime Verschwörung” aufbaut, und seine Unterstützer auf eben jene Erzählung einschwört.

Und genau so arbeitet Torben Schiffer. Er hat eine Erzählung, und diese ist nicht freundlich.

Strategie 1: Bullshit Flooding*

Vermutlich gibt es diesen Begriff nicht, aber er beschreibt eine oft zu beobachtende Strategie, die seitens Populisten zur Grundausstattung gehört:
Flute die Kommunikation mit so viel kontroversem Unsinn wie möglich!

Man muss verstehen, dass Populisten kein Interesse an einem sachlichen Diskurs haben. Das Ziel ist immer die Zerstörung des Diskurses, weil der Populist weiß, dass seine Argumente, seine Ziele, seine Ansichten in einer sachlichen Debatte nicht bestehen können, weil sie auf Lügen, Übertreibungen, alternativen Fakten und Märchenerzählungen beruhen.
Und eine Möglichkeit, die sachliche Debatte zielgerichtet zu zerstören, ist es, sie mit so viel Unsinn zu fluten, dass der Diskussionsgegner nicht mehr weiß, wo er anfangen soll, diesem Unsinn mit Argumente zu begegnen.
Es ist schlicht unmöglich, in einer Debatte dann genug Raum einzunehmen, um all den Quatsch Punkt für Punkt auseinanderzunehmen – so lange reicht niemals die Aufmerksamkeit des Publikums, so lange reicht niemals die Zeit.

Das weiß auch Torben Schiffer, zumindest instinktiv, und so schreibt er derart lange Artikel, die so vollgestopft sind mit Halbwahrheiten, aus dem Zusammenhang gerissenen Fakten, wilden Annahmen und Behauptungen, dass beispielsweise ein Dr. Mandl in seiner Erwiderung irgendwann verzweifelt die Arme hoch reißt und zugibt, er habe sich das alles nicht mehr bis zum Ende geben können, er hat irgendwann einfach kapituliert.
Und entsprechend hilflos wirkt dann auch seine Auseinandersetzung mit Schiffers Thesen.
Schiffer erreicht damit ein wichtiges Ziel: Irgendetwas von seinen Thesen wird hängen bleiben. Und der Gegner schafft es nicht, sie zu entkräften, im Gegenteil – das Argumentieren gegen Schiffer muss immer bemüht und krampfhaft wirken, denn man kann seinen gefühlt “einfachen Wahrheiten” nicht gefühlte einfache Argumente entgegen setzen. Die echte Realität ist komplizierter als seine erfundene.
Torben Schiffer überrollt einen Stefan Mandl, seines Zeichen Präsident des Erwerbsimkerbundes in Österreich einfach mit einer Lawine aus kontroversem Unsinn, bzw. Mandl schafft es nicht, alles aufzukehren, was Schiffer im vor die Füße wirft.
Bullshit-Flooding.

“*” – ein aufmerksamer Leser hat mich darauf hingewiesen, dass es dafür sehr wohl einen Fachterminus gibt: Gish-Galopp
Danke dafür!

Strategie 2 : Die Erzählung vom Underdog gegen die Eliten

Auf der ersten Seite seines Artikels für “Imkern heute” baut Torben Schiffer zum Einstieg schon eine schöne Geschichte auf, in der es um “das Establishment”, die “etablierte Imkerlobby” oder “Funktionäre der Nutztierhaltung” geht, die sich gegen die Biene und vor allem gegen ihn und seine Anhänger verschworen haben.
“Funktionäre der Nutztierhaltung lehnen eine offene und sachlich auf der Fachebene geführte Diskussion oftmals ab.”, schreibt er – und deswegen “wird es Zeit, die etablierte Imkerlobby auf den Prüfstand zu stellen und ihr Weißblütenimage auf Sachbasis von der Realität zu trennen.” (häh?)

Damit nicht genug, es gibt einen Absatz auf jener ersten Seite des Artikels, der fast schon ins Verschwörerische abzugleiten droht:

Am Ende geht es nicht um die Bienen
selbst, sondern um das Geschäft.
Die Imkervereine wollen Mitglieder
akquirieren und Gehälter bezahlen,
die Equipmentverkäufer wollen
zahlreiche Werkzeuge verkaufen, die
Reinzüchter ihre vermeintlich sanften
Hochleistungsbienen, die Pharmazie
ihren Medikamentenkatalog und
selbst die staatlichen Bienenforschungsinstitute bekommen ihre
Fördergelder, um die zahlreichen Probleme rund um die Honigbienen in
Beuten „zu erforschen“ und Lösungen
zu präsentieren. All diese Institutionen
verdienen ihr Geld im jetzigen System.
Letztendlich bestimmen wenige
Einzelpersonen die flächendeckenden
Ausbildungsinhalte und Umgangsweisen mit den Bienen in der Imkerei

Da ist alles dabei, was das Verschwörungstheoretiker-Herz begehrt: Eine heimliche Elite von Entscheidungsträgern, verwobene Netzwerke, die im Verborgenen an einem geheimen verwerflichen Ziel arbeiten, Big-Pharma, Geldgier – einfach alles.
Es fehlt nur noch ein geheimer Informant, der “Q” heißt, und irgendetwas mit Kindern, deren Blut getrunken wird – wobei Schiffer in der Folge nicht Kinder als Opfer stilisiert, sondern eben die Bienen. Aber die Verschwörungserzählung lacht den Leser fröhlich an.

Schiffer umreißt auf der ersten Seite sehr klar die Parteien:
Auf der einen Seite die Bieneninstitute, die Erwerbsimker, der Imkerbedarfshandel, die Imkervereine, die konventionellen Imker – diese Gruppe gehört zum Team “Elite” oder “Establishment”.
Auf der anderen Seite er, seine Anhänger, und vor allem – ganz wichtig – die verführten, eigentlich gutmeinenden Imker, die Opfer dieser Verschwörung des Teams “Elite” sind, und um deren Seelen jetzt der Kampf geführt werden muss.
Diese Gruppe gehört zum Team “Schiffer”, und er versteht dieses Team als eine “Bewegung”, und Bewegungen haben immer etwas gemeinsam: Sie sind die Underdogs, die sich gegen “die da oben” auflehnen.

Darum baut Torben Schiffer jetzt seine Erzählung auf, von ihm, dem Underdog, und den seinen – gegen die Eliten, gegen das Establishments.

Alles, was jetzt folgt, speist sich aus diesem Narrativ. Dieses Narrativ dient der emotionalen Aufladung seines Anliegens, denn letztlich konstruiert er eine schwungvolle “Gute gegen Böse” Geschichte, und so etwas verfängt, gerade bei einem Publikum, welches nicht unbedingt vom Fach ist.
Emotionen funktionieren viel einfacher als Fakten. Und darauf baut Torben Schiffer.
Fakten sind für ihn nicht unbedingt relevant (dazu später mehr) – ihm geht es ums Narrativ.

Strategie 3: Selektive und alternative Fakten plus Confirmation Bias

Mir ist es nicht gelungen, im Netz auch nur eine Veröffentlichung von Torben Schiffer zu finden, die wissenschaftlichen Standards genügt – beispielsweise durch das Vorhandensein von Peer Reviews. Stattdessen findet man sehr viele Behauptungen, die er publiziert, und die er dann mit Kronzeugen versieht. Das ist eine ziemlich interessante Vorgehensweise:

Eine seine populärsten Erzählungen ist jene vom Bücherskorpion, welcher die Varroamilbe bekämpfen könne.
Man kann fast behaupten, diese großartige Erzählung hat ihn seinerzeit in der Imkerszene bekannt gemacht. Der Bücherskorpion sei ein mit dem Bienenvolk in Symbiose lebendes Spinnentier, welches aktiv Varroamilben jage.
Hier wurde dann eine grundlegende Schwäche in der Schifferschen Forschungsweise sichtbar, nämlich der sogenannte Confirmation Bias, der Bestätigungsfehler.

Er konnte etwas Interessantes beweisen: Ein Bücherskorpion erlegte in einer Petrischale eine Varroamilbe. Daraufhin behauptete er, dass Bücherskorpione auch im Bienenstock Varroamilben jagen würden, allerdings nur, wenn diese Bienenbehausung bestimmten, natürlichen Bedingungen entspräche.
Letztlich erweckte er in seinen Einlassungen den Eindruck, dass der Bücherskorpion in der richtigen Beute konventionelle Varroabehandlungen ersetzen könne. Just zu jener Zeit konnte man dann auch Bücherskorpione im Internet käuflich erwerben – zu Preisen, bei denen die Spinnentiere vermutlich in Gold aufgewogen wurden.

Das Problem war nur: Nirgendwo war eine Untersuchung zu finden, die a.) wissenschaftlichen Standards standhalten konnte und b.) dabei bewies, dass die Kombination aus Beute und Skorpion eine wirksame Varroadezimierung und damit ein Überleben eines Bienenvolkes sichern konnte.
Schiffer pickte sich jene Fakten raus, die seiner Grundthese entsprachen, und ignorierte einfach alles, was seiner These hätte widersprechen können. Daraus schuf er dann einen alternativen Fakt: Der Bücherskorpion sei wirksam gegen die Varroamilbe. Nirgendwo finden sich Hinweise auf vernünftige Versuchsaufbauten, die seine These erhärten oder hätten widerlegen können, nirgendwo auch nur eine Kontrollgruppe…

Jetzt holte sich Schiffer aber einen Kronzeugen für seine These. So schrieb Prof. Jürgen Tautz in einem Buch von Schiffer über den Bücherskorpion u.a.:

Der Bücherskorpion ist ein wunderbares Beispiel für die (Wieder-) Entdeckung eines Bienennützlings, dem es durchaus gelingen kann, in der Bienenhaltung als Verbündeter im Kampf gegen die Varroa-Milbe und weiterer ungern gesehener Mitbewohner in Bienenstöcken wirksam zu werden. Das vorliegende Buch stellt diese Facette umfassend vor und bietet eine ausgezeichnete Basis für alle, die sich für diesen hochspannenden Ansatz einer biologischen Schädlingsbekämpfung interessieren.

