Chronische Bienen Paralysevirus – Hintergründe und Behandlungsoptionen

Ich möchte an dieser Stelle meine gesammelten Erfahrungen mit dem Chronische Bienen Paralysevirus (CBPV) darstellen, sowie meine Schlussfolgerungen daraus, plus der daraus sich ergebenen Behandlungsoptionen.

Wichtig: Ich möchte an dieser Stelle explizit darauf hinweisen, dass es sich hierbei nicht um wissenschaftlich überprüfte (und überprüfbare) Forschungsergebnisse handelt, ich erhebe nicht den Anspruch, universelle Lösungen zu CBPV anbieten zu können.
Es handelt sich hier um (gut) begründete Annahmen, aber aus Gründen der Sorgfaltspflicht sei darauf hingewiesen, dass Korrelation ungleich Kausalität sein kann.

CPBV Symptome

Symptome einer CBPV Infektion sind im Internet leicht zu finden: Erhöhter Totenfall vor den Beute, zitternde Bienen, Bienen mit schwarz-glänzendem Hinterleib, welcher oftmals noch verkürzt erscheint, mitunter auch massiver Totenfall auf dem Bodenbrett.

Es gibt aber auch ein abweichendes, subtileres Anzeichen, gerade zu Beginn einer Infektion: Wächterbienen “putzen”, “beknabbern” intensiv andere Bienen am Flugloch. Es wirkt nicht unbedingt aggressiv, zumal die geputzten Bienen keinerlei Abwehrverhalten zeigen. Die geputzten/erkrankten/betroffenen Bienen müssen dafür noch nicht die klassischen Krankheitsanzeichen zeigen.

CBPV Flugloch

Horizontale Ansteckung

Mit “horizontaler” Ansteckung ist hier die Ansteckung zwischen Völkern, innerhalb eines Standes, gemeint.

Mittlerweile habe ich immer wieder beobachtet, dass es selbst bei Reihenaufstellung Völker gab, welche nicht erkrankten. Rechts und links kam es mitunter zu massivem Totenfall vor den Beuten, aber mittendrin gab es ein Volk, vor dessen Flugloch so gut wie keine tote Biene lag. Trotzdem verbreitete sich das Virus nach und nach auf dem Stand, jedoch eben nicht in alle Kisten.

Verflug zwischen Bienenvölkern ist die Regel und die Anzahl der Bienen, welche in andere Völker einfliegen, ist je nach Aufstellung sehr hoch. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass es zu einem Austausch der Viren über den gesamten Stand kommt. Trotzdem konnte jetzt zum wiederholten Male beobachtet werden, dass nicht alle Völker eines Standes erkrankten.

Vertikale Ansteckung

Mit vertikaler Ansteckung ist hier die Ansteckung zwischen einzelnen Bienen eines Volkes gemeint.

Bienen stecken sich untereinander an. Je mehr Bienen Anzeichen für CBPV zeigen, um so schneller und deutlicher werden die Symptome in einer Beute sichtbar, inklusive Totenfall, zitternder Bienen etc. Das Bild eines Volkes kann sich binnen zwei bis drei Wochen massiv verändern.

Aber nicht alle Bienen eines Volkes infizieren sich mit dem CPBV Virus, bzw. erkranken.
Auch dann nicht, wenn sie über sehr lange Zeit, sehr eng miteinander zusammen leben – bspw. in der Wintertraube.

Die gängigsten Theorien zur Ansteckung mit CBPV sind: Körperkontakt oder durch fäkal-oralen Weg.

Zum Jahreswechsel 2021/2022 habe ich diverse Völker eingewintert, welche Anzeichen von CPBV zeigten.
Diese Völker hatten zwar einen stark erhöhten Tortenfall, im Vergleich zu anderen, nicht betroffenen Völkern, aber alle Völker haben überlebt und sind zwar geschwächt aber symptomfrei aus dem Winter gekommen.
Nach den Theorien zur Ansteckung mit CBPV hätten alle Bienen sich in der Wintertraube früher oder später anstecken müssen, um dann kurz darauf zu sterben. Alle betroffenen Völker hätten eigentlich im Winter zusammenbrechen müssen, taten es aber nicht.

