2021.10 – VSB Projekt – Auszählung

Es hilft ja alles Gejammer nichts, irgendwann muss es ja auch weitergehen.
An dieser Stelle aber zunächst einmal herzlichen Dank an die netten Zuschriften, die ich nach meinem letzten Artikel erhalten habe – das hat mich wirklich aufgebaut und auch dazu beigetragen, optimistisch in die Zukunft zu schauen und weiter zu machen.

Aber zurück zum Thema.

Wie einige vielleicht noch im Kopf haben, bin ich Zuchtverband der Buckfast Imker MV organisiert, und dort gibt es auch eine VSB Projektgruppe (VSB = Varroa Surviving Bee).

Nachdem mein vorletzter Artikel die künstliche Besamung der Königinnen zum Inhalt hatte, war es diese Woche an der Zeit, diese Königinnen auszuwerten. Dazu ist allerdings einiges an Vorbereitungen zu erledigen.

Legen alle?

Nach der Besamung musste irgendwann geprüft werden, ob die Königinnen auch in Eilage gegangen sind. Das war bei nahezu allen Weiseln auch der Fall, was dem soliden Handwerk des Besamers Matthias Engel zu verdanken ist. So hatten wir also fast 200 Königinnen, die mit festgelegter Genetik verpaart wurden und die dann für Tests herhalten konnten.

Künstliche Infektion mit Milben

Der Test, ob eine Königin, bzw. die Genetik der Arbeiterinnen, die ja eine Kombination aus Mutter und Vater ist, etwas taugt, läuft bei der Testung auf VSH/SMR über eine künstliche Infektion mit einer gegebenen Menge an Milben.

Bei einem 6er Mini Plus wird jede zu prüfende Einheit mit 150 Varroen vier Wochen vor Auszählung künstlich infiziert. Dabei ist mittlerweile der größte Aufwand, eine ausreichende Anzahl an vitalen Milben aus Völkern zusammen zu sammeln.
Um Milben zu ernten, braucht es einen großen Eimer, dessen Boden durch ein Siebgitter ersetzt wurde, ein ganzes Bienenvolk sowie reichlich Puderzucker.

Das Volk wird in den Eimer abgeschlagen, auf die gleiche Weise, wie auch Kunstschwärme erstellt werden, dann wird der Eimer umgedreht und durch das Siebgitter reichlich Puderzucker gegeben. Anschließend werden die Bienen ordentlich durchgeschüttelt, um am Ende den Puderzucker wieder durch das Siebgitter rauszuschütteln, und mit dem Puderzucker auch die Milben, die vorher auf den Bienen waren.

Bei einem stark befallenen Volk kommen so reichlich Milben zusammen, die man von Bienen getrennt hat.

Jetzt werden aus der Menge Milben mit einem feinen Pinsel jeweils 150 Milben in eine Petrischale abgezählt und später in die entsprechenden Testvölker gegeben.

Dieses Verfahren ist aufwändig und bei weitem auch keine schöne Prozedur für die Bienen.
Diese werden anschließend wieder in ihre Beuten zurück gegeben, wo sie sich gegenseitig putzen und dann mehr oder weniger unbeschadet ihren eigenen Geschäften wieder nachgehen.

Auswertung

Um es kurz zusammenzufassen: Bei der Auswertung wird geprüft, ob und wie sich Milben vermehren konnten.
Weil die Vermehrungsbiologie der Milbe bekannt ist, kennt man auch den SOLL-Entwicklungszustand der Milbenfamilie zu einem gegebenen Zeitpunkt.

Wenn zu bestimmten Zeitpunkten das Entwicklungsstadium der Milbe nicht bestimmten Zuständen entspricht, geht man von einer gestörten oder verhinderten Reproduktion aus.

Beispiel: Am 9 Tag nach Verdeckelung muss in einer befallenen Zelle eine Mutter, eine männliche Milbe und eine Tochter in einem bestimmten Zustand vorhanden sein.

Ist dem nicht so, dann ist $ETWAS passiert, was die Reproduktion der Milbe gestört hat.

Daher benötigt man für die Auswertung eine Brutwabe, auf der möglichst viel verdeckelte Brut im Alter von 7-12 Tagen nach Verdeckelung vorhanden ist. Nur in diesem Alter sind Zustände der Milbenreproduktion sichtbar, welche einen Vergleich von SOLL und IST Zustand in sinnvoller Weise zulassen.

Über ein Bi-Okular gebeugt, sitzen dann Stunde um Stunde freiwillige Helfer und pulen Zelldeckel auf und ziehen Puppen aus den Zellen.

Im Übrigen wird dabei auch ausgewertet, wie viele Zellen von Recapping betroffen sind – also geöffnet und wieder verschlossen wurden.

Es gibt zwei Kenngrößen, die eine Auswertung einer Wabe (und damit eines Volkes – es wird in der Regel nur eine Wabe pro Volk ausgewertet) maßgeblich bestimmen:

Die Anzahl der einfach befallenen Zellen, und die Anzahl der geöffneten Zellen.
Es werden insgesamt maximal 300 Zellen im richtigen Alter geöffnet (wenn die Puppen purpurfarbene Augen haben, ist das Mindestalter erreicht), wenn man jedoch vorher 10 einfach mit Milben befallene Zellen erwischt, endet die Auszählung früher.

Als Anfänger zählt man schon mal drei oder vier Stunden an einem Volk, später geht es dann etwas schneller, es sei denn, man muss wirklich bis 300 Zellen gehen – dann zieht sich das alles ganz schön hin.

Happening

Es handelt sich also um eine ausgesprochen mühsame Arbeit, und ich merke nach so einem Wochenende doch immer meinen Nacken.
Allerdings ist die Auszählung auch jedes Jahr ein Zusammenkommen der gleichen Leute, die man in seinem Zuchtverein langsam lieb gewonnen hat.

Wir kommen dann immer in der Nähe von Dierhagen zusammen und neben der Arbeit gibt es noch reichlich Schnack, Getränke und gutes Essen, für welches Holger, unser Kassenwart und Eventkoordinator gemeinsam mit seiner Frau sorgt.

Da vergeht die Zeit schnell und die Arbeit ist am Ende doch gar nicht so beschwerlich, wie zunächst gedacht.

Die Ergebnisse der Auszählung werden erfasst und ausgewertet, um daraus dann die Zucht für das kommende Jahr zu planen und die künftigen Anpaarungen festzulegen.

Bringt das alles was?

Ich habe noch keine konkreten Zahlen für dieses Jahr vorliegen. Von daher muss man alle Aussagen mit Vorsicht genießen.

Allerdings haben wir mittlerweile diverse Völker im Verein, die schon mehr als ein Jahr ohne jede Varroabehandlung überlebt haben.
Wenn man Töchter von vielversprechenden Müttern auswertet, kann man mit etwas Glück auch interessante Muster erkennen. So habe ich ein Volk ausgezählt, bei welchem ich bis 300 Milben gehen musste, insgesamt 8 Zellen mit einer Muttermilbe darin fand, von denen sich keine erfolgreich reproduziert hatte. Alle Zelldeckel waren zumindest einmal geöffnet und wieder verschlossen worden, was scheinbar die Reproduktion der Milbe gestört hatte.
Das Brutnest war geschlossen und die Brutnestanordnung wie aus dem Bilderbuch.

