Der Populismus des Torben Schiffer

Aktuell ist er wieder in aller Munde, der Torben Schiffer. Er hat in „Imkern Heute“ einen sehr langen Artikel veröffentlicht, der mit „Der wahre Preis des Honigs – Artenschutz für Honigbienen“ überschrieben ist.

Dieser Artikel hat – nun ja – ein „kontroverses“ Echo hervorgerufen.
So gab es eine eher emotionale, fast schon polemische Gegenrede von Stefan Mandl, seines Zeichen Chef des Erwerbsimkerbundes in Österreich, es gab eine betont sachlich-fachliche Erwiderung von Bernhard Heuvel, der Vizepräsident des DBIB ist, und auch Jürgen Binder, der kurz vorher Herrn Schiffer eine Bühne auf seinem YouTube Kanal geboten hatte, fand ein paar interessante Worte.

Dabei ist Binder (ausgerechnet!) der einzige, welcher den für mich entscheidenden Punkt bei Torben Schiffer streift, nämlich seinen Populismus – oder genauer gesagt: Die Schiffersche Methode der Desinformation, der alternativen Fakten, der Wissenschaftsfeindlichkeit, der Übertreibung bis hin zur pauschalen Diskreditierung einer bestimmten Gruppe Menschen.

Er, Torben Schiffer, bespielt die gleichen Werkzeuge der Kommunikation, wie es auch aktuelle politische Strömungen tun, beispielsweise aus dem Neurechten Spektrum, nur das sein Feind nicht ethnische Minderheiten oder die Demokratie an sich sind, sondern die konventionellen Imker, die Verbände und die Institute, und eben die konventionelle Bienenhaltung überwunden werden soll. Und dazu ist ihm so ziemlich jedes Mittel der Propaganda recht.

Daher wird sich dieser Artikel nur am Rande mit den fachlichen Einlassungen des Herrn Schiffer befassen – der Schwerpunkt liegt auf seiner Kommunikationsstrategie, denn das ist viel spannender – und bisher von niemandem so richtig betrachtet worden.

Warum der Begriff „Populismus“?

Eigentlich passt der Begriff ja nicht, weil er in der politischen Auseinandersetzung zuhause ist, und nicht in der Wissenschaft, in der Landwirtschaft oder der Imkerei. Außerdem leitet er sich vom lat. Begriff populus, das Volk ab – und auch wenn es um das „Bienenvolk“ gehen könnte, so meint der Begriff Populismus doch etwas anderes.

Aber der Begriff passt deshalb als Analogie so gut, weil in der politischen Auseinandersetzung immer dann von Populismus die Rede ist, wenn ein Akteur seine Agenda auf einem „wir gegen die“, „das Volk gegen die Eliten“, „die Sehenden gegen die geheime Verschwörung“ aufbaut, und seine Unterstützer auf eben jene Erzählung einschwört.

Und genau so arbeitet Torben Schiffer. Er hat eine Erzählung, und diese ist nicht freundlich.

Strategie 1: Bullshit Flooding*

Vermutlich gibt es diesen Begriff nicht, aber er beschreibt eine oft zu beobachtende Strategie, die seitens Populisten zur Grundausstattung gehört:
Flute die Kommunikation mit so viel kontroversem Unsinn wie möglich!

Man muss verstehen, dass Populisten kein Interesse an einem sachlichen Diskurs haben. Das Ziel ist immer die Zerstörung des Diskurses, weil der Populist weiß, dass seine Argumente, seine Ziele, seine Ansichten in einer sachlichen Debatte nicht bestehen können, weil sie auf Lügen, Übertreibungen, alternativen Fakten und Märchenerzählungen beruhen.
Und eine Möglichkeit, die sachliche Debatte zielgerichtet zu zerstören, ist es, sie mit so viel Unsinn zu fluten, dass der Diskussionsgegner nicht mehr weiß, wo er anfangen soll, diesem Unsinn mit Argumente zu begegnen.
Es ist schlicht unmöglich, in einer Debatte dann genug Raum einzunehmen, um all den Quatsch Punkt für Punkt auseinanderzunehmen – so lange reicht niemals die Aufmerksamkeit des Publikums, so lange reicht niemals die Zeit.

Das weiß auch Torben Schiffer, zumindest instinktiv, und so schreibt er derart lange Artikel, die so vollgestopft sind mit Halbwahrheiten, aus dem Zusammenhang gerissenen Fakten, wilden Annahmen und Behauptungen, dass beispielsweise ein Dr. Mandl in seiner Erwiderung irgendwann verzweifelt die Arme hoch reißt und zugibt, er habe sich das alles nicht mehr bis zum Ende geben können, er hat irgendwann einfach kapituliert.
Und entsprechend hilflos wirkt dann auch seine Auseinandersetzung mit Schiffers Thesen.
Schiffer erreicht damit ein wichtiges Ziel: Irgendetwas von seinen Thesen wird hängen bleiben. Und der Gegner schafft es nicht, sie zu entkräften, im Gegenteil – das Argumentieren gegen Schiffer muss immer bemüht und krampfhaft wirken, denn man kann seinen gefühlt „einfachen Wahrheiten“ nicht gefühlte einfache Argumente entgegen setzen. Die echte Realität ist komplizierter als seine erfundene.
Torben Schiffer überrollt einen Stefan Mandl, seines Zeichen Präsident des Erwerbsimkerbundes in Österreich einfach mit einer Lawine aus kontroversem Unsinn, bzw. Mandl schafft es nicht, alles aufzukehren, was Schiffer im vor die Füße wirft.
Bullshit-Flooding.

„*“ – ein aufmerksamer Leser hat mich darauf hingewiesen, dass es dafür sehr wohl einen Fachterminus gibt: Gish-Galopp
Danke dafür!