Gängige Behandlungsoptionen

Was wird eigentlich so empfohlen, wenn es um CBPV geht?
Es gibt ein par Selbstverständlichkeiten, die in jedem Fall richtig sind: Das erkrankte Volk vom Bienenstand entfernen und auf einen Quarantänestand bringen, beispielsweise.

Aber was gibt es sonst noch?

Raum geben

Ein Tipp, über welchen man sehr häufig stolpert, lautet: Raum geben.
Indem man bspw. Honigräume aufsetzt, soll mehr Platz für die Bienenmasse geschaffen werden, die Bienen hocken nicht mehr so eng aufeinander, dadurch verringert sich die Ansteckungswahrscheinlichkeit.

Ich halte das für Unsinn. Im Brutnest herrscht trotzdem Enge, die Bienen geben gegenseitig Futter weiter, Stockbienen kümmern sich gerade um erkrankte Bienen und putzen selbige oder versuchen sie aus dem Nest zu drängen. Es findet also genug Kontakt statt, egal, wie groß der umgebende Raum ist. Der ganze Staatsaufbau eines Bienenvolkes ist zu jeder Jahreszeit auch rund um Körperkontakt in der einen oder anderen Form organisiert.

Das Holländische Modell

Ein Tipp, welchen ich erhalten habe, ist der des sogenannten “Holländischen Modells”. Das ist eigentlich die selbe Idee, die man auch bei drohnenbrütigen Völkern hin und wieder vorschlägt:

Man käfigt die Königin in der Beute und schlägt ansonsten das ganze Volk bei Flugwetter 20, 30 Meter von der Beute entfernt ins Gras.
Die Theorie dahinter besagt, dass die gesunden Bienen den Weg zurück in den Stock finden, die kranken jedoch zurückbleiben und somit aussortiert werden.

Nach meiner Beobachtung funktioniert das nicht. Auch Bienen mit Symptomen sind hinreichend orientiert, um den Weg zurück zu finden. Wenn man ein Volk dann beispielsweise auf einer großen Plane abschlägt, bleiben hauptsächlich die sehr jungen, nicht eingeflogenen, aber gesunden Pflegebienen zurück, nicht jedoch die Kranken, von ein paar wenigen schwerst erkrankten Individuen einmal abgesehen.

Auch diese Behandlung würde ich daher als ungeeignet verwerfen.

Mit Ameisensäure erkrankte Bienen zu Tode stressen

Jeder weiß, dass eine Ameisensäurebehandlung Stress für ein Bienenvolk ist. Mancher geht sogar so weit zu sagen, dass es sich hierbei um eine chemische Brutunterbrechung handelt, da die Belastung für ein Volk durch das Verdunsten der Säure so stark sein muss, dass die Königin aus der Brut geht.
Nur dann wäre ein Behandlungserfolg gegen die Varroamilbe gewiss.
Diesem Stress halten nur die gesunden Tiere stand, kranke Bienen sterben vorzeitig.

Und mit diesem Druck, so die Theorie, kann dann sehr schnell und sehr zuverlässig die Zahl der CBPV erkrankten Individuen gesenkt werden. Damit nimmt die Virenkonzentration im Volk rapide ab, die Krankheitssymptome verschwinden.

Diese Theorie halte ich für hinreichend plausibel, wenngleich ich selber bei Versuchen mit dem Schwammtuch keinen erhöhten Totenfall in den Beuten erfassen konnte. Aber bei meinem Versuchen mit dem Schwammtuch hatte ich auch vorher schon durch ein Verstellen der Beuten die meisten Flugbienen abgetrieben, also genau jene Teile der Population, die erfahrungsgemäß am Stärksten erkrankt ist. Insofern konnte die Ameisensäure mitunter so gut wie keine erkrankten Tiere mehr aussortieren, weil diese schon anderweitig aussortiert worden waren.