Insgesamt ein spannendes Ergebnis und vermutlich kann man so ein Volk ohne Behandlung laufen lassen.

Insofern kann man resümieren, dass die Zuchtbemühungen hinsichtlich VSB/SMR nicht umsonst sind. Allerdings scheinen die Erfolge auch flüchtig und nicht immer auf Knopfdruck reproduzierbar zu sein. Trotzdem zeigt sich, dass es mit den Jahren nicht einfacher geworden ist, die für die künstliche Infektion der Testvölker erforderliche Menge an Varroen zu ernten, da scheinbar der gesamte Genpool im Verband immer weniger Milben toleriert.

Offen sind noch die konkreten Zahlen aus diesem Jahr, und ich warte noch voller Spannung auf Ergebnisse.

Warten wir es also ab 🙂

2021.9 – VSB Zucht, künstliche Besamung

Am vergangenen Wochenende fand das diesjährige künstliche Besamen der potentiellen Zuchtmütter für das VSB Programm des Landesverband der Buckfastimker MV an.

Die dafür notwendigen Vorbereitungen sind immens, der Aufwand extrem und wird im wesentlichen von zwei bis vier Personen gestemmt, welche dieses Projekt vorantreiben.

Ich persönlich leiste nur wenig, fahre zu dem Event nach oben, um Hilfsarbeiten zu leisten, wie Königinnen holen, wegbringen, käfigen oder zeichnen. Es sind reichlich helfende Hände angereist, die Bewirtung durch Imkerfreund Holger und dessen Frau großzügig, das Wetter sehr angenehm und die Stimmung gut.

Organisation ist alles

Im Vorfeld hatte ich keine rechte Vorstellung, wie gut so ein Event organisiert werden muss, damit dann alles Hand in Hand läuft.

Es gibt einige Exceltabellen, welche festlegen, welche Königin mit Sperma welches Drohns besamt werden soll, es gibt einen Plan, wann was besamt werden sollte, und so muss in der Vorbereitung jede angelieferte Kiste mit einer Nummer versehen werden.
Im Laufe des Freitags und Samstags werden also durch die unterschiedlichen Verbandsmitglieder sehr viele Mini Plus Kisten angeliefert, allesamt mit Königinnen, die vor etwa acht Tagen geschlüpft und damit brünstig sind.

Es ist sehr viel filigrane Technik notwendig…

Holger hat große Schilder vorbereitet, auf denen der Name des Züchters sowie die Kistennummern vermerkt sind.

Bei der Anlieferung muss jeder Züchter seine Kisten an seinen Platz stellen, und die Kisten entsprechend mit den eindeutigen Nummern beschriften, damit später, wenn es an das Besamen geht, die Helfer die richtige Kiste mit der richtigen Königin schnell finden können.

Bernd, der unser Pressesprecher und einer der treibenden Kräfte hinter unserem VSB Programm ist, sagt dann an, welche Königinnen zu holen sind, um als nächstes besamt zu werden.

Vorher aber ist wichtig, dass alle Königinnen bereits gekäfigt und einmal mit CO2 betäubt worden sind. Diese Betäubung ist wichtig, um die Bereitschaft zur Befruchtung bei der Königin zu erhöhen.

Es müssen also alle Königinnen einmal geholt und betäubt werden, um anschließend wieder zurück ins Volk gehängt zu werden.

Bernd wählt dann eine Drohnenlinie aus, welche als nächstes zur Besamung verwendet werden soll, und dann gehen die Helfer los und holen jene Königinnen, die mit dieser Linie verpaart werden sollen.
Bei der Besamung wird in SDI und MDI unterschieden – Single Drone und Multi Drone Insemination (Ein- und Mehrdrohnbesamung), auch das ist im Vorfeld für jede Königin festgelegt worden.

Bevor es also an die Besamung gehen kann, müssen Drohnen abgefangen werden. Dazu sind auch Drohnenvölker organisiert worden, in welchen die Drohnen quasi gefangen sind, aber durch einen Flugkäfig sehr wohl fliegen können.
Wichtig ist, dass wirklich Drohnen der jeweils festgelegten Herkunft zur Verwendung kommen, daher der Aufwand mit den Flugkäfigen, welche es ermöglichen, Drohnen abzufangen.

Es braucht Jahre an Erfahrung, um erfolgreich künstlich zu besamen…

Insgesamt gibt es in der Maschinerie viele drehende Teile, die zusammen kommen müssen, um so ein Wochenende zu einem Erfolg zu machen.

Die Besamung selber nimmt ein absoluter Spezialist vor, der über jahrelange Erfahrung verfügen muss, um diese höchst filigrane Arbeit, die ein wenig an Neurochirurgie erinnert, erfolgreich durchzuführen.

Königinnen, die besamt wurden, werden gezeichnet, ein Flügel geschnitten und die Plättchennummer dokumentiert. Anschließend müssen diese Weiseln, nachdem sie aus der Narkose für die Besamung erwacht worden sind, noch einmal mittels CO2 betäubt werden, um die Aufnahme der Spermien zu begünstigen.
Wachen die Königinnen auf, werden sie endgültig in ihr Volk zurück gegeben.

Es gibt also reichlich Arbeitsschritte, von der Anlieferung bis zur fertig besamten Königin, die durchzuführen und zu organisieren sind.

Zuchtplan

Im Vorfeld ist ein Zuchtplan erstellt worden, welcher festlegt, welche Weiseln mit welcher Drohnenlinie verpaart werden sollen. Folgerichtig bedarf es zunächst eines groß angelegten Umlarvtermins, an welchem all die Königinnen, die am Besamungstag angeliefert werden sollen, auf den Weg gebracht werden.

Nach der großen Besamungsaktion müssen später alle Königinnen geprüft werden – zunächst einmal, ob sie auch legen, und später dann ob sie auch das Zuchtziel (Varroatoleranz) erreichen können. Dazu müssen die Einheiten später im Juli, wenn nur noch Nachkommen der jungen Königin in einem Mini Plus vorhanden sind, mit Milben infiziert werden. Mitte August folgt dann ein weiterer Termin, wieder bei Holger, an welchem die Einheiten ausgewertet werden. Aber das ist dann etwas für einen Folgeartikel.

Ob und wie sich die ganzen Aufwände gelohnt haben, sieht man meist erst im Folgejahr, wenn klar ist, welche Einheiten überlebt haben. Es ist ein ausgesprochen mühsames Geschäft, ohne Erfolgsgarantie, getrieben durch den Enthusiasmus Weniger. Aber erste kleine Erfolge machen Mut.
Schauen wir, ob und wie wir die Biene darauf vorbereiten können, selbstständig mit der Varroa klar zu kommen.

2021.6 – Das ist doch kein Frühling!

Deutschlandweit das gleiche Bild: Kalt, regnerisch und windig. Folgerichtig bleiben die Honigräume leer.
Ich habe seit Februar rund 60 KG Futterteig in die Völker gesteckt, ein Ende ist Stand heute nicht in Sicht. Es kommt nichts rein, und auch wenn es etwas regnet, hier und da, so ist es insgesamt doch zu trocken.