Strategie 2 : Die Erzählung vom Underdog gegen die Eliten

Auf der ersten Seite seines Artikels für „Imkern heute“ baut Torben Schiffer zum Einstieg schon eine schöne Geschichte auf, in der es um „das Establishment“, die „etablierte Imkerlobby“ oder „Funktionäre der Nutztierhaltung“ geht, die sich gegen die Biene und vor allem gegen ihn und seine Anhänger verschworen haben.
„Funktionäre der Nutztierhaltung lehnen eine offene und sachlich auf der Fachebene geführte Diskussion oftmals ab.“, schreibt er – und deswegen „wird es Zeit, die etablierte Imkerlobby auf den Prüfstand zu stellen und ihr Weißblütenimage auf Sachbasis von der Realität zu trennen.“ (häh?)

Damit nicht genug, es gibt einen Absatz auf jener ersten Seite des Artikels, der fast schon ins Verschwörerische abzugleiten droht:

Am Ende geht es nicht um die Bienen
selbst, sondern um das Geschäft.
Die Imkervereine wollen Mitglieder
akquirieren und Gehälter bezahlen,
die Equipmentverkäufer wollen
zahlreiche Werkzeuge verkaufen, die
Reinzüchter ihre vermeintlich sanften
Hochleistungsbienen, die Pharmazie
ihren Medikamentenkatalog und
selbst die staatlichen Bienenforschungsinstitute bekommen ihre
Fördergelder, um die zahlreichen Probleme rund um die Honigbienen in
Beuten „zu erforschen“ und Lösungen
zu präsentieren. All diese Institutionen
verdienen ihr Geld im jetzigen System.
Letztendlich bestimmen wenige
Einzelpersonen die flächendeckenden
Ausbildungsinhalte und Umgangsweisen mit den Bienen in der Imkerei

Da ist alles dabei, was das Verschwörungstheoretiker-Herz begehrt: Eine heimliche Elite von Entscheidungsträgern, verwobene Netzwerke, die im Verborgenen an einem geheimen verwerflichen Ziel arbeiten, Big-Pharma, Geldgier – einfach alles.
Es fehlt nur noch ein geheimer Informant, der „Q“ heißt, und irgendetwas mit Kindern, deren Blut getrunken wird – wobei Schiffer in der Folge nicht Kinder als Opfer stilisiert, sondern eben die Bienen. Aber die Verschwörungserzählung lacht den Leser fröhlich an.

Schiffer umreißt auf der ersten Seite sehr klar die Parteien:
Auf der einen Seite die Bieneninstitute, die Erwerbsimker, der Imkerbedarfshandel, die Imkervereine, die konventionellen Imker – diese Gruppe gehört zum Team „Elite“ oder „Establishment“.
Auf der anderen Seite er, seine Anhänger, und vor allem – ganz wichtig – die verführten, eigentlich gutmeinenden Imker, die Opfer dieser Verschwörung des Teams „Elite“ sind, und um deren Seelen jetzt der Kampf geführt werden muss.
Diese Gruppe gehört zum Team „Schiffer“, und er versteht dieses Team als eine „Bewegung“, und Bewegungen haben immer etwas gemeinsam: Sie sind die Underdogs, die sich gegen „die da oben“ auflehnen.

Darum baut Torben Schiffer jetzt seine Erzählung auf, von ihm, dem Underdog, und den seinen – gegen die Eliten, gegen das Establishments.

Alles, was jetzt folgt, speist sich aus diesem Narrativ. Dieses Narrativ dient der emotionalen Aufladung seines Anliegens, denn letztlich konstruiert er eine schwungvolle „Gute gegen Böse“ Geschichte, und so etwas verfängt, gerade bei einem Publikum, welches nicht unbedingt vom Fach ist.
Emotionen funktionieren viel einfacher als Fakten. Und darauf baut Torben Schiffer.
Fakten sind für ihn nicht unbedingt relevant (dazu später mehr) – ihm geht es ums Narrativ.

Strategie 3: Selektive und alternative Fakten plus Confirmation Bias

Mir ist es nicht gelungen, im Netz auch nur eine Veröffentlichung von Torben Schiffer zu finden, die wissenschaftlichen Standards genügt – beispielsweise durch das Vorhandensein von Peer Reviews. Stattdessen findet man sehr viele Behauptungen, die er publiziert, und die er dann mit Kronzeugen versieht. Das ist eine ziemlich interessante Vorgehensweise:

Eine seine populärsten Erzählungen ist jene vom Bücherskorpion, welcher die Varroamilbe bekämpfen könne.
Man kann fast behaupten, diese großartige Erzählung hat ihn seinerzeit in der Imkerszene bekannt gemacht. Der Bücherskorpion sei ein mit dem Bienenvolk in Symbiose lebendes Spinnentier, welches aktiv Varroamilben jage.
Hier wurde dann eine grundlegende Schwäche in der Schifferschen Forschungsweise sichtbar, nämlich der sogenannte Confirmation Bias, der Bestätigungsfehler.

Er konnte etwas Interessantes beweisen: Ein Bücherskorpion erlegte in einer Petrischale eine Varroamilbe. Daraufhin behauptete er, dass Bücherskorpione auch im Bienenstock Varroamilben jagen würden, allerdings nur, wenn diese Bienenbehausung bestimmten, natürlichen Bedingungen entspräche.
Letztlich erweckte er in seinen Einlassungen den Eindruck, dass der Bücherskorpion in der richtigen Beute konventionelle Varroabehandlungen ersetzen könne. Just zu jener Zeit konnte man dann auch Bücherskorpione im Internet käuflich erwerben – zu Preisen, bei denen die Spinnentiere vermutlich in Gold aufgewogen wurden.