Tautz schreibt lediglich, dass der Bücherskorpion eine interessante Facette zur Varroabekämpfung sein kann, nirgendwo behauptet er, dass der Skorpion diese Hoffnung objektiv auch erfüllt. Denn dafür gab keine belastbaren Daten. Aber es steht eben der Name “Tautz” im Vorwort der Veröffentlichung, und wer nicht so genau liest, der liest eben nur den Namen und dass da wohl etwas dran sein kann, was jetzt in dem Büchlein steht.

Er macht das gleiche auch mit dem international angesehenen Wissenschaftler Dr. Tom Seeley. Dieser hat ihm offenbar irgendwann mal eine Mentorschaft angeboten, nachdem man gemeinsam bei einer Veranstaltung Vorträge gehalten hatte. Dieser Umstand wird auch prominent auf Schiffers Webseite erwähnt, aber der wissenschaftliche Mehrwert, der daraus hätte entstehen können, bleibt völlig im Dunklen. Nur hat der Name Seeley in der Szene einiges Gewicht – und dieses Gewichtes bedient sich Schiffer eben, indem er den Eindruck erweckt, dass es da ein enge Form der Zusammenarbeit gibt. Ein von Tom Seeley ge-peer-reviewtes wissenschaftliches Papier konnte ich bisher jedenfalls nicht finden.

Ein aktuelleres Beispiel für alternative Fakten und Confirmation Bias ist seine jüngste Erfindung – eine sogenannte Baumhöhlensimulation namens “SchifferTree”
Sein aktuelles Wirken scheint darauf ausgerichtet, dieses Bienenmöbel zu bewerben und mit allerlei Wundereigenschaften auszustatten. Und es ist die Basis für seinen Frontalangriff auf die konventionelle Imkerei.

Die Behauptung: Wenn eine Bienenbehausung nur nah genug an der natürlichen Bienenwohnung “Baum” ist, dann lösen sich nahezu alle Probleme, mit denen die Biene heutzutage zu kämpfen hat, in Wohlgefallen auf.
Ein wichtiger Punkt dabei: Er belässt es nicht dabei, den nach ihm selbst benannten Pseudo-Baum mit besonders guten Eigenschaften zu bewerben – vielmehr dient er insbesondere als Hebel, die herkömmliche Bienenhaltung frontal anzugreifen und als tierquälerisches Ausbeutungsszenarium zu beschreiben.

Wenn man dann die Webseite besucht, auf welcher Schiffer seinen SchifferTree bewirbt, dann findet man viele Behauptungen, was die Behausung alles können soll, nur eben keine überprüfbaren Daten. Auch hier schafft er wieder alternative Fakten – schlichtweg durch Behauptung, befreit von der Last der Realität.

Insgesamt kann man sein “wissenschaftliches” Wirken damit umschreiben, dass er gerne auf technische Spielereien wie Wärmebildkameras zurückgreift, hochauflösende Bilder von Milben schießt, auffallend viele Kabel in Bäume steckt, um anschließend aus den so gewonnen Daten Rückschlüsse zu ziehen, die zum einen sehr spannend klingen und sich gut für Vortragsreihen eignen, und zum anderen aber erhebliche Mängel in der Plausibilität aufweisen.
Der Trick dabei ist immer, Fakten zu nehmen, und diese in der gewünschten Weise zu interpretieren. Wenn er zum Beispiel wild lebende Bienenvölker nachweisen kann, so interpretiert er das ganz grundsätzlich so, dass diese Völker jetzt in ihrem natürlichen Habitat leben, alle gesund, ohne Milben und ohne Probleme behaftet sind, wie die von ihm so geschmähten konventionell gehaltenen Bienenvölker in der Hand des Imkers.
Aber das ist eben nur eine These – würde er das wissenschaftlich beweisen wollen, bräuchte es plausible Versuchsaufbauten, und ein Minimum dabei wären Kontrollgruppen.

Seeley hat es vorgemacht, wie man ergebnisoffen mit Bienen in freier Wildbahn forscht.

Schiffer selber kümmert es wenig, denn Forschungsergebnisse, die nicht in seine Erzählung passen, werden einfach ignoriert.
Oder am besten gleich beiseite gewischt:

Strategie 4: Wissenschaft negieren, oder “Der gesunde Menschenverstand!”

Gerade in Zeiten der Corona Pandemie sind sie überall zu finden – jene Leute, die Wissenschaft immer dann ablehnen, wenn die Erkenntnisse derselben nicht ihrem Weltbild entsprechen. Sie nennen sich dann “Querdenker”, und nicht selten beschreiben sie ihren Unwillen, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen, mit den Worten “Die Wissenschaft weiß auch nicht alles!”, oder “Das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand, dass das so nicht sein kann!”

Umso überraschender, dass ein selbsternannter “Bienenforscher”, der als Wissenschaftler ernst genommen werden will, nun in die gleiche Kerbe haut.

So zitiert Schiffer die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung, welche Ergebnisse zu Untersuchungen zur Nahrungskonkurrenz zwischen Honig- und Wildbiene wie folgt zusammenfassen:

Neuere Untersuchungen kommen
ebenfalls zu dem Schluss, dass die
Gegenwart von Honigbienenvölkern
das Vorkommen von Wildbienen nicht
gefährdet. Daraus kann geschlossen
werden, dass Honigbienen – zumindest
in ihrem angestammten Verbreitungsgebiet – keine Gefahr für Wildbienen
darstellen. In den natürlichen Verbreitungsgebieten kann von einer evolutionär eingespielten Koexistenz zwischen
Honigbienen und Wildbienen ausgegangen werden.

Diese Aussage kommentiert er daraufhin wie folgt:

Die hier aufgeführten Interpretationen offenbaren, dass Wissenschaft
nicht nur der Schaffung von Wissen
dient, sondern auch dazu führen
kann, dass der gesunde Menschenverstand relativiert wird.

Man weiss gar nicht, was man auf so eine Einlassung entgegnen soll. Jemand, der sich selbst als Wissenschaftler versteht, negiert Wissenschaft durch Bauchgefühl, oder etwas so willkürlichem, wie dem Gesunden Menschenverstand.
Schiffer lässt nicht nur jene Erkenntnisse aus der Forschung oder praktischen Imkerei weg, die seinen Argumenten zuwider laufen könnten, nein, er wischt Dinge, die ihm nicht in den Kram passen einfach mit dem “Gesunden Menschenverstand” beiseite.
Was nicht ins eigene Weltbild passt, wird negiert.

Man übertreibt nicht, wenn man feststellt, dass so Populisten arbeiten.

Strategie 5: Belastbare Fakten missbrauchen, um alternative Fakten zu stützen

Ein recht eleganter Kniff ist es, den eigenen Unsinn Plausibilität zu verschaffen, indem man belastbare Fakten nimmt, und diese in den Kontext der eigenen Sache stellt, auch wenn sie dort überhaupt nicht passen.

Schiffer macht das mit dem Insektensterben. So schreibt er:

In einigen Regionen in Deutschland zeigte
sich ein Rückgang der Biomasse
fliegender Insekten um 75 %, alleine
in den letzten drei Jahrzehnten.

Und verweist dabei auf eine Studie, welche diese Beobachtung entsprechend beschreibt.
Das in diesem Fall bemerkenswerte daran ist, dass in dieser Studie ausdrücklich gesagt wird, dass über die Gründe des Rückgangs keine verbindlichen Aussagen gemacht werden können, und nachfolgende Annahmen über die Gründe eben genau das sind: Nur Annahmen.
Aber keine dieser Annahmen hat zum Inhalt, dass die konventionelle Imkerei eine Ursache für das Insektensterben sein könnte. Trotzdem stellt Schiffer implizit diesen Zusammenhang her.

Er benutzt hier eine Studie, die nirgendwo seine Thesen untermauert, um seine Behauptung, Honigbienen würden den Wildbienenbestand gefährden, deswegen so rücksichtslos, weil er weiß, dass sich kaum einer seiner Leser die Mühe machen wird, diese Information zu prüfen. Und wenn doch, kann er sich ja immer noch darauf zurückziehen, es ja anders gemeint zu haben.

Es ist – wieder einmal – ein Trick, der aus der politischen Auseinandersetzung der letzten 5 Jahre bekannt ist.

Strategie 6: Eine offene Diskussion einfordern, gleichzeitig selbige meiden

In einem Interview mit Jürgen Binder fordert Schiffer eine fachliche Diskussion zu seinen Thesen. Gleichzeitig aber, in dem selben Interview, in der gleichen Minute, macht er deutlich, dass ihn die Kritik an seinen Thesen nicht interessiert.
In jenem Interview attackiert er frontal den Mellifera e.V., um dann im gleichen Atemzug sich jede Kritik zu verbitten und noch vor dem Ende des Satzes eine offene , fachliche Diskussion zu fordern. Man weiß gar nicht, was er jetzt eigentlich will. Will er jetzt diskutieren? Aber nur, wenn man ihn nicht kritisiert?