Über das Anpassen den Brutraumes

Ich versteige mich jetzt zu einer waghalsigen These: Man kann den Brutraum nicht zu eng anpassen.
Meine Beobachtung in diesem Frühjahr legt nahe, dass ein zu enges Anpassen des Brutraums nicht möglich ist, so lange das Schied umlaufen werden kann.

Hat eine Königin den vorhandenen Platz zur Gänze bebrütet, wird sie einfach hinter das Schied laufen und dort weiter stiften.
Hängt man diese Brutwaben dann vor das Schied, dann sind auch diese zwei Wochen später vollständig bebrütet.
Das gilt zumindest für Kaltbau – bei Warmbau kann es sein, dass dies so nicht funktioniert.

Ich habe im Februar pauschal alle Völker auf 3 Brutwaben Dadant geschiedet. Mitte April hatten die schwachen Völker diesen Brutbereich noch nicht ganz in Beschlag genommen, bauten aber eine feine, wohl strukturierte Brutnestanordnung. In den starken Völkern hatte die Königin bereits das Schied umlaufen und ein bis zwei zusätzliche Waben angefangen zu bebrüten. Daher wurde das Schied entsprechend versetzt. Anfang Mai sind jetzt auch diese Waben Holz auf Holz bebrütet.

Die Königinnen umlaufen scheinbar das Schied erst, wenn der angepasste Brutbereich vollständig mit Brut belegt ist, allerdings dann auch recht zuverlässig – wenn es sich um Kaltbau handelt. Bei Warmbau habe ich beobachtet, dass Königinnen dann damit begonnen haben, Zellen doppelt zu bestiften.

Was auch eindeutig zu sehen ist: Sobald es etwas wärmer wird, tragen die Bienen das Futter in den Brutnestbereich. Gerade im Februar oder März glänzen dann die Zellen wie bei frisch eingetragenem Nektar, rund um das Brutnest, wobei die Stockwaage anzeigt, dass von außen nichts eingetragen wird.

Also auch bei einem stramm angepassten Brutnest ist die Futterversorgung sichergestellt, solange es zumindest kurze Zeitfenster gibt, in denen die Bienen Futter umtragen können.

Viele Verluste bei den Kollegen

Ich hatte durch den Völkerverkauf viel Kontakt mit Imkerkollegen. Es scheinen sich zwei Hauptgründe für massive Völkerverluste herauszukritallisieren:

Die Varroabehandlung mit Ameisensäure erfolgte in 2020 zu spät. Es war zu lange zu heiß, sodass viele ihre AS Behandlung in den September geschoben hatten, und damit zu spät kamen.

Der zweite Grund klingt interessanter, ist aber womöglich auch noch etwas unsicher: Die Völker haben zu früh aufgehört zu brüten.
Mangels Nektar- und insbesondere Polleneintrag waren viele Völker bereits Ende August aus der Brut und fingen anschließend auch nicht mehr damit an. Diese Völker waren dann der Meinung, sie hätten ihre Winterbienen bereits Anfang September fertig, im Unterschied zu den jeweils gebildeten Ablegern, welche länger brüteten und dann auch erfolgreich über den Winter kamen.

Diese (Alt-)Völker waren im Januar alle noch da, klappten dann aber im Februar weg. Wenn die Theorie stimmt, waren diese Bienen im Februar sechs, sieben Monate alt und zu schwach, um dem erneuten massiven Kälteeinbruch standzuhalten.

Ich selber habe das nicht beobachtet, was aber auch daran liegen kann, dass durch die TBE im Juli noch eine ganze Weile so etwas wie Brutstimulation herrschte.

Test des Heuvel Varroakonzeptes

Ich habe mir eine Flasche VarroMed und eine Packung Apivar geordert, um an einer kleinen Zahl Völker das Heuvelsche Konzept der “fetten Biene” zu testen, so wie er es in seinem Buch beschreibt.

Ich werde berichten.

Die tatsächliche Wirksamkeit von Oxalsäure

Einer Oxalsäurebehandlung wird ein sehr hoher Wirkungsgrad zugeschrieben. So gibt der Mellifera e.V. die Wirksamkeit bei 97,3% an. Ich persönlich habe immer größere Zweifel an dieser hohen Wirksamkeit.

Warum das so ist, will ich nachfolgend erläutern.

Behandlung mit Oxalsäure bei Brutfreiheit – trotzdem viele Milben!

Ich habe seit längerer Zeit erhebliche Zweifel an dem hohen Wirkungsgrad einer einmaligen Oxalsäurebehandlung bei Brutfreiheit, denn nach meinen Erfahrungen mit der Totalen Brutentnahme und einer einmaligen Behandlung mit OXS bei Brutfreiheit im Juli, zeigten fast alle Völker vergleichsweise hohe Milbenzahlen bereits im September, erst recht dann nach der Winterbehandlung im November oder Dezember. Ich hatte Völker, die wurden Mitte Juli wie genannt behandelt, zeigten dann aber im Oktober einen phoretischen Milbenbefall von drei bis fast sechs Prozent, was ausgesprochen hoch erscheint.
Da ich diese oder ähnliche Beobachtungen von dem ersten Jahr mit TBE und OXS mache, sind mit der Zeit erhebliche Zweifel an einer Wirksamkeit der OXS von >90% gewachsen.

Diese Zweifel wurden gestützt von den Milbenkennzahlen der Brutsammler, welche die befallene Brut bei der TBE bekommen haben, und dann, nachdem diese Brut vollständig geschlüpft war, ebenfalls mit OXS behandelt wurden.
Diese Völker, die mit einer sehr hohen Milbenlast gestartet sind, haben allesamt einen extrem hohen Milbenfall mit der Winterbehandlung gezeigt, obwohl auch sie eine längere Brutpause im August hatten und obwohl auch hier die Anzahl der Brutzyklen, welche zum erstarken der Milbenpopulationen hätte führen können, überschaubar gewesen sind.

Wie kommt das?

Viele Milben = unsachgemäße OXS Anwendung?

Man kann bei der OXS Behandlung nicht viel falsch machen: Es muss Brutfreiheit herrschen, die Flugbienen sollten möglichst alle zu Hause sein.
Also behandelt man in den Abendstunden, und rund 21 Tage nachdem die Königin entfernt wurde, oder eben bevor die neuen Waben wieder verdeckelte Brut aufweisen, bzw. ältere, noch unverdeckelte Larven. Das ist nicht weiter kompliziert, da gibt es nicht zu viele Fehlerquellen.
Insofern kann man eine unsachgemäße Behandlung weitestgehend ausschließen – jeder Imker, der sich etwas mit der Materie beschäftigt hat, wird eine entsprechende Behandlung hinbekommen – auch aus diesem Grund ist das Verfahren ja letztlich zugelassen worden.

Test im Februar – kleine Blockbehandlung

Es gibt Völker, die haben schon bei der Winterbehandlung gezeigt, dass sehr viele Rest-Milben vorhanden waren.
Da diese Völker mit einiger Wahrscheinlichkeit für die Honigproduktion nicht taugen werden, wurden sie an den warmen Tagen Ende Februar, abermals mit Oxalsäure behandelt. Angesetzt wurde ein kleiner Block von drei Mal, alle zwei Tage.

Die Anzahl der Völker war sehr überschaubar, insofern sind die Daten unzureichend für wirklich valide Aussagen. Aber sie zeigen in eine bestimmte Richtung.