Auch ist es so, dass in meinem Umfeld nur sehr wenige Imker tatsächlich Erfahrungen mit CPBV haben, aber – im Gegensatz zu mir – dafür regelmäßig Varroabehandlungen mit Ameisensäure vornehmen. Anders ausgedrückt: Während ich möglichst ohne den Einsatz von Ameisensäure die Varroamilbe behandle (Stichwort: TBE) und sehr wohl viel CBPV gesehen habe, sieht in meinem Umfeld kaum einer das Virus, während dort flächig Ameisensäure verwendet wird. Vielleicht, so die wilde Theorie, behandelt man mit der Ameisensäure nicht nur gegen die Varroamilbe, sondern ungewollt auch gleich gegen CBPV?

Aber Vorsicht: Korrelation ungleich Kausalität!

Das Volk füttern und mit Brutwaben unterstützen

Sehr verbreitet ist auch die Aussage: CBPV kommt und geht von alleine. Eigentlich müsste man nichts unternehmen, irgendwann ist der Spuk auch wieder vorbei.
Daher, so eine Empfehlung, sollte man sich darauf konzentrieren, dass erkrankte Volk zu unterstützen, beispielsweise durch Futtergabe oder Zuhängen von Brut eines gesunden Volkes.

Das kann man machen, aber meines Erachtens löst das nicht das eigentliche Problem, sondern behandelt nur Symptome. Manchmal verschwinden CPBV Symptome wieder, aber möglicherweise ist die Infektion gar nicht vorbei, sondern nur so abgeebbt, dass sie mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Es ist eher ein Aussitzen, als ein aktiv behandeln.

Umweiseln!

Eine weitere Empfehlung ist – wie auch bei Kalkbrut – die Umweiselung.
Und um jetzt eine Abkürzung zu wagen: Tauschen Sie die Königin!

Warum ich glaube, dass dies die nachhaltigste Behandlungsoption ist, erläutere ich jetzt.
Dazu muss ich allerdings über zwei Jahre in die Vergangenheit zurückgehen, und Ihnen alles der Reihe nach erzählen.

Die Vorgeschichte

2020 habe ich bei einem Imkerkollegen Zuchtstoff umgelarvt und bin mit den daraus geschlüpften Weiseln zu einer Belegstelle gefahren.
Es war der Zuchtstoff genau einer Zuchtmutter (nennen wir sie die B1234) und damit war ich auf exakt einer Belegstelle (nennen wir diese einfach Schwanwerder 'schww', wo die Weiseln mit Drohnen der ausgedachten M6 angepaart wurden).
Die Namen der Zuchtmutter, der Belegstelle und der Drohnenlinie sind ausgedacht, aber wir brauchen sie später noch zum Pedigree malen.

Es war sicherlich eine schlechte Idee, alles auf eine Karte zu setzen, mit nur einer Herkunft auf nur eine Belegstelle zu fahren. Aber ich hatte nur begrenzt Zeit, mehrere Belegstellen passten da nicht rein, und die Zuchtmutter war hinreichend vielversprechend, und besser wusste ich es auch nicht.

Und nicht zuletzt: Wenn ich 25 “identische” Schwestern hätte, wäre das doch eine prima Selektionsbasis! So jedenfalls die Idee.

Diese 25 Schwestern (also ungefähr so: B{1...25} = .20 - B1234(FOO) schww M6(BAR), wurden dann im Spätsommer 2020 in ihre Zielvölker eingeweiselt, um im darauffolgenden Jahr nach Buckfast Kriterien (1 bis 6 und so) bewertet zu werden.

Der Winter ging rum, alle Völker kamen gut ins Frühjahr 2021 und die erste Gruppe, in der etliche – aber nicht ausschließlich – Schwestern aus dem B{1...25} Pool vorhanden waren, wanderten in den Raps, eine andere Gruppe, auch teilweise mit besagten Königinnen, in einen künftigen Obst- und Robinienstandort und wieder welche auf einen dritten, zusätzlichen Platz für das Bienenjahr. Alles hätte so schön werden können, bis dann Ende Mai 2020 zuerst am Rapsstand, und später dann auch an dem Obst-/Robinienstand sich seltsames Verhalten an den Fluglöchern zeigte. Plötzlich konnte ich die weiter oben beschriebenen Symptome an diversen Völkern beobachten, und weil ich dieses seltsame Verhalten das erste Mal beobachtete, war ich zunächst auch ratlos, was es damit auf sich hatte.