Das Problem war nur: Nirgendwo war eine Untersuchung zu finden, die a.) wissenschaftlichen Standards standhalten konnte und b.) dabei bewies, dass die Kombination aus Beute und Skorpion eine wirksame Varroadezimierung und damit ein Überleben eines Bienenvolkes sichern konnte.
Schiffer pickte sich jene Fakten raus, die seiner Grundthese entsprachen, und ignorierte einfach alles, was seiner These hätte widersprechen können. Daraus schuf er dann einen alternativen Fakt: Der Bücherskorpion sei wirksam gegen die Varroamilbe. Nirgendwo finden sich Hinweise auf vernünftige Versuchsaufbauten, die seine These erhärten oder hätten widerlegen können, nirgendwo auch nur eine Kontrollgruppe…

Jetzt holte sich Schiffer aber einen Kronzeugen für seine These. So schrieb Prof. Jürgen Tautz in einem Buch von Schiffer über den Bücherskorpion u.a.:

Der Bücherskorpion ist ein wunderbares Beispiel für die (Wieder-) Entdeckung eines Bienennützlings, dem es durchaus gelingen kann, in der Bienenhaltung als Verbündeter im Kampf gegen die Varroa-Milbe und weiterer ungern gesehener Mitbewohner in Bienenstöcken wirksam zu werden. Das vorliegende Buch stellt diese Facette umfassend vor und bietet eine ausgezeichnete Basis für alle, die sich für diesen hochspannenden Ansatz einer biologischen Schädlingsbekämpfung interessieren.

Tautz schreibt lediglich, dass der Bücherskorpion eine interessante Facette zur Varroabekämpfung sein kann, nirgendwo behauptet er, dass der Skorpion diese Hoffnung objektiv auch erfüllt. Denn dafür gab keine belastbaren Daten. Aber es steht eben der Name „Tautz“ im Vorwort der Veröffentlichung, und wer nicht so genau liest, der liest eben nur den Namen und dass da wohl etwas dran sein kann, was jetzt in dem Büchlein steht.

Er macht das gleiche auch mit dem international angesehenen Wissenschaftler Dr. Tom Seeley. Dieser hat ihm offenbar irgendwann mal eine Mentorschaft angeboten, nachdem man gemeinsam bei einer Veranstaltung Vorträge gehalten hatte. Dieser Umstand wird auch prominent auf Schiffers Webseite erwähnt, aber der wissenschaftliche Mehrwert, der daraus hätte entstehen können, bleibt völlig im Dunklen. Nur hat der Name Seeley in der Szene einiges Gewicht – und dieses Gewichtes bedient sich Schiffer eben, indem er den Eindruck erweckt, dass es da ein enge Form der Zusammenarbeit gibt. Ein von Tom Seeley ge-peer-reviewtes wissenschaftliches Papier konnte ich bisher jedenfalls nicht finden.

Ein aktuelleres Beispiel für alternative Fakten und Confirmation Bias ist seine jüngste Erfindung – eine sogenannte Baumhöhlensimulation namens „SchifferTree“
Sein aktuelles Wirken scheint darauf ausgerichtet, dieses Bienenmöbel zu bewerben und mit allerlei Wundereigenschaften auszustatten. Und es ist die Basis für seinen Frontalangriff auf die konventionelle Imkerei.

Die Behauptung: Wenn eine Bienenbehausung nur nah genug an der natürlichen Bienenwohnung „Baum“ ist, dann lösen sich nahezu alle Probleme, mit denen die Biene heutzutage zu kämpfen hat, in Wohlgefallen auf.
Ein wichtiger Punkt dabei: Er belässt es nicht dabei, den nach ihm selbst benannten Pseudo-Baum mit besonders guten Eigenschaften zu bewerben – vielmehr dient er insbesondere als Hebel, die herkömmliche Bienenhaltung frontal anzugreifen und als tierquälerisches Ausbeutungsszenarium zu beschreiben.

Wenn man dann die Webseite besucht, auf welcher Schiffer seinen SchifferTree bewirbt, dann findet man viele Behauptungen, was die Behausung alles können soll, nur eben keine überprüfbaren Daten. Auch hier schafft er wieder alternative Fakten – schlichtweg durch Behauptung, befreit von der Last der Realität.

Insgesamt kann man sein „wissenschaftliches“ Wirken damit umschreiben, dass er gerne auf technische Spielereien wie Wärmebildkameras zurückgreift, hochauflösende Bilder von Milben schießt, auffallend viele Kabel in Bäume steckt, um anschließend aus den so gewonnen Daten Rückschlüsse zu ziehen, die zum einen sehr spannend klingen und sich gut für Vortragsreihen eignen, und zum anderen aber erhebliche Mängel in der Plausibilität aufweisen.
Der Trick dabei ist immer, Fakten zu nehmen, und diese in der gewünschten Weise zu interpretieren. Wenn er zum Beispiel wild lebende Bienenvölker nachweisen kann, so interpretiert er das ganz grundsätzlich so, dass diese Völker jetzt in ihrem natürlichen Habitat leben, alle gesund, ohne Milben und ohne Probleme behaftet sind, wie die von ihm so geschmähten konventionell gehaltenen Bienenvölker in der Hand des Imkers.
Aber das ist eben nur eine These – würde er das wissenschaftlich beweisen wollen, bräuchte es plausible Versuchsaufbauten, und ein Minimum dabei wären Kontrollgruppen.

Seeley hat es vorgemacht, wie man ergebnisoffen mit Bienen in freier Wildbahn forscht.

Schiffer selber kümmert es wenig, denn Forschungsergebnisse, die nicht in seine Erzählung passen, werden einfach ignoriert.
Oder am besten gleich beiseite gewischt:

Strategie 4: Wissenschaft negieren, oder „Der gesunde Menschenverstand!“

Gerade in Zeiten der Corona Pandemie sind sie überall zu finden – jene Leute, die Wissenschaft immer dann ablehnen, wenn die Erkenntnisse derselben nicht ihrem Weltbild entsprechen. Sie nennen sich dann „Querdenker“, und nicht selten beschreiben sie ihren Unwillen, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen, mit den Worten „Die Wissenschaft weiß auch nicht alles!“, oder „Das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand, dass das so nicht sein kann!“

Umso überraschender, dass ein selbsternannter „Bienenforscher“, der als Wissenschaftler ernst genommen werden will, nun in die gleiche Kerbe haut.