Die behandelten Völker waren zum Zeitpunkt der Behandlung nahezu brutfrei. Es gab kleine Flächen verdeckelter Brut, wenn überhaupt. Allerdings hatte der strenge Frost die Tage zuvor das Brutgeschäft offensichtlich zum Erliegen gebracht und es kam gerade erst wieder in Gang. Insofern herrschten fast perfekte Behandlungsbedingungen.

Es gab Völker, bei denen fielen nach der 1. Behandlung ~20 Milben und nach der 2. Behandlung nur noch 2-4 Milben. Hier schien die Wirkung der ersten Behandlung ausreichend gewesen zu sein.
Allerdings zeigten 2/3 der Testvölker eher einen Verlauf von 1. Behandlung: ~40 Milben, 2. Behandlung: ~20 Milben, 3. Behandlung : ~5 Milben.

Hätte die erste Behandlung >90% der Milben getötet, dann hätten nicht im Laufe der weiteren Behandlungen fast noch einmal genauso viele Milben fallen dürfen, wie nach der ersten Behandlung. Tatsächlich möchte man meinen, dass die erste, sowie die weiteren Behandlungen jeweils nur zwischen 50 und 60% der vorhandenen Milben erwischt hätten.

Wirksamkeit von 50-80%?

Ich habe keine ausreichende Zahl valider Daten! Aber mein Eindruck ist, dass die Wirksamkeit der Oxalsäure bei Brutfreiheit irgendwo zwischen 50 und bestenfalls 80% schwankt. Das würde zumindest die Ergebnisse des obigen kleinen Tests erklären, als auch, warum nach einer TBE mit einmaliger OXS Behandlung noch so viele Milben im Volk sind, dass die Population im September bereits wieder gut messbar wird.

Nehmen wir eine Milbenpopulation von 50 Milben im Februar, dann sind das etwa 1600 Milben im Juli.
Geht man davon aus, dass die Entnahme der Brut etwa 80% der Milben entnimmt, dann blieben noch rund 320 Milben zurück.
Das ist immer noch eine sehr hohe Anzahl an Milben.
Würde die einmalige Behandlung mit OXS tatsächlich 97% der Milben töten, blieben gerade einmal 10 Milben zurück, von denen noch einmal welche einen natürlichen Tod sterben würden, bis die Brut so weit entwickelt ist, dass eine Reproduktion startet.
Bei 10 Milben Startpopulation im Juli, schaffen die Milben bis September vielleicht zwei Verdoppelungen – dann wären im September ~40 Milben im Volk.

Keine meiner Messungen bestätigte einen derart niedrigen Befall meiner Völker im September! In der Regel war immer ein deutlich höherer Befall zu vermuten, der sich dann, im Rahmen des DeBiMo im Oktober meist bestätigte, wenn der phoretische Befall gemessen wurde.

Praktischer Rückschlüsse

Man muss zwischen zwei Typen von Völkern unterscheiden: Jenen Völkern, denen die Brut entnommen wird, und den Brutsammlern, welche die ganzen Verseuchten Waben aufnehmen.

Bei jenen Völkern, welchen die Brut entnommen wird, kann man einen Behandlungsschritt zwischenschalten, indem man eine Wabe mit möglichst viel offener Brut im Volk belässt, und diese nach 9 Tagen entnimmt. Diese Fangwabe wird eine erhebliche Anzahl an Milben fangen. Wenn man dazu noch 2-3 Tage nach der TBE eine Oxalsäurebehandlung mit einbaut, dann sollte der Milbenbefall in dieser Kombination deutlich tiefer gedrückt werden, als mit nur einem der beiden Schritte. Möglicherweise ist das Ergebnis hier schon hinreichend befriedigend, und die Zahlen haben sich im September noch nicht wieder so erholt.

Bei den Brutsammlern muss man einen anderen Aspekt berücksichtigen:

Die Brutsammler haben nicht nur einen Großteil der Milben eines Volkes mit im Gepäck, sie haben auch noch für zumindest einen ganzen Vermehrungszyklus der Milbe die notwendige Bienenbrut dabei.
Anders ausgedrückt: Wenn ein Brutsammler 1200 Milben mitnimmt (also etwa die 80% der Gesamtpopulation), dann schlüpfen in den kommenden Tagen Milben, die dann auch noch offene Brut vorfinden, in der sie einen weiteren Vermehrungszyklus starten können.
In den Brutsammlern findet also zunächst einmal eine weitere Milbenvermehrung statt, abgesehen davon, dass alles, was an eigentlich gesunder Bienenbrut noch da ist, auch gleich noch parasitiert werden kann.
Das muss erhebliche Auswirkungen auf de Brutsammler haben.

Eigentlich müsste man ab Tag 1 damit beginnen, den Brutsammlern die Milbenlast von den Schultern zu nehmen, damit die nachschlüpfenden Milben keinen weiteren Schaden anrichten können.
Eine Variante könnte sein, gleich mit einer Ameisensäurebehandlung zu beginnen, eine weitere könnte sein, Oxalsäure im Block zu verwenden.

Unterbleibt eine Behandlung bis zur Brutfreiheit gänzlich, dann befinden sich drei Wochen nach Bildung der Brutsammler mehr Milben im Volk als zum Zeitpunkt der Bildung.
Wenn jetzt eine einmalige OXS Behandlung nur mit vielleicht 70% wirkt, bleiben hunderte Milben als neue Startpopulation zurück. Wenn dann die Winterbehandlung auch nicht besser wirkt, ist die Startpopulation im Frühjahr so hoch, dass bereits im Sommer eine ernste Gefahr für die betroffenen Völker im Verzug ist.

Reichlich Varroaschäden im Spätsommer

Ich habe im vergangenen Spätsommer etwa 10% der Völker durch Varroaschäden verloren. Ich hatte also sehr wohl Verluste, allerdings nicht erst im Winter, sondern schon deutlich davor, weil ich einfach rechtzeitig Problemkandidaten erkannt und aufgelöst habe.

Ich gehe jetzt davon aus, dass die Ursache dafür in einer zu hohen Startpopulation der Milben im Frühjahr zu suchen ist.
Das waren bisher die höchsten Verluste meiner Imkerlaufbahn, und ich vermute, dass sich die Milbenpopulationen immer ein kleines Stück besser erholen konnten, weil die Oxalsäure immer etwas weniger wirksam war, als von mir angenommen. Dadurch war in den meisten Fällen zwar das Überleben der Völker zunächst gesichert, allerdings das Überleben der Milbenpopulation ebenso. Diese konnten sich von Saison zu Saison etwas besser erholen, bis es bei einzelnen Völkern zu einem Kipppunkt kam.

Ich denke, ich werde dieses Jahr meine Strategie etwas anpassen müssen.

Der Populismus des Torben Schiffer

Aktuell ist er wieder in aller Munde, der Torben Schiffer. Er hat in “Imkern Heute” einen sehr langen Artikel veröffentlicht, der mit “Der wahre Preis des Honigs – Artenschutz für Honigbienen” überschrieben ist.