Wer so auftritt, benutzt den Aufruf zur Diskussion als Strohmann. Es geht nicht um die fachliche Auseinandersetzung – wie auch, wenn man jede Kritik marginalisiert.
Und es gäbe genug Orte für eine sachliche Auseinandersetzung.
Es ist eben nicht so, anders als von Schiffer dargestellt, dass er nur Zielscheibe polemischer Kritik würde.
So schreibt Roland Sachs von chelifer.de eine sachliche, fundierte Analyse über den SchifferTree, nichts daran ist übergriffig oder falsch im Ton.
Auch die von Schiffer geschmähten Foren haben sich meist zwar scharf im Ton, aber letztlich doch inhaltlich mit seinen Thesen auseinandergesetzt. Und scharf im Ton muss er abkönnen, ist er schließlich auch nicht zimperlich.
Ein Bernhard Heuvel war sehr sanft und rücksichtsvoll im Ton, aber eben scharf argumentativ in der Sache. Was daran ist unangemessene Kritik oder gar ein Shitstorm?
Nichts.
Aber besser, man negiert Kritik als Shitstorm, als sich mit ihr auseinanderzusetzen – dann findet sich sogar noch die passende Opferrolle, in die man sich kuscheln kann.

Strategie 7: Starke, emotionalisierende Metaphern finden

Der Populist braucht Bilder. Je stärker das Bild, desto besser die emotionale Wirkung, umso größer die Aufmerksamkeit.
Und so geht es gleich auf der ersten Seite des “Imkern Heute” Artikel so richtig in die Vollen: “tierquälerische Behandlung”, “medikamentenabhängiger Dauerpatient”, “sterben in apokalyptischen Ausmaßen”. Es ist sehr viel die Rede vom “Establishment”, “Lobbygruppen” (alle selbstredend böse und voller böser Absichten), eben der ganze Katalog an Begriffen, die ja aktuell schon ein bestimmtes Framing haben.

Auch benutzt er sehr gerne den Begriff der “Massentierhaltung”, wenn es um die konventionelle Bienenhaltung geht – und dieser Begriff weckt bei jedem die gleichen Assoziationen.
Es handelt sich um ein ausgesprochen wirkmächtiges Bild, und das ist es, worum es Schiffer geht. Man kann gar nicht anders, es verschiebt den Blickwinkel des Zuhörers, des Lesers, der keine Fachkunde über Bienenhaltung haben kann, in eine bestimmte Richtung.
Waren denn die Imker nicht eigentlich die Guten? Sind sie das vielleicht gar nicht?

Aber da wo Schatten ist, da ist auch Licht, “Die Wahrheit”, wenn auch eine “unbequeme”, die er verkünden kann. Oder “Die Bewegung”, die jetzt entsteht, die Honigbiene zu retten.
Es sind immer die großen Bilder, die da bemüht werden. Und das verfängt ja auch viel mehr, als die nüchternen, langweiligen Untiefen datenbasierter Wissenschaft.

Fazit

Ist Torben Schiffer jetzt ein Populist?
Er hat eine politische Agenda, und Populismus ist eine Spielart der politischen Auseinandersetzung, er ist auch ein Art Werkzeug und nicht zuletzt eine Haltung.
Wenn man sein Wirken ein paar Jahre verfolgt hat, dann konnte man einer Form von Radikalisierung zusehen: Vom Bücherskorpion als Wiederentdeckung eines Symbionten hin zu einer radikalen Ablehnung der konventionellen Imkerei als Form der Landwirtschaft.
In seiner Welt scheint es nur noch schwarz und weiß zu geben – diejenigen, die Bienen in Magazinen halten, und die anderen, die seinen.
Imkerei ist bedeutend vielfältiger als das, was er beschreibt. Es gibt viel mehr Facetten zwischen unterschiedlichen Haltungsformen. Alleine die Spannbreite der Behandlung gegen die Varroamilbe ist größer als ein “Mit Säuren Bienen verätzen”, wie er es so apokalyptisch darstellt.
Er müsste das eigentlich wissen. Er müsste wissen, dass ein Ralph Büchler ein funktionierendes Konzept nahezu ohne Säuren lehrt. Schiffer muss wissen, dass die Institute mehr forschen, als wie man Bienen mit Säuren gegen die Varroamilbe behandeln kann. Er weiß sicherlich auch, dass es eine Vielzahl an Beuten gibt, große, kleine, mittlere, dass es Schwarmimkereien gibt, dass es Demeter Imkereien gibt, dass es Populationen in Imkerhand gibt, die resistent gegen die Milbe sind.
Er müsste auch wissen, dass Imkerei seit vielen Jahrhunderten ein Bestandteil der Landwirtschaft war, und dass sich Artenschutz und Landwirtschaft nicht gegenseitig ausschließen.

Das Problem an Schiffer ist nicht, dass er ein schlechter Wissenschaftler ist. Das Problem an ihm ist, dass er eine politische Agenda hat, und die besteht seit einiger Zeit darin, einen Ein-Mann-Feldzug gegen die konventionelle Imkerei zu führen und diese in Verruf zu bringen. Würde er sich mit seinen politischen Forderungen durchsetzen können, würde das nichts anderes bedeuten, als das Ende der konventionellen (und erwerbsmäßigen) Imkerei in Deutschland.

Worauf seine Motivation fußt, darüber ließe sich vortrefflich spekulieren, aber das ist in der Sache unerheblich.
Wichtiger wäre, das man in Vereinen, den Verbänden und überall sonst, wo Herr Schiffer gerne und lange sich selbst beim Reden zuhört, eine klare Ansage macht: Wenn du für deine vielen Behauptungen keine objektiv überprüfbaren Daten vorlegst, die wissenschaftlichen Standards genügen, und hauptsächlich Krach und Alarm für deine Selbstvermarktung machst, bieten wir dir kein Podium mehr.

Es ist sinnlos, mit Populisten (oder Leuten, die wie welche arbeiten) in ein Gespräch oder in eine Diskussion kommen zu wollen. Wie weiter oben bereits erwähnt, haben sie kein Interesse an einem Diskurs – die Sachdebatte ist ihr Feind, und das wissen sie auch. Deshalb zerstören sie den Diskurs.
Dass Torben Schiffer das tut, und wie er es macht, ist bis hier hin hoffentlich klar geworden.

Aber man sollte sich davor hüten, ihm eine Bühne zu geben.

Points of no Return in der Imkerei

Es gibt in der Imkerei meiner Ansicht nach Momente, da muss man sich entscheiden, ob man jetzt die Notbremse zieht, und die Anzahl der Völker beibehält, bzw. reduziert, oder ob man weiter wächst, aber dafür richtig Geld in die Hand nimmt, um die passende Technik zu kaufen.
Wenn man sich dafür entscheidet zu wachsen, dann kann man nicht im Kleinklein wachsen – sondern dann muss man gleich bis zur nächsten Stufe investieren.
Was das bedeutet, darum soll es im folgenden Artikel gehen.

15 Völker

Wenn man anfängt, hat man 2-8 Völker, eine 4 Waben Tangentialschleuder, ein Entdeckelungsgeschirr, eine Gabel, ein Doppelsieb und ein paar Eimer.

Damit kommt man gut hin: Bei 8 Völkern hat man vielleicht 16 bis 24 Honigräume, also etwa – wenn es richtig gut läuft mit der Tracht – so 250 Rähmchen, die geschleudert werden müssen.
Bei einer 4 Waben Tangentialschleuder heisst das, dass man jede Wabe beim Schleudervorgang zwei mal Wenden muss, also insgesamt rund 750 Wendungen zu machen sind. Außerdem muss man mit rund 62 Schleudergängen rechnen, um alle Waben zu ernten. Wenn man pro Schleudergang, inklusive Schleuder beladen, Schleudern, Wenden, Schleuder entladen, 10 Minuten rechnet, dann sind das 620 Minuten, oder etwa 10 Stunden, reine Schleuderzeit – ohne die Nebenarbeiten drumherum (Schleuder-Setup aufbauen, nach der Arbeit alles reinigen und wieder abbauen).

Bei 8 Völkern ist man bei einer guten Tracht mit allem Pipapo sicherlich gut einen ganzen Samstag und den halben Sonntag beschäftigt.

Und jetzt stelle man sich das gleiche Setup (4 Waben Schleuder) mit 15 Völkern vor.
Alleine die Schleuderzeit wird sich dann Richtung 20 Stunden bewegen, und sagen wir so: Wenn man das ein paar mal gemacht hat, beginnt man sich zu fragen, ob es nicht alternative Lösungen gibt, die einem das Ernten vereinfachen.

Und so kommt man schließlich drauf: Eine größere Schleuder wäre doch eine sinnvolle Investition!

Die Schleuder – der Weg in den finanziellen Ruin

Wenn man eine größere Schleuder hätte, dann wäre das Leben viel leichter.
Man würde viel mehr Rähmchen in einem Schleudergang schleudern können, kann würde ja nur noch einen Bruchteil der Zeit benötigen, wie mit der 4 Waben Schleuder.

Also begibt man sich auf die Suche nach der passenden Schleuder, und findet sehr schnell Selbstwendeschleudern.

Aber eine 6 Waben Selbstwendeschleuder für zweieinhalb, dreitausend Euro?
Wieso sind die denn so teuer? Ach ja, die haben ja die relativ aufwändige Wendemechanik verbaut!

Aber es gibt ja diese Radialschleudern – die sind viel günstiger, und die haben Platz für viel mehr Rähmchen!

Man entscheidet sich dann also vielleicht für eine Radialschleuder, denn eine 42 Waben Radialschleuder kostet immer noch 1k Euro weniger, als eine 6 Waben Selbstwendeschleuder… und hey: 42 (!) Waben!