Nach einiger Recherche im Netz kamen dann CBPV oder die Waldkrankheit in Frage, und weil ich Teilnehmer im Deutschen Bienenmonitoring bin, ließ ich eine sogenannte Anlassbeprobung durchführen, welche dann eindeutig einen CBPV Befall der untersuchten Völker nachwies.

Recht schnell zeigte sich aber: Nicht alle Völker erkrankten gleich stark. Es gab Völker, die sehr schwer durch die Krankheit gezeichnet waren, und es gab Völker, die direkt daneben standen und gesund wirkten. Bei einem Blick auf die Stockkarte zeigte sich dann immer wieder, dass es insbesondere die Herkunft B{1...25} = .20 - B1234(FOO) schww M6(BAR) besonders schwer betroffen war. Von den 25 Völkern mit diesen Königinnen erkrankten ungefähr 20 sichtbar an CBPV, einige wenige schienen jedoch immun zu sein. Von den sonstigen Völkern, in denen gänzlich andere Königinnen vorhanden waren, zeigte ein Volk starke, alle anderen entweder nur leichte bis gar keine CBPV-Anzeichen. Hier sei aber erwähnt, dass die Anzahl der weiteren Völkern eben bei weitem nicht an die Zahl 25 heran reichte.

Ich hatte also viele Gelegenheiten, CBPV in all seinen Erscheinungsformen zu beobachten, und ich hatte viele Patienten, an denen ich die oben beschriebenen Behandlungsmethode ausprobieren konnte.

Diese Erfahrung war ausgesprochen frustrierend, weil ich niemanden fand, der mir wissenschaftlich fundierten Rat geben konnte, wie man dieser Krankheit beikommen könnte. Daher war ich auf die spärlichen Informationen aus dem Internet zurück geworfen, und auch die zuhause vorhandene Literatur brachte keine besseren Erkenntnisse.

Ich habe dann im Verlauf des Sommers 2020 einen Großteil der oben beschriebenen Behandlungsoptionen durchgetestet, insbesondere das Abtreiben der Flugbienen mittels verstellen, Umweiseln und das Stressen durch eine Varroabehandlung mit Ameisensäure.

Ich hatte im Sommer 2021 aus dem Pool B{1...25} zwei Königinnen ausgewählt, von welchen ich nachzog. Diese waren zwar nicht durch Bestnoten aufgefallen, aber sie hatten immerhin keine CBPV Anzeichen gezeigt, womit sie dann hinreichend qualifiziert erschienen. Diese Königinnen hießen B10 und B18, deren Töchter dann standbegattet wurden und später dazu verwendet wurden, Königinnen aus dem Pool B{1...25} zu ersetzen.

Im Herbst sah es dann so aus, als wenn alle Maßnahmen irgendwie Erfolg gezeigt hätten. Da jedoch manche Völker nicht nur mit einer Methode behandelt wurden, sondern mit bis zu zwei unterschiedlichen Varianten gleichzeitig (beispielsweise Flugbienen-abtreiben UND spätere Umweiselung), war eigentlich nicht zu sagen, was jetzt tatsächlich geholfen hatte.
Und dann waren da noch einige wenige Völker, die einfach durchgehend CBPV zeigten, auch noch im Oktober, als ich die Bienen in den Winter schickte.

Im Winter 2021/2022 hatte ich dann in Völkern einen Totenfall, wie ich ihn vorher noch nicht gesehen hatte, insbesondere bei jenen Einheiten, die im Herbst immer noch CBPV gezeigt hatten. Innerlich stellte ich mich darauf ein, diese Völker abschreiben zu müssen, aber da Bienen einen immer wieder überraschen können, musste ich im Frühjahr 2022 erfreut feststellen, dass die Völker zwar etwas schwach, aber im großen und ganzen gesund und munter aus dem Winter kamen, und erfreulicherweise die CBPV Symptome verschwunden waren!