Dieser Artikel hat – nun ja – ein “kontroverses” Echo hervorgerufen.
So gab es eine eher emotionale, fast schon polemische Gegenrede von Stefan Mandl, seines Zeichen Chef des Erwerbsimkerbundes in Österreich, es gab eine betont sachlich-fachliche Erwiderung von Bernhard Heuvel, der Vizepräsident des DBIB ist, und auch Jürgen Binder, der kurz vorher Herrn Schiffer eine Bühne auf seinem YouTube Kanal geboten hatte, fand ein paar interessante Worte.

Dabei ist Binder (ausgerechnet!) der einzige, welcher den für mich entscheidenden Punkt bei Torben Schiffer streift, nämlich seinen Populismus – oder genauer gesagt: Die Schiffersche Methode der Desinformation, der alternativen Fakten, der Wissenschaftsfeindlichkeit, der Übertreibung bis hin zur pauschalen Diskreditierung einer bestimmten Gruppe Menschen.

Er, Torben Schiffer, bespielt die gleichen Werkzeuge der Kommunikation, wie es auch aktuelle politische Strömungen tun, beispielsweise aus dem Neurechten Spektrum, nur das sein Feind nicht ethnische Minderheiten oder die Demokratie an sich sind, sondern die konventionellen Imker, die Verbände und die Institute, und eben die konventionelle Bienenhaltung überwunden werden soll. Und dazu ist ihm so ziemlich jedes Mittel der Propaganda recht.

Daher wird sich dieser Artikel nur am Rande mit den fachlichen Einlassungen des Herrn Schiffer befassen – der Schwerpunkt liegt auf seiner Kommunikationsstrategie, denn das ist viel spannender – und bisher von niemandem so richtig betrachtet worden.

Warum der Begriff “Populismus”?

Eigentlich passt der Begriff ja nicht, weil er in der politischen Auseinandersetzung zuhause ist, und nicht in der Wissenschaft, in der Landwirtschaft oder der Imkerei. Außerdem leitet er sich vom lat. Begriff populus, das Volk ab – und auch wenn es um das “Bienenvolk” gehen könnte, so meint der Begriff Populismus doch etwas anderes.

Aber der Begriff passt deshalb als Analogie so gut, weil in der politischen Auseinandersetzung immer dann von Populismus die Rede ist, wenn ein Akteur seine Agenda auf einem “wir gegen die”, “das Volk gegen die Eliten”, “die Sehenden gegen die geheime Verschwörung” aufbaut, und seine Unterstützer auf eben jene Erzählung einschwört.

Und genau so arbeitet Torben Schiffer. Er hat eine Erzählung, und diese ist nicht freundlich.

Strategie 1: Bullshit Flooding*

Vermutlich gibt es diesen Begriff nicht, aber er beschreibt eine oft zu beobachtende Strategie, die seitens Populisten zur Grundausstattung gehört:
Flute die Kommunikation mit so viel kontroversem Unsinn wie möglich!

Man muss verstehen, dass Populisten kein Interesse an einem sachlichen Diskurs haben. Das Ziel ist immer die Zerstörung des Diskurses, weil der Populist weiß, dass seine Argumente, seine Ziele, seine Ansichten in einer sachlichen Debatte nicht bestehen können, weil sie auf Lügen, Übertreibungen, alternativen Fakten und Märchenerzählungen beruhen.
Und eine Möglichkeit, die sachliche Debatte zielgerichtet zu zerstören, ist es, sie mit so viel Unsinn zu fluten, dass der Diskussionsgegner nicht mehr weiß, wo er anfangen soll, diesem Unsinn mit Argumente zu begegnen.
Es ist schlicht unmöglich, in einer Debatte dann genug Raum einzunehmen, um all den Quatsch Punkt für Punkt auseinanderzunehmen – so lange reicht niemals die Aufmerksamkeit des Publikums, so lange reicht niemals die Zeit.

Das weiß auch Torben Schiffer, zumindest instinktiv, und so schreibt er derart lange Artikel, die so vollgestopft sind mit Halbwahrheiten, aus dem Zusammenhang gerissenen Fakten, wilden Annahmen und Behauptungen, dass beispielsweise ein Dr. Mandl in seiner Erwiderung irgendwann verzweifelt die Arme hoch reißt und zugibt, er habe sich das alles nicht mehr bis zum Ende geben können, er hat irgendwann einfach kapituliert.
Und entsprechend hilflos wirkt dann auch seine Auseinandersetzung mit Schiffers Thesen.
Schiffer erreicht damit ein wichtiges Ziel: Irgendetwas von seinen Thesen wird hängen bleiben. Und der Gegner schafft es nicht, sie zu entkräften, im Gegenteil – das Argumentieren gegen Schiffer muss immer bemüht und krampfhaft wirken, denn man kann seinen gefühlt “einfachen Wahrheiten” nicht gefühlte einfache Argumente entgegen setzen. Die echte Realität ist komplizierter als seine erfundene.
Torben Schiffer überrollt einen Stefan Mandl, seines Zeichen Präsident des Erwerbsimkerbundes in Österreich einfach mit einer Lawine aus kontroversem Unsinn, bzw. Mandl schafft es nicht, alles aufzukehren, was Schiffer im vor die Füße wirft.
Bullshit-Flooding.

“*” – ein aufmerksamer Leser hat mich darauf hingewiesen, dass es dafür sehr wohl einen Fachterminus gibt: Gish-Galopp
Danke dafür!

Strategie 2 : Die Erzählung vom Underdog gegen die Eliten

Auf der ersten Seite seines Artikels für “Imkern heute” baut Torben Schiffer zum Einstieg schon eine schöne Geschichte auf, in der es um “das Establishment”, die “etablierte Imkerlobby” oder “Funktionäre der Nutztierhaltung” geht, die sich gegen die Biene und vor allem gegen ihn und seine Anhänger verschworen haben.
“Funktionäre der Nutztierhaltung lehnen eine offene und sachlich auf der Fachebene geführte Diskussion oftmals ab.”, schreibt er – und deswegen “wird es Zeit, die etablierte Imkerlobby auf den Prüfstand zu stellen und ihr Weißblütenimage auf Sachbasis von der Realität zu trennen.” (häh?)

Damit nicht genug, es gibt einen Absatz auf jener ersten Seite des Artikels, der fast schon ins Verschwörerische abzugleiten droht:

Am Ende geht es nicht um die Bienen
selbst, sondern um das Geschäft.
Die Imkervereine wollen Mitglieder
akquirieren und Gehälter bezahlen,
die Equipmentverkäufer wollen
zahlreiche Werkzeuge verkaufen, die
Reinzüchter ihre vermeintlich sanften
Hochleistungsbienen, die Pharmazie
ihren Medikamentenkatalog und
selbst die staatlichen Bienenforschungsinstitute bekommen ihre
Fördergelder, um die zahlreichen Probleme rund um die Honigbienen in
Beuten „zu erforschen“ und Lösungen
zu präsentieren. All diese Institutionen
verdienen ihr Geld im jetzigen System.
Letztendlich bestimmen wenige
Einzelpersonen die flächendeckenden
Ausbildungsinhalte und Umgangsweisen mit den Bienen in der Imkerei

Da ist alles dabei, was das Verschwörungstheoretiker-Herz begehrt: Eine heimliche Elite von Entscheidungsträgern, verwobene Netzwerke, die im Verborgenen an einem geheimen verwerflichen Ziel arbeiten, Big-Pharma, Geldgier – einfach alles.
Es fehlt nur noch ein geheimer Informant, der “Q” heißt, und irgendetwas mit Kindern, deren Blut getrunken wird – wobei Schiffer in der Folge nicht Kinder als Opfer stilisiert, sondern eben die Bienen. Aber die Verschwörungserzählung lacht den Leser fröhlich an.