Das erste, was man dann bei einer ernsten Recherche lernt: Wenn Radialschleuder, dann aber großer Kessel und Flachzargen im Honigraum.
DNM Waben neigen unter den Fliehkräften der Radialschleuder zu Wabenbruch, und man bekommt auch keine 42 DNM Waben in eine Radialschleuder, sondern vielleicht 28 oder so.

Weil der eigene Rücken DNM Honigräume mittlerweile sowieso doof findet, ist die Idee, dann gleich auch auf flache Honigräume zu wechseln, eigentlich gar nicht so verkehrt.

Aber das gibts halt nicht umsonst.

Wenn man erst mal die 42 Waben Radialschleuder stehen hat, und auch die dazugehörigen 20 Völker, und auch die passenden Honigräume, dann tun sich völlig neue interessante Herausforderungen auf, an die man vorher gar nicht gedacht hat.

Zum Beispiel hat man vorher gar nicht so genau nachgerechnet, wie viele Honigräume bei einem Flachzargenbetrieb mit 20 Wirtschaftsvölkern zusammen kommen (so etwa 80), und dass bei guter Tracht dann auch tatsächlich so 700 bis 750 schleuderbare Rähmchen zusammen kommen können.
Das sind dann bei der tollen Schleuder nur etwa 17 Schleudergänge, denkt man sich zunächst – was für ein Fortschritt! – bis man realisiert, dass man die ganzen Zargen ja auch in den Schleuderraum transportieren muss.

Gesegnet ist der, der einen Bus sein eigen nennt, und wenn man nicht in den Fahrzeugschein nach dem zulässigen Gesamtgewicht schaut, dann bekommt man auch mit rund zwei Touren alles zum Schleuderraum gekarrt.
Spannend wird dann, ob man im Scheuderraum genug Platz für alle Zargen findet, aber auch das wird man irgendwie hinbekommen.

Das Entdeckeln mit der Gabel ist immer noch sehr mühsam – und war vorher die Schleuder der Flaschenhals, so ist es jetzt mitunter die Entdeckelung. Die 42er Radialschleuder schleudert die 42 Rähmchen in rund 10 Minuten leer, aber man entdeckelt keine neue Fuhre mit 42 Rähmchen in der Zeit, geschweige denn, dass man den Platz hätte, diese zwischenzulagern.
Zumindest das Entdeckelungstempo kann man steigern, beispielsweise mit einem elektrisch beheizten Entdeckelungsmesser.

Jetzt lernt man aber ein völlig neues Problem kennen – wieder einmal:
Wenn man 42 Waben auf einmal schleudert, dann können da schon mal 50 KG Honig in einem Rutsch freigesetzt werden. Da macht das beste Doppelsieb relativ schnell schlapp.
Also braucht man dafür eine andere Lösung, etwas das mit dieser Menge mithalten kann.
Ein Siebkübel wäre eine mögliche Lösung.
Eine bezahlbare Lösung ist ein 50 KG Siebkübel. Das Problem mit diesem Teil: Es muss volllaufen, damit es funktioniert, aber dann wiegt es halt auch 50 KG, und man kann es nicht ablassen, weil es ja auf dem Boden unter der Schleuder steht. Zum Ablassen muss man es anheben, damit der untere Hahn geöffnet werden kann – und alleine ist das einfach unmöglich. Tja.

Man benötigt auch genug Platz für die vielen 25 KG Eimer, die man kurzfristig zur Hand haben muss, und da pro Schleudergang etwa anderthalb bis zwei Eimer gefüllt werden, muss man auch sehr viele Eimer, die allesamt schwer sind, irgendwie im Schleuderraum rum rangieren.
Bei einer Ernte von 20 Völkern, die gut und gerne 600 KG und mehr betragen kann, sind das 24 und mehr Eimer. Und zu allem Überfluss, muss man diese ganzen Eimer auch noch kurzfristig nach der Ernte abschäumen…

An diesem Punkt, wenn die Honigräume im Schleuderraum stehen, man mit der Gabel entdeckelt und die Eimer rumwuchtet, dann hat man schon diverse neue Flaschenhälse entdeckt.
Und eventuell ist man völlig entnervt, weil man zwar schneller voran kommt, aber immer noch viel langsamer als erhofft und die Arbeit immer noch hart, anstrengend und ermüdend ist.

Ein ganz neues Thema ist dann das Deckelwachs. Bei 20 Völkern kommt da bei einer Ernte wirklich ein ganze Menge zusammen. Erst recht, wenn man mit einem Entdeckelungsesser arbeitet. Irgendwo muss das Zeug auch hin, und so schaufelt man es aus der Not heraus in einen Honigeimer um, um Platz im Entdeckelungsgeschirr zu schaffen. Diese Eimer (es werden zwangsläufig mehrere) stellt man dann in irgendeine Ecke, wo man sie vergisst – bis man im Herbst wieder drüber stolpert, mittlerweile zu betonharten Honig-Wachs Klumpen versteinert.

Wenn es doch nur irgendein Stück Technik geben würde, was einem hier das Leben leichter macht! Und dann kommt man drauf: Der Deckelwachsschmelzer!
Noch ein Gerät! Noch mehr Edelstahl!

Dort das ganze Deckelwachs rein, Schmelzvorgang starten und 5 Stunden später den Honig, der im Wachs steckte ablassen und den Wachskuchen oben entnehmen!
Genial!
Gibt es leider auch nicht für lau.

Und da war ja noch das Problem mit den vielen Eimern im Honigraum, während der Ernte, wo Platz immer knapp ist.
Und dann alle einzeln abschäumen… 20 Eimer am nächsten Tag abzuschäumen, so viel Zeit hat man gar nicht, von der Lust mal ganz zu schweigen!

Ein Klärfass wäre toll. Ein großer Kessel, wo erst mal alles reingeht was aus der Schleuder kommt.
Da kann sich dann das restliche Wachs und die Luftbläschen oben sammeln, und man kann alles auf einmal abschäumen.
Das wäre ein echter Fortschritt!

Jedenfalls sieht man irgendwann ein, dass eine große Schleuder alleine kein Problem löst – man muss den ganzen Prozess optimieren: Vom Honigräume holen, dem Entdeckeln, schleudern, filtern, lagern, abschäumen, rühren und – vor allem -Honig verkaufen!

Es ist nämlich so, dass man die 600 KG Honig, die man geerntet hat, nicht mehr so schnell verkauft bekommt.
Früher, als man 8 Völker hatte, reichte manchmal ein einzelnes Hoffest, um die ganze Ernte zu verkaufen, und so hatte man vier Wochen nach der Ernte nur noch Restbestände.
Vorher war der Honig gefiltert, aber ungerührt ins Glas gewandert und unmittelbar verkauft worden.

Jetzt zieht sich das mit dem Verkauf – und während der Lagerbestand sich nur langsam leert, wird er im Eimer hart, womit abermals ein neues Problem um die Ecke geschlichen kommt: Wie bekommt man den festen Honig in den Eimern wieder flüssig?

Die Antwort ist ein Wärmeschrank. Den kann man sich für relativ wenig Geld selber bauen, wenn man einen leeren Kühlschrank und ein wenig Kram von Amazon kauft – Kostenpunkt mit gebrauchten Kühlschrank von Kleinanzeigen vielleicht 150-200€.

Das Problem ist jedoch, dass so ein Wärmeschrank den festen Honig zwar antaut, aber nicht wieder vollständig verflüssigt bekommt. So etwas geht nur mit einem Melitherm.

Man kann es an diesem Punkt drehen und wenden, wie man will, aber am Melitherm führt irgendwie dann auch kein Weg vorbei. Denn es führt kein Weg am Rühren vorbei, und damit man den Honig rühren kann, muss er flüssig sein.

Achso: Es führt deswegen kaum ein Weg am Rühren des Honigs vorbei, weil die Kunden sich das in der Regel wünschen. Also sie wünschen sich jetzt nicht ausdrücklich gerührten Honig, das nicht, aber sie wollen Honig in möglichst Nutella-ähnlicher Konsistenz.
Ein Honig, der langsam von unten nach oben durchkristallisiert, wie das beispielsweise bei einem unbearbeiteten Lindenhonig der Fall sein kann, kommt keim Kunden gar nicht gut an.
Was der Kunde letztlich möchte, ist einen Honig, der kontrolliert kristallisiert. Das weiß er zwar so genau nicht, aber das ist eben der Trick dahinter – der Honig muss gerührt werden.

Man kann die Eimer chargenweise per Hand rühren. Aber wenn man, so wie wir, Haustiere hat (Katzen, Hunde), dann kann man in der Regel nicht zu Hause rühren, weil das bei den umherfliegenden Tierhaaren ein Hygieneproblem ist.

Also muss man in der Imkerei, im Schleuderraum rühren. Jetzt ist es nur zeitlich weder machbar, noch vertretbar, zwei Mal am Tag in die Imkerei zu fahren und 5-10 Eimer Honig händisch durchzurühren, und so landet man sehr schnell bei einem Rührfass – einem Edelstahlkessel mit Motor und großem Rührflügel, der zeitgesteuert automatisch den Honig rühren kann.

Es gibt bei allem ein wiederkehrendes Problem: Der Honig muss immer wieder in unterschiedliche Höhen gebracht werden: Aus der Schleuder in den Eimer (Schwerkraft), aus dem Eimer ins Klärfass (Muskelkraft), aus dem Klärfass wieder in den Eimer (Schwerkraft), aus dem Eimer in den Melitherm (Muskelkraft), aus dem Melitherm ins Rührfass (Muskelkraft) und aus dem Rührfass in den Abfüllbehälter (Muskelkraft).