Im Frühjahr 2022 stellte sich die Situation so dar, dass aus dem Pool B{1...25} nur noch wenige Königinnen vorhanden waren, u.a. die B10 und die B18, sowie eine B12, die völlig immun zu sein schien (aber hier nicht weiter behandelt wird, weil von ihr nicht vermehrt wurde. Allerdings blieb sie auch 2022 immun), und dass ansonsten noch eine Carnica Linie eines benachbarten Züchters und Töchter der B10 und B18 vorhanden waren.

Eigentlich hätte ja jetzt alles gut werden müssen. Aber naja…

Genetische Prädisposition

Es gab also eine ganze Reihe Töchter, die ich von meiner B10 und meiner B18 gezogen hatte, und die nun in die Saison 2022 starteten. Und diese beiden Zuchttiere hatten ihrerseits die selbe Mutter, B1234(FOO). Das Pedigree sah also für beide Zuchtmütter so aus:

  • B10 = .20 B1234(FOO) schww M6(BAR)
  • B18 = .20 B1234(FOO) schww M6(BAR)

Auf dem Papier absolut identisch, richtig.
Die daraus entstandenen Töchter wurden allesamt standbegattet. Daher kann hier zur Vaterseite nichts gesagt werden. Also gab es zwei Gruppen, die jetzt relevant wurden:

Bx = .21 B10 x ? und By = .21 B18 x ? die ich künftig einfach B10-F1 und B18-F1 nennen werde.

Im Juni dann erkrankten zur gleichen Zeit wieder Völker an CBPV, nicht so stark wie im Vorjahr, aber für das geübte Auge durchaus erkennbar. Das einzige Volk, welches jetzt so schwere Symptome zeigte, dass auch die Leistung einbrach, war dann die Zuchtmutter B18.

Ihre Schwester, die B10, stand direkt neben der B18 und – Überraschung – erkrankte nicht!

Das war fast zu schön, um wahr zu sein, denn jetzt konnte geprüft werden, wie sich ihre Töchter verhalten würden, und siehe da: Von den B18-F1 erkrankten rund 2/3 der Völker, über alle Stände hinweg, von den B10-F1 etwa nur 1/3, und das auch deutlich schwächer (genauer gesagt, musste man schon sehr genau hinsehen, um kranke Tiere zu finden, aber sie waren da).

Der Totenfall vor den Fluglöchern der B18-F1 war deutlich größer als vor den B10-F1 Beuten, die Honig-Leistung der B10-F1 ließ nicht erkennbar nach, die B18-F1 sehr wohl.

Es zeichnete sich recht deutlich ab, dass die Herkunft/Anpaarung der Königin, und damit die Genetik der Arbeiterinnen, eine Rolle spielt, wenn es um die Ausbildung einer CBPV Symptomatik geht. Diese Annahme wurde auch dadurch gestützt, dass die Carnica Linie des benachbarten Züchters (ganz andere Genetik) ebenfalls entweder gar nicht oder nur sehr schwach CPBV erkrankte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es auch Verflug sein kann, der erklären würde, warum manche Völker überhaupt (sehr schwache) Symptome zeigten.

Die Unterschiede in den Geschwistergruppen


Wenn wir also davon ausgehen, dass die Genetik bei der Erkrankung an CBPV eine Rolle spielt, so bleibt festzustellen, dass ja nicht alle Arbeiterinnen in einem Volk die gleiche Abstammung haben, da sich die Königin mit mehreren Drohnen gepaart hat und so unterschiedliche Geschwistergruppen in einem Volk vorhanden sind.

Dass es sich so verhält, konnte ich aufgrund eigener Nachlässigkeit dann sehr gut nachvollziehen.