Schiffer umreißt auf der ersten Seite sehr klar die Parteien:
Auf der einen Seite die Bieneninstitute, die Erwerbsimker, der Imkerbedarfshandel, die Imkervereine, die konventionellen Imker – diese Gruppe gehört zum Team “Elite” oder “Establishment”.
Auf der anderen Seite er, seine Anhänger, und vor allem – ganz wichtig – die verführten, eigentlich gutmeinenden Imker, die Opfer dieser Verschwörung des Teams “Elite” sind, und um deren Seelen jetzt der Kampf geführt werden muss.
Diese Gruppe gehört zum Team “Schiffer”, und er versteht dieses Team als eine “Bewegung”, und Bewegungen haben immer etwas gemeinsam: Sie sind die Underdogs, die sich gegen “die da oben” auflehnen.

Darum baut Torben Schiffer jetzt seine Erzählung auf, von ihm, dem Underdog, und den seinen – gegen die Eliten, gegen das Establishments.

Alles, was jetzt folgt, speist sich aus diesem Narrativ. Dieses Narrativ dient der emotionalen Aufladung seines Anliegens, denn letztlich konstruiert er eine schwungvolle “Gute gegen Böse” Geschichte, und so etwas verfängt, gerade bei einem Publikum, welches nicht unbedingt vom Fach ist.
Emotionen funktionieren viel einfacher als Fakten. Und darauf baut Torben Schiffer.
Fakten sind für ihn nicht unbedingt relevant (dazu später mehr) – ihm geht es ums Narrativ.

Strategie 3: Selektive und alternative Fakten plus Confirmation Bias

Mir ist es nicht gelungen, im Netz auch nur eine Veröffentlichung von Torben Schiffer zu finden, die wissenschaftlichen Standards genügt – beispielsweise durch das Vorhandensein von Peer Reviews. Stattdessen findet man sehr viele Behauptungen, die er publiziert, und die er dann mit Kronzeugen versieht. Das ist eine ziemlich interessante Vorgehensweise:

Eine seine populärsten Erzählungen ist jene vom Bücherskorpion, welcher die Varroamilbe bekämpfen könne.
Man kann fast behaupten, diese großartige Erzählung hat ihn seinerzeit in der Imkerszene bekannt gemacht. Der Bücherskorpion sei ein mit dem Bienenvolk in Symbiose lebendes Spinnentier, welches aktiv Varroamilben jage.
Hier wurde dann eine grundlegende Schwäche in der Schifferschen Forschungsweise sichtbar, nämlich der sogenannte Confirmation Bias, der Bestätigungsfehler.

Er konnte etwas Interessantes beweisen: Ein Bücherskorpion erlegte in einer Petrischale eine Varroamilbe. Daraufhin behauptete er, dass Bücherskorpione auch im Bienenstock Varroamilben jagen würden, allerdings nur, wenn diese Bienenbehausung bestimmten, natürlichen Bedingungen entspräche.
Letztlich erweckte er in seinen Einlassungen den Eindruck, dass der Bücherskorpion in der richtigen Beute konventionelle Varroabehandlungen ersetzen könne. Just zu jener Zeit konnte man dann auch Bücherskorpione im Internet käuflich erwerben – zu Preisen, bei denen die Spinnentiere vermutlich in Gold aufgewogen wurden.

Das Problem war nur: Nirgendwo war eine Untersuchung zu finden, die a.) wissenschaftlichen Standards standhalten konnte und b.) dabei bewies, dass die Kombination aus Beute und Skorpion eine wirksame Varroadezimierung und damit ein Überleben eines Bienenvolkes sichern konnte.
Schiffer pickte sich jene Fakten raus, die seiner Grundthese entsprachen, und ignorierte einfach alles, was seiner These hätte widersprechen können. Daraus schuf er dann einen alternativen Fakt: Der Bücherskorpion sei wirksam gegen die Varroamilbe. Nirgendwo finden sich Hinweise auf vernünftige Versuchsaufbauten, die seine These erhärten oder hätten widerlegen können, nirgendwo auch nur eine Kontrollgruppe…

Jetzt holte sich Schiffer aber einen Kronzeugen für seine These. So schrieb Prof. Jürgen Tautz in einem Buch von Schiffer über den Bücherskorpion u.a.:

Der Bücherskorpion ist ein wunderbares Beispiel für die (Wieder-) Entdeckung eines Bienennützlings, dem es durchaus gelingen kann, in der Bienenhaltung als Verbündeter im Kampf gegen die Varroa-Milbe und weiterer ungern gesehener Mitbewohner in Bienenstöcken wirksam zu werden. Das vorliegende Buch stellt diese Facette umfassend vor und bietet eine ausgezeichnete Basis für alle, die sich für diesen hochspannenden Ansatz einer biologischen Schädlingsbekämpfung interessieren.

Tautz schreibt lediglich, dass der Bücherskorpion eine interessante Facette zur Varroabekämpfung sein kann, nirgendwo behauptet er, dass der Skorpion diese Hoffnung objektiv auch erfüllt. Denn dafür gab keine belastbaren Daten. Aber es steht eben der Name “Tautz” im Vorwort der Veröffentlichung, und wer nicht so genau liest, der liest eben nur den Namen und dass da wohl etwas dran sein kann, was jetzt in dem Büchlein steht.

Er macht das gleiche auch mit dem international angesehenen Wissenschaftler Dr. Tom Seeley. Dieser hat ihm offenbar irgendwann mal eine Mentorschaft angeboten, nachdem man gemeinsam bei einer Veranstaltung Vorträge gehalten hatte. Dieser Umstand wird auch prominent auf Schiffers Webseite erwähnt, aber der wissenschaftliche Mehrwert, der daraus hätte entstehen können, bleibt völlig im Dunklen. Nur hat der Name Seeley in der Szene einiges Gewicht – und dieses Gewichtes bedient sich Schiffer eben, indem er den Eindruck erweckt, dass es da ein enge Form der Zusammenarbeit gibt. Ein von Tom Seeley ge-peer-reviewtes wissenschaftliches Papier konnte ich bisher jedenfalls nicht finden.

Ein aktuelleres Beispiel für alternative Fakten und Confirmation Bias ist seine jüngste Erfindung – eine sogenannte Baumhöhlensimulation namens “SchifferTree”
Sein aktuelles Wirken scheint darauf ausgerichtet, dieses Bienenmöbel zu bewerben und mit allerlei Wundereigenschaften auszustatten. Und es ist die Basis für seinen Frontalangriff auf die konventionelle Imkerei.

Die Behauptung: Wenn eine Bienenbehausung nur nah genug an der natürlichen Bienenwohnung “Baum” ist, dann lösen sich nahezu alle Probleme, mit denen die Biene heutzutage zu kämpfen hat, in Wohlgefallen auf.
Ein wichtiger Punkt dabei: Er belässt es nicht dabei, den nach ihm selbst benannten Pseudo-Baum mit besonders guten Eigenschaften zu bewerben – vielmehr dient er insbesondere als Hebel, die herkömmliche Bienenhaltung frontal anzugreifen und als tierquälerisches Ausbeutungsszenarium zu beschreiben.