So ein Rührfass kann beispielsweise 140 KG fassen – das entspricht 5-6 25 KG Eimer.
Es ist mühsam, diese Eimer hintereinander in ein Rührfass zu kippen! Es ist erst recht mühsam, wenn man das Rührfass auf Tischhöhe stehen hat, damit daraus abfüllen kann.
Es ist erst recht mühsam, am Erntetag dutzende 25 KG Eimer in ein Klärfass umzufüllen, zumal man an dem Tag schon viele schwere Zargen geschleppt und gebuckelt hat.

Lande Rede, kurzer Sinn: Wenn man mit der Imkerei anfängt, und die ersten Male in Imkershops stöbert, stößt man vielleicht zufällig über ein Gerät, dass sich “Honigpumpe” nennt, und man denkt dann ganz verwundert: Wer braucht denn so einen Quatsch?
Nur wenige Jahre später weiß man dann, wer diesen Quatsch benötigt: Man selber!

Man will den Honig nicht ständig über Höhenunterschiede heben, auch nicht über kleine. Und so wird eine Pumpe zu einer sehr sinnvollen Investition.

Aber wenn es doch so einfach wäre! Für eine Pumpe braucht man an den Edelstahlbehältern, aus denen man etwas abpumpen will, vernünftige, passende Ventile. Hier gibt es derer viele auf dem Markt, und so muss man sich für etwas entscheiden.
Und ach – es ist gar nicht so leicht, für die unterschiedlichen Behältnisse, die man in den Jahren zuvor angeschafft hat, als man noch nichts über Pumpen und Ventile wusste, passende Ventile zu finden, denn es gibt eine unendliche Fülle an Gewindetypen, die in der Imkerei zu finden sind – wenn denn ein Gewinde am Edelstahlbehälter vorhanden ist.

Was man noch hinbekommt, so wie vor dem Point of no Return, ist das Abfüllen mit dem guten alten Abfüllbehälter mit seinem Quetschhahn. Aber während man abfüllt, liebäugelt man in Gedanken schon längst mit einer Abfüllmaschine…

Wie war es früher? Wie ist es jetzt?

Am Anfang lief es so: Man holte seine 10 Honigräume, entdeckelte Stück für Stück seine 100 Rähmchen, schleuderte entspannt in seiner 4 Waben Schleuder seine 100 KG Honig, die man dann auf vier Eimer aufteilte, einmal abschäumte und von der Oma die Woche drauf ins Glas abfüllen ließ. Nicht mal das Doppelsieb war ein Problem. Und dann kam das Sommerfest in der Kleingartenkolonie, und schon war der Großteil des Honigs verkauft. Was dann noch übrig war, wurde an Kollegen und Freunde abgegeben und im September war das Thema Honig mehr oder weniger bis zum nächsten Frühjahr erledigt.

Irgendwann läuft es dann aber ganz anders: Es passen nicht mehr alle Honigräume auf einmal ins Auto, der Rücken findet das Schleppen derselbigen irgendwann auch als sehr anstrengend, im Schleuderraum wird der Platz eng, und beim Entdeckeln ist jetzt Geschwindigkeit gefragt.
Also schafft man sich einen Hänger an, für den Rücken einen Kaptarlift und zum Entdeckeln ein Speedking Entdeckelungsmesser.
Damit das gut funktioniert, lässt man die Bienen in den Honigräumen Dickwaben bauen, und weil jetzt viel Deckelwachs anfällt, in dem außerdem noch viel Honig steckt, braucht man einen Deckelwachsschmelzer, am Besten gleich mit Dorn, um über ihn zu entdeckeln.

Der Honig läuft bei Schleudern in einen Siebkübel, von dort gefiltert in einen Eimer, der – je nach Füllstand – automatisch von der Honigpumpe leer gepumpt wird, hinein in ein Klärfass.

Am Ende des Tages wird der Deckelwachsschmelzer angeworfen, sowie die Heizung vom Klärfass.
Am nächsten Tag wird der Honig aus dem Deckelwachsschmelzer abgelassen – aus 30 KG Mischung lassen sich wohl bis zu 25 KG Honig heraustrennen, und das Klärfass wird abgeschäumt.
Jetzt kann der Honig auf Eimer gezogen oder aber ein Teil ins Rührwerk umgepumpt werden, damit man den ungeduldigen Kunden schon mal eine erste Charge fertig machen kann.

Später, im Herbst, holt man den Honig aus dem Lager, taut ihn im Wärmeschrank an und schickt ihn dann durch den Melitherm, damit er wieder gerührt werden kann.
Impfhonig rein, 2-3 Tage rühren lassen und dann, wieder mittels Pumpe, in den Abfüllbehälter umpumpen, damit er von dort ins Glas wandert.

Wo man eigentlich nur eine größere Schleuder wollte, weil das viele Wenden so anstrengend war, steht man plötzlich da mit: Der großen Schleuder, einen Siebkübel, einem Entdeckelungsmesser, Flachzargen, einer Pumpe, einem Klärfass und einem Rührfass, plus dem Wärmeschrank und Melitherm.

So hatte man das alles nicht geplant- so hatte man das alles gar nicht vorhersehen können… Irgendwann hatte es ihn unterwegs gegeben: Den Point of no Return!

The Point Of No Return

Am Anfang meiner jungen Imkerlaufbahn waren wir mit meinem Verein bei einem Nebenerwerbsimker im Brandenburgischen. Es war ein lauer Sommernachmittag, es gab Kaffee und Kuchen und man tauschte sich aus – der Kollege zeigte uns seine Völker und schließlich auch seinen Schleuderraum.

In diesem Schleuderraum war alles vorhanden, was ich mir damals auch nur vorstellen konnte, inklusive großer Schleuder, Deckelwachsschmelzer und, und und.

Dieser Nebenerwerbsimker hatte 40 Völker, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass irgendwer so viele Völker würde haben wollen oder können, es sei denn, er sein ein richtig krasser Profi.
Im Gespräch mit ihm, erzählte er irgendwann eine kleine Begebenheit, eine kleine Anekdote mit einem Erwerbsimker.
Der Erwerbsimker, sein Freund, hatte für die Anzahl der Völker nur milden Spott übrig: “40 Völker? Das ergibt überhaupt keinen Sinn! Bei 40 Völker brauchst du die gleiche Technik, wie bei 100 Völkern, nur dass du nicht so viel Geld verdienen kannst! Das ist wirtschaftlicher Unsinn!”

Daran musste ich in letzter Zeit oft denken.
Es gibt diesen Punkt, an dem man sich entscheiden muss, ob man seine Imkerei jetzt exakt so lässt, wie sie ist. Wenn ja, dann hat man seine Größe, seine Grenzen gefunden.
Wenn man aber diesen Punkt überschreitet, dann muss man bis zur nächsten möglichen Größenordnung skalieren – dann aber durch die ganze Produktionskette.

So habe ich die oben genannte kleine Anekdote für mich interpretiert.
Meine aktuellen Investitionen gelten also dem Ziel, meinen “Betrieb” so weit fit zu machen, dass er mit meinen persönlichen Zielen mithalten kann – die Investitionen dienen einer langfristigen Strategie.

Manches davon wird nicht auf Anhieb klappen, bestimmte Erfahrungen müssen erst gesammelt und in Optimierungen umgemünzt werden, aber da ich nicht auf der grünen Wiese anfangen musste, und es Leute gibt, die gerne und ausgiebig über eigene Erfahrungen berichten, konnte ich mir viel abschauen.

Ich bin hinreichend optimistisch, was die neue Saison betrifft, und auch schon hinreichend gespannt, was alles nicht funktionieren wird.

Der nächste Point Of No Return liegt jetzt jedenfalls ein klein wenig in der Zukunft… November oder so.

2020.22 – Erfahrungen mit UltraBee

Ich bin die letzten Tage ein paar Mal unabhängig voneinander per Mail angeschrieben worden, jeweils mit der Frage, wie meine Erfahrungen mit dem Pollensubstitut UltraBee aussehen würden und wo man UltraBee kaufen könne.

Wo kaufen?

Ich habe UltraBee seinerzeit in UK gekauft, bevor die Übergangsregelung des Brexit in Kraft trat, nämlich hier. Wie es sich jetzt mit Transportkosten und Steuern verhält, kann ich nicht sagen.

Erfahrungen kann ich jedoch schildern.

Rezeptur

Ich habe den Pollenfutterteig immer selber angemischt, wobei sich die Rezeptur “zu gleichen Teilen Apiinvert, Zucker und UltraBee” als gute Richtschnur für eine schöne Textur bewahrheitet hat.

Wie wird UltraBee abgenommen?

Der Futterteig wurde fast immer abgenommen, jedoch im Vergleich zu reinem Fondant eher zögerlich.
Mein subjektiver Eindruck war, dass bei ausreichender Pollenversorgung von außen die Abnahme durch die Bienen zurück geht, während sie bei schlechtem Wetter etwas besser, aber keineswegs enthusiastisch ausfällt.

Gibt es sichtbar positive Effekte?

Ich konnte nicht feststellen, dass die Gabe von UltraBee die Brutaufzucht stimulieren würde.
Zwar hat Randy Oliver nachgewiesen, dass von allen Pollensubsituten UltraBee am besten abschnitt, gerade bei der Versorgung der Larven mit Futtersaft, aber in meiner Region scheint die Pollenversorgung zu jeder Jahreszeit, in der Bienen Brut aufziehen und ausfliegen können, ausreichend sichergestellt zu sein.

So konnte ich bisher nie das Phänomen der “trockenen Brut” beobachten, weder bei Gabe von UB, noch bei der Kontrollgruppe, die ohne UB geführt wurde.

Ich habe keine halbwegs ambitionierte Testreihe gefahren, wie beispielsweise bei meinen TBE-Untersuchungen. So sind meine Aussagen tatsächlich hoch subjektiv.