So zitiert Schiffer die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung, welche Ergebnisse zu Untersuchungen zur Nahrungskonkurrenz zwischen Honig- und Wildbiene wie folgt zusammenfassen:

Neuere Untersuchungen kommen
ebenfalls zu dem Schluss, dass die
Gegenwart von Honigbienenvölkern
das Vorkommen von Wildbienen nicht
gefährdet. Daraus kann geschlossen
werden, dass Honigbienen – zumindest
in ihrem angestammten Verbreitungsgebiet – keine Gefahr für Wildbienen
darstellen. In den natürlichen Verbreitungsgebieten kann von einer evolutionär eingespielten Koexistenz zwischen
Honigbienen und Wildbienen ausgegangen werden.

Diese Aussage kommentiert er daraufhin wie folgt:

Die hier aufgeführten Interpretationen offenbaren, dass Wissenschaft
nicht nur der Schaffung von Wissen
dient, sondern auch dazu führen
kann, dass der gesunde Menschenverstand relativiert wird.

Man weiss gar nicht, was man auf so eine Einlassung entgegnen soll. Jemand, der sich selbst als Wissenschaftler versteht, negiert Wissenschaft durch Bauchgefühl, oder etwas so willkürlichem, wie dem Gesunden Menschenverstand.
Schiffer lässt nicht nur jene Erkenntnisse aus der Forschung oder praktischen Imkerei weg, die seinen Argumenten zuwider laufen könnten, nein, er wischt Dinge, die ihm nicht in den Kram passen einfach mit dem „Gesunden Menschenverstand“ beiseite.
Was nicht ins eigene Weltbild passt, wird negiert.

Man übertreibt nicht, wenn man feststellt, dass so Populisten arbeiten.

Strategie 5: Belastbare Fakten missbrauchen, um alternative Fakten zu stützen

Ein recht eleganter Kniff ist es, den eigenen Unsinn Plausibilität zu verschaffen, indem man belastbare Fakten nimmt, und diese in den Kontext der eigenen Sache stellt, auch wenn sie dort überhaupt nicht passen.

Schiffer macht das mit dem Insektensterben. So schreibt er:

In einigen Regionen in Deutschland zeigte
sich ein Rückgang der Biomasse
fliegender Insekten um 75 %, alleine
in den letzten drei Jahrzehnten.

Und verweist dabei auf eine Studie, welche diese Beobachtung entsprechend beschreibt.
Das in diesem Fall bemerkenswerte daran ist, dass in dieser Studie ausdrücklich gesagt wird, dass über die Gründe des Rückgangs keine verbindlichen Aussagen gemacht werden können, und nachfolgende Annahmen über die Gründe eben genau das sind: Nur Annahmen.
Aber keine dieser Annahmen hat zum Inhalt, dass die konventionelle Imkerei eine Ursache für das Insektensterben sein könnte. Trotzdem stellt Schiffer implizit diesen Zusammenhang her.

Er benutzt hier eine Studie, die nirgendwo seine Thesen untermauert, um seine Behauptung, Honigbienen würden den Wildbienenbestand gefährden, deswegen so rücksichtslos, weil er weiß, dass sich kaum einer seiner Leser die Mühe machen wird, diese Information zu prüfen. Und wenn doch, kann er sich ja immer noch darauf zurückziehen, es ja anders gemeint zu haben.

Es ist – wieder einmal – ein Trick, der aus der politischen Auseinandersetzung der letzten 5 Jahre bekannt ist.

Strategie 6: Eine offene Diskussion einfordern, gleichzeitig selbige meiden

In einem Interview mit Jürgen Binder fordert Schiffer eine fachliche Diskussion zu seinen Thesen. Gleichzeitig aber, in dem selben Interview, in der gleichen Minute, macht er deutlich, dass ihn die Kritik an seinen Thesen nicht interessiert.
In jenem Interview attackiert er frontal den Mellifera e.V., um dann im gleichen Atemzug sich jede Kritik zu verbitten und noch vor dem Ende des Satzes eine offene , fachliche Diskussion zu fordern. Man weiß gar nicht, was er jetzt eigentlich will. Will er jetzt diskutieren? Aber nur, wenn man ihn nicht kritisiert?

Wer so auftritt, benutzt den Aufruf zur Diskussion als Strohmann. Es geht nicht um die fachliche Auseinandersetzung – wie auch, wenn man jede Kritik marginalisiert.
Und es gäbe genug Orte für eine sachliche Auseinandersetzung.
Es ist eben nicht so, anders als von Schiffer dargestellt, dass er nur Zielscheibe polemischer Kritik würde.
So schreibt Roland Sachs von chelifer.de eine sachliche, fundierte Analyse über den SchifferTree, nichts daran ist übergriffig oder falsch im Ton.
Auch die von Schiffer geschmähten Foren haben sich meist zwar scharf im Ton, aber letztlich doch inhaltlich mit seinen Thesen auseinandergesetzt. Und scharf im Ton muss er abkönnen, ist er schließlich auch nicht zimperlich.
Ein Bernhard Heuvel war sehr sanft und rücksichtsvoll im Ton, aber eben scharf argumentativ in der Sache. Was daran ist unangemessene Kritik oder gar ein Shitstorm?
Nichts.
Aber besser, man negiert Kritik als Shitstorm, als sich mit ihr auseinanderzusetzen – dann findet sich sogar noch die passende Opferrolle, in die man sich kuscheln kann.