Wenn man dann die Webseite besucht, auf welcher Schiffer seinen SchifferTree bewirbt, dann findet man viele Behauptungen, was die Behausung alles können soll, nur eben keine überprüfbaren Daten. Auch hier schafft er wieder alternative Fakten – schlichtweg durch Behauptung, befreit von der Last der Realität.

Insgesamt kann man sein “wissenschaftliches” Wirken damit umschreiben, dass er gerne auf technische Spielereien wie Wärmebildkameras zurückgreift, hochauflösende Bilder von Milben schießt, auffallend viele Kabel in Bäume steckt, um anschließend aus den so gewonnen Daten Rückschlüsse zu ziehen, die zum einen sehr spannend klingen und sich gut für Vortragsreihen eignen, und zum anderen aber erhebliche Mängel in der Plausibilität aufweisen.
Der Trick dabei ist immer, Fakten zu nehmen, und diese in der gewünschten Weise zu interpretieren. Wenn er zum Beispiel wild lebende Bienenvölker nachweisen kann, so interpretiert er das ganz grundsätzlich so, dass diese Völker jetzt in ihrem natürlichen Habitat leben, alle gesund, ohne Milben und ohne Probleme behaftet sind, wie die von ihm so geschmähten konventionell gehaltenen Bienenvölker in der Hand des Imkers.
Aber das ist eben nur eine These – würde er das wissenschaftlich beweisen wollen, bräuchte es plausible Versuchsaufbauten, und ein Minimum dabei wären Kontrollgruppen.

Seeley hat es vorgemacht, wie man ergebnisoffen mit Bienen in freier Wildbahn forscht.

Schiffer selber kümmert es wenig, denn Forschungsergebnisse, die nicht in seine Erzählung passen, werden einfach ignoriert.
Oder am besten gleich beiseite gewischt:

Strategie 4: Wissenschaft negieren, oder “Der gesunde Menschenverstand!”

Gerade in Zeiten der Corona Pandemie sind sie überall zu finden – jene Leute, die Wissenschaft immer dann ablehnen, wenn die Erkenntnisse derselben nicht ihrem Weltbild entsprechen. Sie nennen sich dann “Querdenker”, und nicht selten beschreiben sie ihren Unwillen, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen, mit den Worten “Die Wissenschaft weiß auch nicht alles!”, oder “Das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand, dass das so nicht sein kann!”

Umso überraschender, dass ein selbsternannter “Bienenforscher”, der als Wissenschaftler ernst genommen werden will, nun in die gleiche Kerbe haut.

So zitiert Schiffer die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung, welche Ergebnisse zu Untersuchungen zur Nahrungskonkurrenz zwischen Honig- und Wildbiene wie folgt zusammenfassen:

Neuere Untersuchungen kommen
ebenfalls zu dem Schluss, dass die
Gegenwart von Honigbienenvölkern
das Vorkommen von Wildbienen nicht
gefährdet. Daraus kann geschlossen
werden, dass Honigbienen – zumindest
in ihrem angestammten Verbreitungsgebiet – keine Gefahr für Wildbienen
darstellen. In den natürlichen Verbreitungsgebieten kann von einer evolutionär eingespielten Koexistenz zwischen
Honigbienen und Wildbienen ausgegangen werden.

Diese Aussage kommentiert er daraufhin wie folgt:

Die hier aufgeführten Interpretationen offenbaren, dass Wissenschaft
nicht nur der Schaffung von Wissen
dient, sondern auch dazu führen
kann, dass der gesunde Menschenverstand relativiert wird.

Man weiss gar nicht, was man auf so eine Einlassung entgegnen soll. Jemand, der sich selbst als Wissenschaftler versteht, negiert Wissenschaft durch Bauchgefühl, oder etwas so willkürlichem, wie dem Gesunden Menschenverstand.
Schiffer lässt nicht nur jene Erkenntnisse aus der Forschung oder praktischen Imkerei weg, die seinen Argumenten zuwider laufen könnten, nein, er wischt Dinge, die ihm nicht in den Kram passen einfach mit dem “Gesunden Menschenverstand” beiseite.
Was nicht ins eigene Weltbild passt, wird negiert.

Man übertreibt nicht, wenn man feststellt, dass so Populisten arbeiten.

Strategie 5: Belastbare Fakten missbrauchen, um alternative Fakten zu stützen

Ein recht eleganter Kniff ist es, den eigenen Unsinn Plausibilität zu verschaffen, indem man belastbare Fakten nimmt, und diese in den Kontext der eigenen Sache stellt, auch wenn sie dort überhaupt nicht passen.

Schiffer macht das mit dem Insektensterben. So schreibt er:

In einigen Regionen in Deutschland zeigte
sich ein Rückgang der Biomasse
fliegender Insekten um 75 %, alleine
in den letzten drei Jahrzehnten.

Und verweist dabei auf eine Studie, welche diese Beobachtung entsprechend beschreibt.
Das in diesem Fall bemerkenswerte daran ist, dass in dieser Studie ausdrücklich gesagt wird, dass über die Gründe des Rückgangs keine verbindlichen Aussagen gemacht werden können, und nachfolgende Annahmen über die Gründe eben genau das sind: Nur Annahmen.
Aber keine dieser Annahmen hat zum Inhalt, dass die konventionelle Imkerei eine Ursache für das Insektensterben sein könnte. Trotzdem stellt Schiffer implizit diesen Zusammenhang her.

Er benutzt hier eine Studie, die nirgendwo seine Thesen untermauert, um seine Behauptung, Honigbienen würden den Wildbienenbestand gefährden, deswegen so rücksichtslos, weil er weiß, dass sich kaum einer seiner Leser die Mühe machen wird, diese Information zu prüfen. Und wenn doch, kann er sich ja immer noch darauf zurückziehen, es ja anders gemeint zu haben.

Es ist – wieder einmal – ein Trick, der aus der politischen Auseinandersetzung der letzten 5 Jahre bekannt ist.

Strategie 6: Eine offene Diskussion einfordern, gleichzeitig selbige meiden

In einem Interview mit Jürgen Binder fordert Schiffer eine fachliche Diskussion zu seinen Thesen. Gleichzeitig aber, in dem selben Interview, in der gleichen Minute, macht er deutlich, dass ihn die Kritik an seinen Thesen nicht interessiert.
In jenem Interview attackiert er frontal den Mellifera e.V., um dann im gleichen Atemzug sich jede Kritik zu verbitten und noch vor dem Ende des Satzes eine offene , fachliche Diskussion zu fordern. Man weiß gar nicht, was er jetzt eigentlich will. Will er jetzt diskutieren? Aber nur, wenn man ihn nicht kritisiert?