Pollenfallen anstatt UltraBee

Aber bisher würde ich zu dem Schluss kommen, dass man sich das Geld für UtrBee sparen, und stattdessen lieber ein paar Pollenfallen kaufen kann.

Für 100€ plus Versand (so viel kostet ein 25 KG Sack UltraBee in etwa), kann man auch 3-4 Pollenfallen kaufen und zeitweise vor seine Kisten hängen.
Den frisch gesammelten Pollen kann man dann einfrieren und bei Bedarf auftauen, und schon hat man eine nachhaltige Lösung, etwaige Pollenengpässe zu überbrücken.

Da ich noch UtraBee übrig habe, werde ich im Februar einen letzten Versuch starten, herauszufinden, ob bei Brutbeginn ohne externe Pollenzufuhr, die Gabe von Pollenpatties einen Unterschied macht.

Ich werde berichten.
Aber ansonsten wäre mein Fazit, dass in meiner Region ein Pollensubstitut keinen praktischen Nutzen aufweist.
In anderen Regionen des Landes mag es anders sein.

Ergänzende Untersuchungen zu dem Thema

Hier kommt man zu einem interessanten Schluss: Nur ein minimaler Anteil des Pollensubsituts landet in den Larven, +- 1%.

2020.21 – Varroa, Lehren aus dem Betriebsjahr 2020

Einführung

Es folgt ein längerer Text, der darüber berichtet, wie sich die Varroasituation in meinem Völkern im Laufe des Sommers, Herbstes und Winter entwickelt hat, und welche Rückschlüsse daraus für künftige Varroastrategien zu ziehen sind.

Schon zu Beginn der Datenanalyse zeigte sich, dass die Völker nur bedingt miteinander vergleichbar sind und der Gesamtbestand in unterschiedliche Kategorien zerfällt. Es bot sich an, die Völker in Gruppen einzuteilen.
Es gibt unterschiedliche Völkertypen, die unterschiedlich behandelt, bzw. betrachtet werden müssen, was im Folgenden näher erläutert werden wird.
Ein Problem: Ich habe Völker teilweise unterschiedlich behandelt, auch dann, wenn sie zum gleichen Typus gehören.
Allerdings eröffnet mir dies auch Vergleichsmöglichkeiten, auf die in der Folge genauer eingegangen werden wird.

Motivation

Durch eine fortwährende Analyse der Varroazahlen in meiner Imkerei, im Kontext der Behandlungsmethoden, soll ein Weg gefunden werden, möglichst effektiv die Varroapopulation zu kontrollieren. Ziel ist es, gesunde und starke Völker in und durch den Winter zu führen, damit zur Frühtracht ausreichend starke Völker zur Verfügung stehen.

Bekannte Behandlungskonzepte funktionieren, das Rad muss nicht neu erfunden werden, aber gleichzeitig muss das eigene Handeln der eigenen Betriebsweise und der örtlichen Situation angepasst werden. Es gibt keinen Waschzettel, der nur abgearbeitet werden muss, um perfekte Ergebnisse zu bekommen.

Aktuell bin ich mit dem Zustand meiner Völker weder im Winter, noch im Frühjahr wirklich zufrieden. Daher hilft nur eine genauere Betrachtung der angewandten Behandlungsmethoden und der daraus resultierenden Völkerstärken bei Ein- und Auswinterung, um daraus dann andere, angepasste Herangehensweisen zu entwickeln.

Völkertypen

Damit der Leser und ich eine gemeinsame Ausgangsbasis haben, folgt eine kurze Erläuterung der Terminologie, was die einzelnen Völkertypen betrifft:

  • Wirtschaftsvolk, mit Notbehandlung: Ein Bienenvolk, welches das ganze Jahr über als Honigvolk geführt und im Juli mit einer TBE behandelt wurde. Im September erschienen mir der tägliche, natürliche Milbenfall als zu hoch, sodass eine Notbehandlung erfolgte.
  • Wirtschaftsvolk, ohne Notbehandlung: Ein Bienenvolk, welches das ganze Jahr über als Honigvolk geführt und im Juli mit einer TBE behandelt wurde. Hier war jedoch der natürliche Milbenfall im September so gering, dass eine Notbehandlung als nicht notwendig erachtet wurde.
  • Ableger: Ein Bienenvolk, welches Ende Mai, oder Anfang Juni mit zwei Brutwaben gebildet wurde, unter Zugabe einer unbegatteten Königin oder einer schlupfreifen Zelle. Bei Brutfreiheit wurde mit OXS behandelt. Anfang August wurde 1 Streifen Bayvarol ins Brutnest gehängt.
  • Brutsammler: Ein Volk, welches aus den Brutwaben jener Wirtschaftsvölker entstand, die einer TBE unterzogen wurden. Auch hier erfolgte eine Behandlung bei Brutfreiheit, Anfang August.
  • DeBiMo Völker: Ich nehme am Deutschen Bienenmonitoring teil. Ein Teil meiner Völker wird also regelmäßig genauer untersucht, und mir später die Ergebnisse entsprechend zur Verfügung gestellt.
    Ich habe also einen Anteil an Völkern, zu denen mir genauere Daten vorliegen, als zu anderen.

Durchführung und Zeitpunkt der TBE

Die TBE wurde von Mitte bis Ende Juli durchgeführt.
Die Völker wurden i.d.R. auf Mittelwände gesetzt, nach 4-7 Tagen erfolgte eine Behandlung mit Oxalsäure. Bei einem Teil der Völker wurde die OXS gesprüht, bei einem anderen Teil wurde auf eine alternative Methode zurückgegriffen.

Die entnommenen Brutwaben wurden als Brutsammler zusammengestellt, nach 9 Tagen wurden die Nachschaffungszellen gebrochen und und unbegattete Weiseln dazu gegeben.
Nach 21 Tagen erfolgte eine alternative Oxalsäurebehandlung im brutfreien Zustand.

Wenn Völker mit Oxalsäure behandelt wurden, dann immer im brutfreien Zustand.

Das überraschend schlechte Ergebnis der DeBiMo Völker

Mit der Übermittlung der Testergebnisse durch das LIB Hohen Neuendorf wurde klar, dass dieses Jahr die Varroabehandlung nicht gut gelaufen war:

Wie sich zeigte, hatten 40% der Völker zwischen Juli und Oktober einen höheren phoretischen Befall entwickelt – obwohl zwischen den Probeentnahmen eine TBE und eine OXS Behandlung lag. 50% hatten einen phoretischen Befall von >1%, ein Volk (Nr. 19), hatte seinen phoretischen Befall trotz TBE und OXS mehr als verfünffacht!

Eigentlich hätte der Befall deutlich geringer ausfallen sollen (und hatte es im vergangenen Jahr auch getan), insofern war eine genauere Analyse der Aufzeichnungen des aktuellen Jahres angezeigt.

Was bedeuten diese Zahlen für das aktuelle Varroakonzept, außer dass es nicht ausreichend ist? Wo sind Anpassungen vorzunehmen?

Notbehandlungen im September

Es gab eine Reihe von Völkern, die bei einer Probe mittels Varroawindel einen zu hohen Milbenfall zeigten. Dabei handelte es sich fast ausnahmslos um Wirtschaftsvölker.

Diese Völker sollten eigentlich einer Blockbehandlung mittels OXS unterzogen werden, wobei die dafür notwendige Hardware nach der zweiten Behandlung kaputt ging.
Daraufhin wurde kurzfristig auf Bayvarol umgestiegen, und den betroffenen Völkern 1 Bayvarolstreifen ins Brutnest gehangen – Ausnahmen erhielten 3 Streifen.

Jene Völker, deren Milbenfall Anfang September augenscheinlich unauffällig war, wurden keiner Behandlung im Herbst unterzogen.

Oxalsäure sprühen und Oxalsäure alternativ verabreichen, Methode wirken unterschiedlich gut

Die Wirtschaftsvölker wurden mittels TBE brutfrei gemacht. Anschließend folgte eine Behandlung mit Oxalsäure.
Dabei wurde die OXS unterschiedlich verabreicht:
Ein Teil wurde mit OXS besprüht, ein anderer Teil wurde mit einer alternativen OXS-Applikation behandelt.

Beide Gruppen waren im September nicht zu gleichen Teilen bei den behandlungswürdigen Völkern vertreten, vielmehr hatte eine der beiden Gruppen den größeren Anteil Völker, die zu viele Milben fallen ließen.

OXS sprühenOXS alternativ verabreichen
Notbehandlung notwendig84
keine Notbehandlung notwendig28
Verteilung behandlungswürdiger Völker im September auf die Behandlungsmethode bei Brutfreiheit

Das Sprühen von OXS scheint im direkten Vergleich schlechter zu wirken. Anders ist der höhere Milbenfall der entsprechenden Völker im September nicht zu erklären.

Allerdings führte dies dazu, dass diese Völker noch einmal behandelt wurden, während die alternativ behandelten so gut aussahen, dass eine weitere Behandlung nicht notwendig zu sein schien.
Im Dezember zeigten sich dann die Auswirkungen der unterbliebenen Behandlung.

Milbenfall im Dezember nach Restentmilbung

Alle Völker wurden im Dezember der gleichen Art von Restentmilbung mittels Oxalsäure unterzogen.
Nach 7 Tagen wurden die auf die Windel gefallenen Milben gezählt und ein Tagesmittel errechnet und zum Vergleich herangezogen.

Um die vier Gruppen (WV mit und ohne Notbehandlung, Ableger und Brutsammler) miteinander vergleichen zu können, wurde für jeden Typ ein Durchschnitt des Milbenfalls pro Tag über alle Völker eines Typs gebildet.