Mitte Mai 2022 erstellte ich einen Adamstarter zur Pflege von Weiselzellen.
Für diesen Adamstarter sammelte ich Brutwaben unterschiedlicher Völker zusammen und verstärkte das Ganze noch mit sehr vielen Bienen diverser schwarmfreudiger Miniplus Einheiten. Was ich dabei aber übersah: Manche Einheit, die Bienen und Brutwaben spendete, zeigte bereits CBPV Symptome, bzw. muss sie gezeigt haben, denn als ich 9 Tage später zwecks Zellenbrechen den Starter wieder öffnete, war das CBPV nicht mehr zu übersehen. Was für ein Desaster!
Ich beschloss aber trotzdem, den Anbrüter zu verwenden, larvte um und gab einen Zuchtrahmen. Überraschend war, dass die Annahme zunächst bei über 80 % lag, aber als ich die Zellen später verschulen wollte, waren nicht mal mehr 50 % der Zellen zu Ende gepflegt worden.

Nachdem also ein Großteil der Zellen in den Brutschrank gebracht worden war, teilte ich den Adamstarter in Ableger auf, und gab jedem Ableger eine Zelle mit.

Dabei wurde offensichtlich, dass nicht alle Bienen gleichermaßen erkrankten: Da ich für diesen Anbrüter Bienen unterschiedlicher Herkünfte verwendet hatte (also Buckfast- und Carnica Herkünfte gleichermaßen), sahen die Bienen auch schon vom Farbkleid her sehr unterschiedlich aus. Die einen hatten deutlich mehr orangene Ringel als die anderen.

Und dabei fiel dann sehr deutlich auf, dass die Bienen mit den orangenen Ringeln viel häufiger Krankheitszeichen zeigten, als jene, die nur grau waren, und damit einer anderen Herkunft zuzurechnen. Das Verhältnis lag dabei irgendetwas um 4 zu 1 – auf vier kranke orangene Bienen kam eine graue.

Ich hatte unbeabsichtigt ein Experiment gestartet und dabei ein Volk mit Geschwistergruppen unterschiedlichster Herkünfte erstellt. Und nun zeigte sich, dass trotz massiver Enge, in einer mit Bienen vollgepfropften Kiste nicht alle Bienen gleichermaßen erkrankten, sondern dass man schon anhand äußerer Merkmale Prognosen dazu abgeben konnte, wer erkranken würde und wer nicht.

Von den aufgeteilten Ablegern, musste die Hälfte später aufgelöst werden, weil die Königin nicht begattet wurde, die Zelle nicht schlüpfte oder weil die erkrankten Bienen nichtmehr in der Lage waren, ausreichend Brut aufzuziehen und sich damit selbst zu heilen.

Die andere Hälfte jedoch gedeihte letztendlich und wuchs zu einwinterungsfähigen Ablegern heran – ohne weitere CBPV Symptome.

Meine CBPV Behandlung in 2022

Ich hatte nicht die Zeit und nicht die Ressourcen, großen Aufwand mit an CBPV erkrankten Völkern zu betreiben, zumal sich im laufe der Saison die Theorie verfestigte, dass die Genetik entscheidend ist. Um diese Theorie zu testen, war also das Umweiseln von kranken Völkern die logische Konsequenz.

Im Frühjahr hatte ich einen gewaltigen Miniplus Brutsammler erstellt, bestehend aus 72 Mini Plus Waben, die allesamt übrig geblieben waren, nachdem ich die Königinnen aus diversen Minis genommen hatte. Dieser Brutsammler schaffte es nicht, sich eine Weisel nachzuziehen, und als ich nach vier, fünf Wochen einen Blick in das Volk warf, waren zwar alle Brutwaben geschlüpft, die Kiste voller Bienen, aber schon auf den ersten Blick war das typische große Zittern zu erkennen. Zwei weitere Wochen unternahm ich nichts, weil ich keine Zeit, keine Lust, keine Ahnung hatte, was ich tun sollte. Als ich wieder in das Volk schaute, war es schon deutlich dezimiert, es waren gefühlt nur noch zittrige Bienen vorhanden, was letztlich zu dem Entschluss führte, eine Schwefelschnitte zu holen, und dem Elend ein schnelles Ende zu bereiten – der Anblick war einfach nicht mehr zu ertragen.
Als ich dann mit dem Feuerzeug vor der Kiste stand, fiel mir ein letztes anderes Mini Plus ins Auge, welches nur noch da stand, weil die Königin zu garstige Arbeiterinnen hervor brachte, ich also besagte Queen bisher hatte nicht verwendet wollen.