Strategie 7: Starke, emotionalisierende Metaphern finden

Der Populist braucht Bilder. Je stärker das Bild, desto besser die emotionale Wirkung, umso größer die Aufmerksamkeit.
Und so geht es gleich auf der ersten Seite des „Imkern Heute“ Artikel so richtig in die Vollen: „tierquälerische Behandlung“, „medikamentenabhängiger Dauerpatient“, „sterben in apokalyptischen Ausmaßen“. Es ist sehr viel die Rede vom „Establishment“, „Lobbygruppen“ (alle selbstredend böse und voller böser Absichten), eben der ganze Katalog an Begriffen, die ja aktuell schon ein bestimmtes Framing haben.

Auch benutzt er sehr gerne den Begriff der „Massentierhaltung“, wenn es um die konventionelle Bienenhaltung geht – und dieser Begriff weckt bei jedem die gleichen Assoziationen.
Es handelt sich um ein ausgesprochen wirkmächtiges Bild, und das ist es, worum es Schiffer geht. Man kann gar nicht anders, es verschiebt den Blickwinkel des Zuhörers, des Lesers, der keine Fachkunde über Bienenhaltung haben kann, in eine bestimmte Richtung.
Waren denn die Imker nicht eigentlich die Guten? Sind sie das vielleicht gar nicht?

Aber da wo Schatten ist, da ist auch Licht, „Die Wahrheit“, wenn auch eine „unbequeme“, die er verkünden kann. Oder „Die Bewegung“, die jetzt entsteht, die Honigbiene zu retten.
Es sind immer die großen Bilder, die da bemüht werden. Und das verfängt ja auch viel mehr, als die nüchternen, langweiligen Untiefen datenbasierter Wissenschaft.

Fazit

Ist Torben Schiffer jetzt ein Populist?
Er hat eine politische Agenda, und Populismus ist eine Spielart der politischen Auseinandersetzung, er ist auch ein Art Werkzeug und nicht zuletzt eine Haltung.
Wenn man sein Wirken ein paar Jahre verfolgt hat, dann konnte man einer Form von Radikalisierung zusehen: Vom Bücherskorpion als Wiederentdeckung eines Symbionten hin zu einer radikalen Ablehnung der konventionellen Imkerei als Form der Landwirtschaft.
In seiner Welt scheint es nur noch schwarz und weiß zu geben – diejenigen, die Bienen in Magazinen halten, und die anderen, die seinen.
Imkerei ist bedeutend vielfältiger als das, was er beschreibt. Es gibt viel mehr Facetten zwischen unterschiedlichen Haltungsformen. Alleine die Spannbreite der Behandlung gegen die Varroamilbe ist größer als ein „Mit Säuren Bienen verätzen“, wie er es so apokalyptisch darstellt.
Er müsste das eigentlich wissen. Er müsste wissen, dass ein Ralph Büchler ein funktionierendes Konzept nahezu ohne Säuren lehrt. Schiffer muss wissen, dass die Institute mehr forschen, als wie man Bienen mit Säuren gegen die Varroamilbe behandeln kann. Er weiß sicherlich auch, dass es eine Vielzahl an Beuten gibt, große, kleine, mittlere, dass es Schwarmimkereien gibt, dass es Demeter Imkereien gibt, dass es Populationen in Imkerhand gibt, die resistent gegen die Milbe sind.
Er müsste auch wissen, dass Imkerei seit vielen Jahrhunderten ein Bestandteil der Landwirtschaft war, und dass sich Artenschutz und Landwirtschaft nicht gegenseitig ausschließen.

Das Problem an Schiffer ist nicht, dass er ein schlechter Wissenschaftler ist. Das Problem an ihm ist, dass er eine politische Agenda hat, und die besteht seit einiger Zeit darin, einen Ein-Mann-Feldzug gegen die konventionelle Imkerei zu führen und diese in Verruf zu bringen. Würde er sich mit seinen politischen Forderungen durchsetzen können, würde das nichts anderes bedeuten, als das Ende der konventionellen (und erwerbsmäßigen) Imkerei in Deutschland.

Worauf seine Motivation fußt, darüber ließe sich vortrefflich spekulieren, aber das ist in der Sache unerheblich.
Wichtiger wäre, das man in Vereinen, den Verbänden und überall sonst, wo Herr Schiffer gerne und lange sich selbst beim Reden zuhört, eine klare Ansage macht: Wenn du für deine vielen Behauptungen keine objektiv überprüfbaren Daten vorlegst, die wissenschaftlichen Standards genügen, und hauptsächlich Krach und Alarm für deine Selbstvermarktung machst, bieten wir dir kein Podium mehr.

Es ist sinnlos, mit Populisten (oder Leuten, die wie welche arbeiten) in ein Gespräch oder in eine Diskussion kommen zu wollen. Wie weiter oben bereits erwähnt, haben sie kein Interesse an einem Diskurs – die Sachdebatte ist ihr Feind, und das wissen sie auch. Deshalb zerstören sie den Diskurs.
Dass Torben Schiffer das tut, und wie er es macht, ist bis hier hin hoffentlich klar geworden.

Aber man sollte sich davor hüten, ihm eine Bühne zu geben.

Varroamanagment – brauchen wir ein Umdenken?

Auf der letzten Imkeversammlung habe ich mich leichtsinnigerweise dazu bereit erklärt, einen Vortrag rund um das Thema „VSH/SMR Zucht“ zu halten.
Da ich ab März/April praktisch keine Zeit mehr habe, einen Vortrag mit der entsprechenden Sorgfalt vorzubereiten, habe ich also die Feiertage mit Recherche und Folien-erstellen verbracht.

Bevor ich tiefer einsteige: Ich gehe davon aus, dass der Leser so weit mit der Materie vertraut ist, dass er Begriffe wie „VSH“ zuordnen kann und die grundsätzlichen Wirkungsweisen der Varroamilbe auf das Bienenvolk verstanden hat.
Dies wird kein Vortrag für Imkerlaien!