Welcher Volkstyp hat im Dezember durchschnittlich wie viele Milben pro Tag fallen lassen?

Die gute Nachricht: Die Ableger, alle einmal im Mai, Juni brutfrei behandelt, sowie Anfang August um 1 Bayvarol-Streifen ergänzt, haben im Schnitt nach der Restentmilbung wenig Milben fallen lassen. Es gibt Ausreißer, aber im Großen und Ganzen war der Milbenfall nach der Winterbehandlung sehr gering.

Ganz anders sieht es bei den Brutsammlern aus.
Diese Völker, mit Brutwaben aus der TBE der Wirtschaftsvölker gebildet, hatten einen extrem milbenreichen Start. Der Milbendruck wurde durch eine einmalige OXS Behandlung zwar so weit gemindert, dass eine Einwinterung möglich war, allerdings verblieben noch überdurchschnittlich viele Milben in den Völkern.

Auffällig ist der Unterschied zwischen Wirtschaftsvölkern mit und ohne Notbehandlung im September.
Kurz gesagt: Ohne Notbehandlung fielen 3 mal so viele Milben wie mit – die Notbehandlung macht einen signifikanten Unterschied bei der Anzahl der Milben, die noch mit in den Winter gehen.

Betrifft Wirtschaftvölker mit einer Notbehandlung
Betrifft Wirtschaftsvölker ohne Notbehandlung

Fazit TBE

Eine TBE mit nachgeschalteter OXS Behandlung reicht nicht aus, um auf eine Behandlung im September gänzlich verzichten zu können.

Es gibt scheinbar eine signifikante Reinvasion (von innen), welche die Milbenzahl in die Höhe treibt. Insbesondere an den eng überwachten DeBiMo Völkern ist erkennbar, dass eine TBE samt Oxalsäurebehandlung mitunter nicht ausreicht, die Milbenzahl dauerhaft wirksam zu senken, wenn 40% einen höheren phoretischen Befall nach der TBE als vor der TBE aufweisen.

Brutsammler

Dieser Völkertyp braucht nach der ersten brutfreien Behandlung später eine nachgelagerte Nachsorge (bspw. im September), wenn man nach einer Restentmilbung möglichst milbenarm ins neue Jahr starten möchte.

Ursache für den überdurchschnittlichen Befall muss die vergleichsweise hohe Konzentration an befallenen Zellen in den Brutwaben sein, welche am Ende einer Bienensaison in den Wirtschaftsvölkern vorhanden sein dürften.

Hier liegt auch der Unterschied zu den zeitig im Jahr gebildeten Ablegern.

Die TBE alleine ist kein Allheilmittel gegen die Varroamilbe, auch nicht in Kombination mit einer Behandlung bei Brutfreiheit mittels Oxalsäure.

Weiterhin hat die TBE auch praktische Grenzen, bei denen eine Verwendung dieser Methode keinen Sinn mehr macht. Vgl. dazu auch: [1][2]

Fazit Ableger

Ableger, im Frühjahr gebildet und brutfrei behandelt, bauen scheinbar bis zum Herbst, Winter nur eine geringe Milbenlast auf – von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Das erscheint auch logisch: Zu einem Zeitpunkt gebildet, als der Spender selbst kaum Milben hat, ist die Startpopulation an Milben sehr klein. Mit einer effektiven Behandlung bei Brutfreiheit, sinkt der Befallsgrad noch einmal deutlich.

Bis die neue Königin so richtig in Brut gegangen ist, und damit auch die Milbe groß in die Vermehrung einsteigen kann, ist der Sommer schon weit fortgeschritten.
Somit fehlt es den Milben sowohl an Individuen, Brutzellen als auch Brutzyklen, um bis zum Winter starke Populationen aufzubauen.

Die Entnahme von Brutwaben scheint jedoch bei den Brutspendern kaum zu einer signifikanten Verzögerung in der Entwicklung der Varroapopulation zu führen.

Fazit Bayvarol

Die Datenlage ist zu dünn.
Bayvarol scheint gut zu wirken, wenn 2-3 Streifen in ein Brutnest gehangen werden.
Bei kleineren Einheiten, wo nur ein Streifen gegeben wird, sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich.
Bei den Ablegern sehen alle gut aus, bis auf zwei Einheiten. Alle wurden gleich behandelt, aber zwei fallen durch sehr hohe Zahlen auf.

Noch auffälliger ist es bei den Mini Plus Einheiten, die eingewintert wurden:
Alle wurden zur gleichen Zeit im Jahr gebildet, gleich geführt und gleich mit jeweils einem Bayvarol Streifen behandelt: 50% sind in Ordnung, 50% sind zu stark mit Milben belastet, wenn man der Windel nach der Restentmilbung trauen kann.

Mein vorläufiges Fazit wäre: Bayvarol kann helfen, im August, September noch einmal die Populationsentwicklung der Milben zu stören. Aber das kann auch schief gehen.

Fazit Varroa Managment insgesamt

Ich habe dieses Jahr Völker durch die Varroa verloren. Diese Völker wurden schon im August, September aufgelöst, aber nur, um das Kahlfliegen vorweg zu nehmen.

Hier kam die TBE zu spät, die Völker waren zu stark vorbelastet.
Daraus ergibt sich eine erste Schlussfolgerung für ein angepasstes Varroamanagement:

Früher, genauer hinsehen

Hätte, hätte, Fahrradkette – hätte ich, wie geplant, im Frühjahr und Frühsommer genauer hingesehen – beispielsweise mit einer Alkoholwaschung – hätte ich überdurchschnittlich stark belastete Völker identifizieren und rechtzeitig behandeln können.
Zwar wären diese dann für die Honigproduktion ausgefallen, aber das wäre nebensächlich gewesen.

Vor einer TBE den phoretischen Befall bestimmen

Von manchen Völkern muss man keine Brutwaben in die Brutsammler stecken.
Ich habe noch keine Vorstellungen, wo man Grenzwerte setzen kann, aber der Point Of No Return kann auch schon erreicht sein, bevor man ein katastrophales Brutbild zu Gesicht bekommt.
Vielleicht wäre es ein experimenteller Ansatz, vor der nächsten TBE den phoretischen Befall zu bestimmen, und dann Brutsammler aus jenen Brutwaben mit gleichem Befallsgrad zu bilden, und deren Entwicklung zu vergleichen.

Mehr Ableger, Kunstschwärme bilden

Ich habe dieses Jahr meine Vermehrung vor allem auf die Brutsammler der TBE gestützt.
Wenn ich mir die Ableger und Schwärme ansehe, die ich im Mai, Juni gebildet habe (bilden musste – wenn im Baum), dann stehen diese so viel besser da, dass die Überlegung nahe liegt, hier doch ein größeres Augenmerk auf die Ablegerbildung zu richten.

Ich habe durch die Stockwaagen auch gelernt, dass wir eine Trachtlücke haben, die von Anfang, Mitte Mai bis Mitte Juni reicht.

Aus imkerlicher Sicht wäre es sinnvoll, zu Beginn dieser Trachtlücke überschüssige Bienen “zu ernten” und zu Kunstschwärmen zu verarbeiten, bevor die Völker selber die Bienenmasse der Trachtsituation anpassen.

Ergänze, erhöhe ich meinen Bestand auf diese Art, muss ich im Spätsommer weniger Brutsammler in der TBE bilden und kann mehr Brutwaben einschmelzen.

VarroMed im September?

Nach meinem negativen Urteil aus [3] über VarroMed mag meine folgende Einlassung nahezu peinlich sein, aber:
Die Völker, die im September 2019 mit VarroMed behandelt worden sind, hatten im DeBiMo Screening im Oktober allesamt sehr niedrige Varroa Werte. Das galt auch für Völker, die mit einer alternativen Oxalsäureapplikation behandelt wurden.

Allerdings ist VarroMed sehr einfach einzusetzen, auch dann, wenn man mal keine Stromquelle oder eine Schutzmaske zur Hand hat.
Für schwach befallene Völker scheint VarroMed ausreichend zu wirken, und wäre damit eine gute Alternative zu dem ebenfalls teuren Bayvarol, welches aber meiner Erfahrung nach weniger zuverlässiger wirkt, als VarroMed.

Es wäre betrieblich ein Leichtes, im September, wenn man letzte Checks an den Völkern macht, einfach noch zwei, drei Mal mit der VarroMed Flasche rüber zu gehen, auch dann, wenn die Einheiten auf Außenstände stehen.

Und jetzt?

Ich fasse die diesjährigen Erkenntnisse für mich so zusammen:

  • Ableger und/oder Kunstschwärme bilden, um auf die Brutsammler aus der TBE nicht angewiesen zu sein.
  • Ab Ende April den phoretischen Milbenfall messen. Bernhard Heuvel beschreibt eine einfachere Methode, wo er mit dem Stockmeißel Brutzellen aufkratzt, und nach befallenen Zellen sucht. Wie geht das? Gibt es da Bildaterial?
  • Bei einem phoretischen Befall von >3% behandeln, auch wenn das schon im Mai oder Juni der Fall sein sollte.
    Eingreifen, bevor ein irreparabler Schaden auftritt.
    Und wie sagte Liebig immer so treffend: “Nur wer beobachtet, weiß bescheid”
  • Vor einer TBE in jedem Fall den phoretischen Befall ermitteln, und nur aus den schwächer befallenen Völkern Brutwaben zu sammeln. Stärker befallene Völker geben ihre Brutwaben direkt in den Wachsschmelzer.
  • TBE Wirtschaftsvölker brutfrei behandeln, aber im September dann einer Nachbehandlung unterziehen.
  • Für Brutsammler gilt das Gleiche.
  • Im September Völker noch konsequenter zusammenlegen.