Weil ich es also nicht übers Herz brachte, das kranke Volk zu keulen und ich ein Völkchen übrig hatte, dass ich doof fand, holte ich die doofe Königin aus dem einen Volk, ließ sie über das Flugloch einlaufen und vergaß diese Kiste für die kommenden Wochen.

Im Laufe des späten Mai und des Juni erstellte ich diverse Ableger mit unbegatteten Königinnen meiner Züchterkollegen Bernd Pflugrad und Ron Runge. Dazu noch einige Apideas. Insbesondere diese Apideas wurden alsbald zu eng, und so mussten die Königinnen raus und woanders rein. Wie der Zufall es wollte, hatte ich ja diverse Völker, die meiner Theorie nach eine neue Genetik gut vertragen könnten, und so weiselte ich diverse Völker, welche CBPV zeigten, mit neuen Königinnen um.

Dazu gehörte auch eine Kiste namens B5, Anfang 2022 ebenfalls noch mit einer der Schwestern aus 2020 unterwegs, im Herbst 2021 noch mit CBPV in den Winter geschickt, nach der Auswinterung 2022 etwas schwach und alsbald im Mai dann wieder mit Symptomen. Dieses Volk kam nicht mehr in Schwung, woraufhin ich dann ca. Ende Juni die Königin tauschte. Zur gleichen Zeit musste die alte Zuchtmutter B18 weichen, ebenso wie diverse ihrer Töchter.

Bei allen Völkern, bei denen ich die Königinnen tauschte, ließen die CBPV Symptome mit der Zeit nach. Nur bei der B5 stellte sich zunächst keine Besserung ein. Allerdings musste ich dann feststellen, dass dieses Volk einen zu hohen Varroabefall hatte, und nachdem ich mit einer späten TBE Anfang August samt Oxalsäurebehandlung die Milben entfernt hatte, verschwanden auch die CBPV Anzeichen binnen drei bis vier Wochen.

Mitte August kam ich schließlich auch auf jenes Mini Plus Volk zurück, welches ich schon hatte abschwefeln wollen, und öffnete es das erste Mal seit Mitte Juni. Zu meiner Überraschung hatte es sich vollständig erholt, Reserven angelegt und eine zwar etwas lebhafte und griffige Population, aber immerhin kein offensichtliches CBPV mehr. Als Varroabehandlung schlug ich es dann noch spät auf Dadant, gab einmal Oxalsäure und fütterte es auf, ohne das es weitere Zwischenfälle gegeben hätte.

Es ist eigentlich dieses spezielle Volk, welches mich in der Annahme bestärkt, dass eine Umweiselung die vielversprechenste Behandlungsoption ist, wenn es um CPBV geht, wobei sichergestellt sein muss, dass es sich um eine brutfreudige Königin handelt, und dass die äußeren Bedingungen günstig sind (Futter- und Pollenversorgung, genug Wärme, sodass auch schwächere Völker im Zweifelsfall größere Brutflächen fertig pflegen können). Es schien unrettbar erkrankt, und ich tat nichts weiter, als die Königin zu tauschen, woraufhin es wieder auf die Beine kam.

Meine aktuellen Theorien – kondensiert

Es muss an dieser Stelle ausdrücklich vorausgeschickt werden: Es handelt sich hierbei um Theorien! Ich kann und werde nicht so tun, als wenn meine Arbeit rund um CBPV wissenschaftlichen Ansprüchen auch nur im Ansatz genügen würde. Trotzdem kann ich natürlich begründete Annahmen aufstellen, und diese zur Diskussion stellen. Nicht mehr und nicht weniger mache ich hier, und trotzdem bleibt immer noch der finale Hinweis: Korrelation bedeutet nicht Kausalität. Trotzdem fasse ich jetzt meine Beobachtungen wie folgt zusammen:

  • Es gibt einen starken Einfluss der Genetik, ob ein Volk an CBPV erkrankt oder nicht.
  • Der genetische Einfluss bricht sich bis auf die Geschwistergruppen runter: Nicht alle Bienen eines Volkes sind gleichermaßen anfällig, es gibt auch in einem erkrankten Volk mitunter Geschwistergruppen, die immun sind. Das würde erklären, warum erkrankte Völker über den Winter scheinbar gesunden – die anfälligen Geschwistergruppen sterben weg, neue anfällige Individuen werden im Winter nicht geboren, im Frühjahr sind zunächst nur die resistenten Geschwistergruppen noch vorhanden.
  • Diese Theorie wird dadurch befeuert, dass es an stark befallenen Ständen auch immer resistente Völker gibt, die sich aber über Verflug hätten anstecken müssen.
  • Wenn man also die Genetik tauscht, bestehen gute Heilungschancen, solange das Volk noch in der Lage ist, Brut aufzuziehen.
  • Diese Annahme wird damit gerechtfertigt, dass alle meine betroffenen Völker nach einer Umweiselung symptomfrei wurden, ohne das ich weitere Maßnahmen ergriffen hätte.
  • Das Problem: Wenn eine Linie noch nie mit CBPV in Kontakt gekommen ist, kann man über ihre CBPV Resistenz keine Aussage treffen. Das kann züchterisch ein Problem sein.
  • Eine CBPV Erkrankung kann leicht übersehen werden. Es gibt unterschiedliche Abstufungen im Krankheitsbild, mancher mag eine Erkrankung mit der Waldkrankheit oder Schwarzsucht verwechseln. Es gibt auch meines Erachtens sehr milde Verläufe, bei denen kaum zitternde Bienen zu finden sind (oder jene ohne Haarkleid), und bei denen der einzige Hinweis das intensive “Beknibbeln” erkrankter Bienen am Flugloch ist. Ich halte es für denkbar, dass auch erfahrene Imker eine CBPV Erkrankung übersehen oder falsch deuten könnten, erst recht dann, wenn man bisher damit keine Erfahrung hat sammeln müssen.
  • Gerade Züchter müssen dringend in die Lage versetzt werden, in ihren Zuchtlinien CBPV zu erkennen. Es ist denkbar, dass auch anerkannte Züchter mangels Erfahrung CPBV nicht sofort erkennen. Es wäre aber wichtig, dass gerade Züchter anfällige Linien erkennen und ausselektieren.
  • Eine züchterische Bearbeitung hinsichtlich CBPV Resistenz sollte recht einfach sein, wenn man denn eine Möglichkeit findet, diese Eigenschaft plausibel zu testen. Es gibt sicherlich sehr viele Herkünfte, die resistent sind – insofern sollten sich hier deutlich schneller Erfolge erzielen lassen, als beispielsweise bei der VSH/VSB Selektion.
  • Die oftmals als mögliche Heilungsmethoden ins Spiel gebrachten Verfahren (Raum geben etc.) funktionieren nicht.
  • Gestützt wird diese ganze Genetik-Theorie auch dadurch, dass man mittlerweile davon ausgeht, dass der Verlust an Bienenvölkern im England des frühen 20. Jahrhunderts nicht etwa auf Tracheenmilben zurückzuführen sei, sondern auf CBPV. Bruder Adam, der in der Folge in der Buckfast Abtei jene berühmte, gleichnamige Biene erzüchtete, die nicht mehr an der mysteriösen “Isle of Wight Desease” erkrankte, selektierte also keinen Tracheen-resistenten Stamm heraus, sondern vielmehr einen CBPV resistenten. Und das schaffte er auch vergleichsweise schnell. Insofern wäre ich also optimistisch, wenn es darum geht, CBPV wieder zurück zu drängen.

Vielleicht fallen meine Theorien zu einem späteren Zeitpunkt zusammen – gut möglich!
Trotzdem mag dieser Artikel dem einen oder anderen Anregungen geben, wie er oder sie bei eigenen Erfahrungen jetzt handeln könnte.

Ich glaube nicht, dass ich mit dem Thema schon komplett durch bin. Aber wir werden sehen, wie sich das in Zukunft entwickelt. Ich werde berichten…