Nachfolgend werde ich versuchen, meine innerliche Reise darzustellen, die von einem oberflächlichen Verständnis von VSH zu der Frage führt, ob wir nicht alle beim Umgang mit der Varroamilbe umdenken müssten.

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Beobachtungen vor der winterlichen Restentmilbung

Ich hatte vor einer Woche Windeln unter die Völker geschoben um vor einer Restentmilbung eine Gemülldiagnose machen zu können.
Ergebnis: Auch hier zeigten sich die Folgen der problematischen VarroMed-Anwendung!

Abgesehen davon, dass viele Völker noch dunkle Wachsdeckel fallen ließen, und somit vermeintlich noch in Brut sind, sind im Schnitt 1-2 Milben pro Tag und bei Ausreißern 6-7 Milben pro Tag gefallen – viel zu viel!

Die Wintertrauben, so sie man am Gemüll überhaupt beurteilen kann, sind kleiner als ich es mir wünschen würde.

Insgesamt blicke ich sorgenvoll in das kommende Frühjahr.

Behandelt habe ich nur die Ausreißer, während ich bei den anderen die Windeln wieder entfernt habe und in einer Woche einen erneuten Versuch starten werde.

Leute: Lasst die Finger vom VarroMed – ich kann aus meiner Erfahrung heraus nur dringend davon abraten, darauf ein Varroakonzept aufzubauen.

VarroMed Feldversuch und Auswertung

In diesem Artikel geht es um die Wirksamkeit von VarroMed. Er beschreibt, wann und wie VarroMed angewendet und welcher Milbenfall an welchem Punkt der Behandlung registriert wurde. Weiterhin wird VarroMed von der Wirkung her einer Oxalsäurebehandlung gegenüber gestellt.

Versuchsaufbau und Prüfvölker

An dem Versuch waren rund 13 Völker für VarroMed und 4 Völker für OXS beteiligt. Die Völker teilten sich auf in Wirtschaftsvölker sowie Ableger.
Allen Völkern war gemein, dass sie zumindest einmal im Sommer brutfrei behandelt wurden (Wirtschaftsvölker durch eine TBE, mit Fangwabe – weil Honigräume noch drauf, Ableger bei Brutfreiheit mit OXS).
VarroMed sollte zeigen, ob es für die Herbstbehandlung Maßnahmen wie eine Ameisensäure-Langzeitbehandlung ersetzen kann.

Die Anwendung erfolgte gemäß Handlungsempfehlung des Herstellers, wobei mitunter bei der Dosierung nach unten abgewichen wurde. Konkret: Ableger wurden mit der Menge VarroMed beträufelt, welche der Hersteller empfiehlt, bei Wirtschaftsvölkern wurde nach unten abgewichen. Anstatt 15-30ml wurden mitunter nur bis zu 20 ml eingesetzt, wobei hier auf der Volksstärke Rechnung getragen wurde. Die Aussagekraft der nachfolgenden Testergebnisse mag aber deswegen in Zweifel gezogen werden.

Nach jeder Behandlung wurde etwa in einem Abstand von 2 Tagen eine Zählung des Milbenfalls auf der Windel vorgenommen. Gleiches gilt auch für Völker, die mit OXS behandelt wurden. Die Windeln wurden nach jeder Zählung gereinigt und erneut unter geschoben.

Behandlungszeitraum und -dauer

Die erste VarroMed-Behandlung fand statt am 24. August, bzw. am 25. August (zwei getrennte Standorte), die letzte am 20. September, bzw. 23. September.
Zwischen den Behandlungen lagen jeweils 6 – 7 Tage, bzw. bei der letzten Behandlung an einem Stand 8 Tage.

Alle VarroMed Völker zeigten einen Milbenfall, bei dem der Hersteller eine Weiterbehandlung empfiehlt (90 Milben in 6 Tagen bei Ablegern, 150 Milben bei Wirtschaftsvölkern). Daher wurde ein kompletter Behandlungszyklus über 5 Einzelbehandlungen durchgeführt.

Die erste OXS Behandlung fand statt am 19. August, die letzte am 10. September. Die Behandlung erfolgte jeweils im Abstand von 3-4 Tagen, 7 Behandlungen insgesamt.

Erste Beobachtungen nach den ersten VarroMed Behandlungen

Nach der ersten Behandlung lag der Milbenfall knapp unter den von BeeVital für VarroMed angegebenen Grenzwerten. Das gilt sowohl für Wirtschaftsvölker (150 Milben in 6 Tagen), als auch für Ableger (90 Milben in 6 Tagen).

Milbenfall nach der ersten Runde VarroMed

Mit den ersten drei Behandlungen stieg der Milbenfall jedoch deutlich an.
Von daher wurde entschieden, die Behandlung der Völker mit VarroMed über die ganzen 5 Runden zu ziehen.

Milbenfall im Laufe von drei VarroMed Behandlungen

Allgemeine Beobachtungen bei der VarroMed Anwendung

Die Behandlung mit VarroMed ist einfach und zügig zu erledigen. Die praktische Tülle erleichtert die Dosierung. Die Bienen bleiben bei der Aufbringung der Lösung ruhig und ziehen sich ggf. tiefer in die Wabengassen zurück.
Einen erhöhten Totenfall an Bienen konnte ich während der Behandlung nicht feststellen. Die Lösung riecht nicht schlecht und fühlt sich leicht ölig an.

Töchtermilben und männliche Nachkommen – Wirkung in die Brut?

BeeVital sagt, dass man VarroMed auch bei Völkern mit Brut anwenden kann (Zitat: „Zur Behandlung von Varroose (Varroa destructor) in Bienenvölkern mit oder ohne Brut. „)
BeeVital sagt hingegen nicht, dass VarroMed auch in die Brut wirkt! Hier sind die Details der Formulierung wichtig!