Hat der Heuvel recht?

Bernhard Heuvel sagt in einem Vortrag: Wir kümmern uns die ganze Zeit nicht um die Varroa, aber dann im Sommer, müssen wir mit allem, was wir haben, drauf schlagen. Sinnvoller ist es, früher einzugreifen!

Er schlägt unter anderem vor, im Februar einmal mit VarroMed über die Völker zu gehen, um die Entwicklungsdynamik gleich zu Saisonbeginn zu stören.
Ich weiß nicht, ob das tatsächlich einen so großen Unterschied macht. Dafür sind meine Zweifel in VarroMed zu groß, zumal es nicht in die verdeckelte Brut wirkt.

Allerdings finde ich seinen Vorschlag, mittels Brut-aufkratzen jederzeit schnell einen aussagekräftigen Eindruck über die Milbenbelastung zu erhalten, sehr interessant.
Alkoholwaschung gehen schnell, erfordern aber doch einen Mehraufwand, welchen ich oftmals auch meide.
Seine Variante ließe sich schnell in die reguläre Durchsicht einbauen. Und mit validen Informationen ließen sich begründete Entscheidungen treffen.

Das neue Bienenjahr wird nicht langweilig werden.
Manchmal dreht sich bei mir alles zu sehr um die Milbe, da gerät die Biene fast in den Hintergrund. Aber vielleicht geht es aktuell noch nicht anders, weil ich noch auf der Suche bin, nach der Betriebsweise, wo die Milbe in Schach und die Biene möglichst bienengemäß gehalten wird, und ich betrieblich alles unter einen Hut bekomme.

Vielleicht kann der gemeine Leser ja etwas dabei herausziehen.

Links

[1] https://stadtrandhonig.de/2020/09/16/2020-16-vorlaeufiger-bericht-zur-varroasituation-2020-und-zur-tbe/

[2] https://stadtrandhonig.de/2020/10/30/2020-18-ueberlegungen-zu-einem-geaenderten-varroa-konzept/

[3] https://stadtrandhonig.de/2019/10/07/varromed-feldversuch-und-auswertung/

2020.20 – Honig machen, Zuchtplanung, Internet leer kaufen

Honig machen

Honig schön machen – wäre eine passendere Bezeichnung.
Der neue Honigrührer im Team mit dem Melitherm machen einen prima Job. Die Linde, die erstaunlicherweise dieses Jahr im Eimer fest geworden ist, wird erst im Wärmeschrank angetaut, anschließend in den Melitherm gegeben, um dadurch praktisch auf Anfang zurückgesetzt zu werden, um dann im Rührwerk – dezent mit 2-3 KG Raps angeimpft, binnen drei Tage feinsteif gerührt zu werden. Anschließend noch abfüllen und etikettieren, und schon ist der Honig verkaufsfertig.

Ich mache jetzt 140KG Chargen, anders lohnt sich der Aufwand nicht, und so habe ich aktuell eine Charge mit rund 250 Gläser fertig, die jetzt in den Verkauf gehen. Insgesamt nicht viel, aber im Vergleich zu den Vorjahren wächst der Honigdurchsatz und -umsatz stetig.

Der Honigrührer macht bei der Konsistenz des Honigs einen echten Unterschied. Es ist jetzt das erste Mal passiert, dass Kunden mich direkt anrufen, um sich Honig zu sichern, bevor er alle sein könnte, weil er ihnen so gut geschmeckt hat.
Ein Renner dabei ist Rapshonig, wobei ich denke, dass jetzt der Lindenhonig mittelfristig noch besser ankommen sollte – er hat einfach den aufregenderen, feineren Geschmack.

Zuchtplanung

“Zucht ist Töchter beurteilen”, habe ich neulich von Peter Little gelesen, einem englischen Imker, der eine alte Belegstelle von Bruder Adam in Dartmoore betreibt.

Er spielt damit auf die Erbfestigkeit an, die eine Zuchtmutter unter Beweis stellen muss, indem ihre Töchter standbegattet und dann geprüft werden. Zeigen diese Töchter dann zuverlässig ausreichend positive Eigenschaften der Mutter?

Und so ist ein Schwerpunkt der Planung für die Zucht kommendes Jahr, Leute zu finden, die bereit sind, unbegattete Töchter meiner potentiellen Zuchtmütter zu testen. Das ist gar nicht so einfach, und alleine habe ich nicht genug Völker, alles selbst zu testen.

Jetzt vernetzt man sich also über Jahre mit anderen Imkern, und wenn man dann fragt, ob sie Königinnen für einen Selbstkostenpreis nehmen und testen würden, dann ist die Reaktion bisher eher verhalten.
Ich denke, ursächlich dafür ist, dass die wenigsten Imker mit zwei bis sechs Völkern sich bewusst machen, welchen Unterschied Königinnen machen, die züchterisch bearbeitet worden sind – und genau das ist mein Netzwerk: Die Kleinstimker mit wenigen Völkern im eigenen Garten.

Um möglichst viel selbst testen zu können, erhöhe ich noch meinen Bestand an Mini Plus Einheiten. Wenn ich es leisten kann, will ich mit 35 Einheiten arbeiten, sodass ich beispielsweise drei Zuchtmütter à 10 Töchter testen und vergleichen kann.
Das ist nicht die Welt, aber besser als nichts.

Diese drei Zuchtmütter werde ich versuchen bis Mai aus einem Bestand von rund 15-20 Kandidatinnen auszuwählen, indem ich Auswinterung, Milbenbefall, Sanftmut und auch den Honigertrag im Raps und der Obstblüte berücksichtige – plus eine Priese rein subjektiver Wahrnehmung und eigenem Gusto. Damit da aber etwas miteinander zu vergleichen ist, soll im Frühjahr, also im März, ausgeglichen werden – damit alle Königinnen etwa einen gleichen Start in die neue Saison haben.

Sollte sich dann ein klares Bild über ein bis zwei Zuchtmütter ergeben, welches überzeugt, dann sollen weitere Töchter zu einer passenden Belegstelle gekarrt werden, um der Reinzucht Vorschub zu leisten um ggf. Merkmale zu verfestigen. Aber dazu brauche ich dann definitiv Beratung durch den Zuchtverband, um die passende Anpaarung zu finden.

Das ganze Internet leerkaufen

Meine Bestellungen haben dieses Jahr einen Umfang – da kommt nicht mehr die Post, da kommt eine Spedition.

Insbesondere die Edelstahlhardware plus die Umstellung auf Dadant brauchen Platz und Geld.
Die letzte Saison hat mir deutlich gezeigt, wo im Betriebsablauf die Engpässe sind, und so ich nur reagieren und nicht mehr agieren kann.
Deswegen kommen so Dinge ins Haus wie ein Deckelwachsschmelzer oder eine Honigpumpe. Auch ein Klärfass ist dabei und nicht zuletzt ein Beutenheber. Die meisten Anschaffung drehen sich dabei um Hebetechnik, bzw. das Vermeiden vom Heben von Dingen.

Ein Deckelwachsschmelzer ist eine Investition, die sich im Grunde recht schnell amortisiert: Aus 30 KG Deckelwachs-Honigmischung lassen sich 25 KG Honig und 5 KG Wachs ausschmelzen. Bisher wandert dieser Honig bei mir in den Abfluss, nachdem das Wachs ausgeschmolzen wurde. So hingegen kann dann der Honig ins Glas gehen, und das Wachs zum Umarbeiter.

Das Klärfass soll den Flaschenhals beim Schleudern lösen, der entsteht, wenn der Honig nach der Schleuder nicht schnell genug weg kann. Doppelsiebe waren schon dieses Jahr keine Lösung, und wenn man die Eimer ungefiltert wegstellt, dann hat man später recht viel Aufwand, alle einzeln abzuschäumen, bzw. zu filtern.
Einfacher wird es werden, wenn der Honig sich in einem Klärfass absetzen kann, um dann einmal abgeschäumt und in Eimer, jetzt vorgeklärt durch bspw. ein Doppelsieb, abgelassen zu werden.

Eine Honigpumpe fand ich immer unnütz – bis ich dieses Jahr Honigmengen von einem Gerät ins andere bewegen musste, bei denen der Rücken irgendwann weh tut.
Wenn man einen Melitherm vor das Rührfass schaltet, dann muss der Honig aus dem Auffangbehälter des Melitherm (in meinem Fall ein 50 KG Abfüllkübel) ins Rührfass.
Jetzt kann man entweder alles portionsweise in einem Eimer ablassen und umschütten, oder man pump einfach um.
Ich bin so weit, dass ich umpumpen möchte.

Ein Beutenheber hat nur einen Zweck: Meinen Rücken vor irreparablen Schäden beim Wandern zu schützen. Ja, das Teil kostet 1000 EUR, aber mein Rücken, einmal kaputt, ist in Geld nicht aufzuwiegen. Insofern ist das ein lohnende Investition – und wandern muss ich, eine Standimkerei macht für mich keinen Sinn.

Dann brauche ich noch Ablegerkästen für Dadant und viele Honigräume plus Rähmchen für alles. Weil ich jetzt nicht mehr alles scheibchenweise kaufe, sondern gelernt habe, dass man am Besten alles auf einmal shoppt, muss dann eben eine Spedition kommen, weil da einfach größere Volumina verschickt werden.

Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Imkerei mal so aus dem Ruder läuft.
Vieles von dem, was ich heute als zwingend notwendig erachte, um alles am laufen zu halten, schien mir anfangs völlig übertrieben. Mittlerweile haben sich meine Maßstäbe allerdings völlig verschoben…