Nach der dritten Behandlung fanden sich bei einzelnen Völkern vermehrt sehr junge oder auch unreife Tochtermilben auf der Windel, vereinzelt auch männliche Nachkommen. Der (Trug-)Schluss war, dass VarroMed auch in die Brut wirken müsse.

OXS Blockbehandlung, Verlauf

Der Milbenfall während einer OXS- Blockbehandlung verläuft eher homogen: In den ersten 48 Stunden nach jeder Behandlung fällt ein Peak an Milben (wie auch bei VarroMed), danach flacht der Milbenfall deutlich ab. Während der individuelle Milbenfall pro Volk sehr unterschiedlich hoch ausfallen kann – in Abhängigkeit zur Ursprungsbelastung – hat der weitere Abfall an Milben bei allen Völkern gemeinsam, dass er zum Ende des Behandlungszeitraumes nachlässt und auch unmittelbar nach der letzten Behandlung des Zykluses nicht mehr so in die Höhe schnellt.

Auf Einzelvölker aufgeteilt sieht das dann so aus:

Gesamtverlauf Milbenfall OXS Blockbehandlung über einen vollständigen Behandlungszyklus

Zu Beginn des letzten Drittels des Behandlungszeitraumes fällt etwas mehr als zu Beginn. Wenn man über alle Völker entsprechende Durchschnittswerte bildet, also durchschnittlicher Milbenfall pro Auszählung, dann ergibt sich folgende Darstellung:

Insgesamt ist der Trend des Milbenfalls über den Gesamtzeitraum leicht abnehmend.

Ausformuliert könnte man die These aufstellen: Eine OXS Blockbehandlung (7×3) tötet im Verlauf so viele Milben ab, dass mit Ende eines kompletten Brutzykluses nur noch wenige Milben durch weitere Behandlungen erfasst und getötet werden können. Das Milbenpotential ist spürbar verringert.

Bei den OXS behandelten Völkern haben sich bei einer abschließenden Begutachtung keine DWV Bienen gefunden, die Stärke der Völker war jedoch unterschiedlich und entsprach auch den Entwicklungen im restlichen Jahreslauf – in Abhängigkeit von der jeweiligen Königin.

VarroMed Behandlung, Verlauf

Der Milbenfall während einer VarroMed Behandlung verändert sich im Laufe der Zeit sehr stark. Nach einem leichten bis moderaten Milbenfall zu Beginn, steigen die Fallzahlen im weiteren Verlauf deutlich an:

Die Trendlinien fast aller Völker zeigen nach oben. Insbesondere Volk 2 zeigt, dass der Milbenfall, nachdem er einmal Fahrt aufgenommen hat, nicht wieder nachlässt. Auch eine spätere Kontrolle am Ende der Behandlung zeigte einen nach wie vor hohen Infektionsdruck. Das gleiche gilt für Volk 17. Auch hier zeigte sich zum Ende der Behandlung, dass die Anzahl der verbliebenen Milben im Volk immer noch hoch war.

Insofern ist die Aussage des Herstellers zu unterstreichen: „Die Wirksamkeit wurde nur in Völkern mit niedrigem bis moderatem Milbenbefall untersucht“
Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die Wirkung von VarroMed nicht ausreicht, stärker befallene Völker während des vom Hersteller angegebenen Behandlungszeitraumes ausreichend zu entmilben.

Wenn man alle Einzelzählungen jeweils zusammengefasst wieder mittelt, ergibt sich folgendes, übergreifendes Bild:

Der Trend zeigt deutlich nach oben und erreicht auch zum Ende der Behandlung (also nach 5 Einzelbehandlungen) nicht wieder das „niedrige“ Niveau zu Beginn der Behandlung.
Während bei der OXS Behandlung der letzte Peak der letzten Behandlung der niedrigste gemessene Peak aller Behandlungen ist, erreichen die letzten Peaks der letzten VarroMed Behandlung immer noch mit die größten Werte.

Da auch zum Ende der Behandlung – nach rund 28 Tagen – der Milbenfall nicht merklich absinkt, bestehen Zweifel an einer Wirksamkeit in die Brut.
Bei einer Wirkung in die Brut, wie sie zeitweise aufgrund des Alters der Milben angenommen wurde, hätte die Anzahl der Milben nach Schlupf der Bienen im Verlauf der Behandlung irgendwann nachlassen müssen, weil irgendwann der Großteil der geschlechtsreifen Muttermilben abgeräumt hätte sein sollen.

These: VarroMed wirkt nicht in die Brut. VarroMed wirkt nur unmittelbar nach Applizierung, wie es auch bei der OXS Sublimierung der Fall ist. Allerdings vermindert sich der Behandlungserfolg mit VarroMed durch die großen Abstände zwischen zwei Behandlungen (6 Tage), weil es hier genug Muttermilben gelingt, sich erneut in die Brut zu flüchten, bevor sie abgetötet werden können.

Unterm Strich bedeutet das für diesen Test, dass ein Großteil der mit VarroMed behandelten Völker den Befallsgrad an Milben bestenfalls gering senken konnten, wenn überhaupt.

Bei der abschließenden Begutachtung der Völker wurde in mindestens 4 Völkern jeweils eine Biene mit DWV gefunden.

Fazit

VarroMed war als Ersatz für eine September AS-Behandlung gedacht.
Eine Restentmilbung mit AS im Herbst soll vor Reinvasion (auch von innen) schützen und den von der Sommerbehandlung verbliebenen Rest an Milben wirksam dezimieren.
Einen vernünftigen Langzeitverdunster und das passende Wetter vorausgesetzt, funktioniert das meistens sehr gut.

VarroMed kann das nach den bisherigen Beobachtungen nicht leisten, VarroMed ist vielmehr für eine Restentmilbung im Spätsommer nicht ausreichend wirksam.

Es gelingt nicht, mit VarroMed den Milbenbefall so weit zu senken, dass bei einer Befallsdiagnose Entwarnung gegeben werden kann. Das gilt auch für jene Völker, die mit der vorgeschriebenen Menge VarroMed behandelt worden sind.

Von daher habe ich für mich entschieden, dass VarroMed kein nachhaltiger Bestandteil meines Varroamanagements sein kann.

Update: Mittlerweile bekomme ich auf diesen Artikel Feedback, welches meine Beobachtungen bestätigt. Es melden sich Imker, die sich dieses Jahr ausschließlich auf VarroMed verlassen haben, welche bereits jetzt die ersten Völkerverluste verzeichnen. Andere bestätigen den nach wie vor hohen Varroadruck, auch nach einer vollständigen Behandlung mit VarroMed.

Warum jeder Imker auch Züchter ist

Das ist ein schönes Thema für Kontroversen – gerade im Imternet – aber ich finde das wichtig:

Jeder Mensch, der Bienen hält, ist ein Bienenzüchter – es ist dabei unerheblich, ob und wie viele Königin er zieht, auf welche Weise er das tut, oder ob er überhaupt keine Königinnen vermehrt.

Meine Begründung ist denkbar einfach.
Anders als bei Kaninchen- oder Hundezüchtern, nehmen die unter des Imkers befindlicher Obhut stehenden Bienen immer am Vermehrungsprozess der anderen Bienenvölker in der Umgebung statt.

Daraus erwächst ein unmittelbarer Einfluss eines jeden Imkers auf den Genpool des ihn umgebenden Bienenhabitats. Er kann das auch nicht verhindern, denn seine Bienen werden es immer schaffen, in den Sommermonaten Drohnen aufzuziehen und diese in die Freiheit zu entlassen, damit sie Königinnen finden und diese begatten.

Zucht hat immer mit Selektion zu tun, mit der Auswahl von Merkmalen, die während der Vermehrung bestenfalls weitergegeben und ausgeprägt werden sollen.
Aber ein „Nicht-auswählen“ durch den Bienenhalter (sprich: Züchter), ist auch eine Form der Selektion – denn er entscheidet sich bewusst (oder bei Unwissen auch unbewusst) dazu, alle Merkmale, die in seinem Bestand anzutreffen sind, gleichermaßen auszuwählen und zu verbreiten – es ist die Wahl der Nicht-Auswahl. Die Verbreitung manifestiert sich in der Drohnenaufzucht seiner Völker, und der Weitergabe der entsprechenden Gene in die Umgebung.

Ich möchte, dass der Begriff des „Züchters“ entkoppelt wird – entkoppelt von der Erfahrung, dem Handwerk, den Mühen und Unwägbarkeiten jener Imker, die sich über Jahre der Züchtung, Selektion und Pflege der besten Königinnen hingegeben haben, und das der Begriff vom Handwerk losgelöst auf die Verantwortung eines jeden Bienenhalters übertragen wird.
Es ist diese Verantwortung, die nicht an der eigenen Grundstücksgrenze endet, sondern die immer darüber hinaus geht, weil die Drohnen darüber hinaus fliegen.

Heute ist der Begriff des Züchters einer, der auf die besondere Sachkunde, Erfahrung und handwerklichen Fähigkeiten abzielt – aber diese begriffliche Priviligierung entbindet gleichermaßen den gewöhnlichen Imker von seiner Verantwortung, die er ebenso für den Gesamtbestand an Bienen in seiner Umgebung trägt.
Viele nennen sich heute bestenfalls „Vermehrer“, wenn semiprofessionell Königinnen gezogen werden. Das ist immer als eine Art Unterordnung unter „die richtigen Züchter“ zu verstehen, und diese Abgrenzung wird in der Regel auch erwartet und begrüßt.

Aber bei alltäglichen Praktiken, wie der Ablegerbildung, wird schon handfeste Zucht betrieben. Es wird eine bewusste Entscheidung getroffen, welches Volk, welche Gene vermehrt werden. Das gleiche gilt beim Kauf von Königinnen – aus welcher Quelle will man welche Qualität von Weisel bestellen?
Bei der Einwinterung werden zu oft schwache Völker nicht aufgelöst und irgendwie über den Winter gepeppelt – auch das ist Zucht, weil der Imker in den natürlichen Selektionsprozess eingreift und auch Schwächlinge überleben lässt, die ihre Gene im kommenden Frühjahr weitergeben wollen.

Zucht heisst, Verantwortung für einen bewussten Selektionsprozess zu übernehmen. Jeder Imker ist gehalten, bei der Auswahl von Königinnen oder Völkern, immer auch eine begründete Entscheidung zu treffen, warum er ein Volk/eine Königin überleben lässt oder vermehrt. Dabei spielt der Grad an Können, Wissen und Erfahrung nur eine untergeordnete Rolle, für das Selbstverständnis als Züchter (anders sieht es hinsichtlich des Ergebnisses einer Selektion aus) – wichtig ist, dass jeder Imker diese Rolle bewusst einnimmt.

Insofern werbe ich dafür, den Begriff des „Züchters“ etwas zu ent-priviligisieren, und mehr als umklammernden Begriff für all jene zu Verwenden, die auf die eine oder andere Art Honigbienen bewusst halten, pflegen, betreuen.
Das schmälert im übrigen m.E. auch überhaupt nicht die Leistung jener, die wir heute als professionelle Züchter. Vielmehr sollte jeder Imker, der nicht in der Lage ist, aus seinem Bestand umfassend und professionell zu züchten, die bewusste Zuchtentscheiodung treffen, eben bei jenen Profis regelmäßig Weiseln zu ordern und damit seinen Bestand aufzuwerten. Auch das ist eine Form von bewusster Zuchtarbeit – nicht selber zu vermehren, aber geprüftes Genmaterial in die eigenen Kisten zu bringen.

Würde jeder entsprechend bewusst selektieren und arbeiten – Standbegattungen würden früher oder später zu wirklich guten Ergebnissen führen können.