Wer so auftritt, benutzt den Aufruf zur Diskussion als Strohmann. Es geht nicht um die fachliche Auseinandersetzung – wie auch, wenn man jede Kritik marginalisiert.
Und es gäbe genug Orte für eine sachliche Auseinandersetzung.
Es ist eben nicht so, anders als von Schiffer dargestellt, dass er nur Zielscheibe polemischer Kritik würde.
So schreibt Roland Sachs von chelifer.de eine sachliche, fundierte Analyse über den SchifferTree, nichts daran ist übergriffig oder falsch im Ton.
Auch die von Schiffer geschmähten Foren haben sich meist zwar scharf im Ton, aber letztlich doch inhaltlich mit seinen Thesen auseinandergesetzt. Und scharf im Ton muss er abkönnen, ist er schließlich auch nicht zimperlich.
Ein Bernhard Heuvel war sehr sanft und rücksichtsvoll im Ton, aber eben scharf argumentativ in der Sache. Was daran ist unangemessene Kritik oder gar ein Shitstorm?
Nichts.
Aber besser, man negiert Kritik als Shitstorm, als sich mit ihr auseinanderzusetzen – dann findet sich sogar noch die passende Opferrolle, in die man sich kuscheln kann.

Strategie 7: Starke, emotionalisierende Metaphern finden

Der Populist braucht Bilder. Je stärker das Bild, desto besser die emotionale Wirkung, umso größer die Aufmerksamkeit.
Und so geht es gleich auf der ersten Seite des “Imkern Heute” Artikel so richtig in die Vollen: “tierquälerische Behandlung”, “medikamentenabhängiger Dauerpatient”, “sterben in apokalyptischen Ausmaßen”. Es ist sehr viel die Rede vom “Establishment”, “Lobbygruppen” (alle selbstredend böse und voller böser Absichten), eben der ganze Katalog an Begriffen, die ja aktuell schon ein bestimmtes Framing haben.

Auch benutzt er sehr gerne den Begriff der “Massentierhaltung”, wenn es um die konventionelle Bienenhaltung geht – und dieser Begriff weckt bei jedem die gleichen Assoziationen.
Es handelt sich um ein ausgesprochen wirkmächtiges Bild, und das ist es, worum es Schiffer geht. Man kann gar nicht anders, es verschiebt den Blickwinkel des Zuhörers, des Lesers, der keine Fachkunde über Bienenhaltung haben kann, in eine bestimmte Richtung.
Waren denn die Imker nicht eigentlich die Guten? Sind sie das vielleicht gar nicht?

Aber da wo Schatten ist, da ist auch Licht, “Die Wahrheit”, wenn auch eine “unbequeme”, die er verkünden kann. Oder “Die Bewegung”, die jetzt entsteht, die Honigbiene zu retten.
Es sind immer die großen Bilder, die da bemüht werden. Und das verfängt ja auch viel mehr, als die nüchternen, langweiligen Untiefen datenbasierter Wissenschaft.

Fazit

Ist Torben Schiffer jetzt ein Populist?
Er hat eine politische Agenda, und Populismus ist eine Spielart der politischen Auseinandersetzung, er ist auch ein Art Werkzeug und nicht zuletzt eine Haltung.
Wenn man sein Wirken ein paar Jahre verfolgt hat, dann konnte man einer Form von Radikalisierung zusehen: Vom Bücherskorpion als Wiederentdeckung eines Symbionten hin zu einer radikalen Ablehnung der konventionellen Imkerei als Form der Landwirtschaft.
In seiner Welt scheint es nur noch schwarz und weiß zu geben – diejenigen, die Bienen in Magazinen halten, und die anderen, die seinen.
Imkerei ist bedeutend vielfältiger als das, was er beschreibt. Es gibt viel mehr Facetten zwischen unterschiedlichen Haltungsformen. Alleine die Spannbreite der Behandlung gegen die Varroamilbe ist größer als ein “Mit Säuren Bienen verätzen”, wie er es so apokalyptisch darstellt.
Er müsste das eigentlich wissen. Er müsste wissen, dass ein Ralph Büchler ein funktionierendes Konzept nahezu ohne Säuren lehrt. Schiffer muss wissen, dass die Institute mehr forschen, als wie man Bienen mit Säuren gegen die Varroamilbe behandeln kann. Er weiß sicherlich auch, dass es eine Vielzahl an Beuten gibt, große, kleine, mittlere, dass es Schwarmimkereien gibt, dass es Demeter Imkereien gibt, dass es Populationen in Imkerhand gibt, die resistent gegen die Milbe sind.
Er müsste auch wissen, dass Imkerei seit vielen Jahrhunderten ein Bestandteil der Landwirtschaft war, und dass sich Artenschutz und Landwirtschaft nicht gegenseitig ausschließen.

Das Problem an Schiffer ist nicht, dass er ein schlechter Wissenschaftler ist. Das Problem an ihm ist, dass er eine politische Agenda hat, und die besteht seit einiger Zeit darin, einen Ein-Mann-Feldzug gegen die konventionelle Imkerei zu führen und diese in Verruf zu bringen. Würde er sich mit seinen politischen Forderungen durchsetzen können, würde das nichts anderes bedeuten, als das Ende der konventionellen (und erwerbsmäßigen) Imkerei in Deutschland.

Worauf seine Motivation fußt, darüber ließe sich vortrefflich spekulieren, aber das ist in der Sache unerheblich.
Wichtiger wäre, das man in Vereinen, den Verbänden und überall sonst, wo Herr Schiffer gerne und lange sich selbst beim Reden zuhört, eine klare Ansage macht: Wenn du für deine vielen Behauptungen keine objektiv überprüfbaren Daten vorlegst, die wissenschaftlichen Standards genügen, und hauptsächlich Krach und Alarm für deine Selbstvermarktung machst, bieten wir dir kein Podium mehr.

Es ist sinnlos, mit Populisten (oder Leuten, die wie welche arbeiten) in ein Gespräch oder in eine Diskussion kommen zu wollen. Wie weiter oben bereits erwähnt, haben sie kein Interesse an einem Diskurs – die Sachdebatte ist ihr Feind, und das wissen sie auch. Deshalb zerstören sie den Diskurs.
Dass Torben Schiffer das tut, und wie er es macht, ist bis hier hin hoffentlich klar geworden.

Aber man sollte sich davor hüten, ihm eine Bühne zu geben.

2020.21 – Varroa, Lehren aus dem Betriebsjahr 2020

Einführung

Es folgt ein längerer Text, der darüber berichtet, wie sich die Varroasituation in meinem Völkern im Laufe des Sommers, Herbstes und Winter entwickelt hat, und welche Rückschlüsse daraus für künftige Varroastrategien zu ziehen sind.

Schon zu Beginn der Datenanalyse zeigte sich, dass die Völker nur bedingt miteinander vergleichbar sind und der Gesamtbestand in unterschiedliche Kategorien zerfällt. Es bot sich an, die Völker in Gruppen einzuteilen.
Es gibt unterschiedliche Völkertypen, die unterschiedlich behandelt, bzw. betrachtet werden müssen, was im Folgenden näher erläutert werden wird.
Ein Problem: Ich habe Völker teilweise unterschiedlich behandelt, auch dann, wenn sie zum gleichen Typus gehören.
Allerdings eröffnet mir dies auch Vergleichsmöglichkeiten, auf die in der Folge genauer eingegangen werden wird.

Motivation

Durch eine fortwährende Analyse der Varroazahlen in meiner Imkerei, im Kontext der Behandlungsmethoden, soll ein Weg gefunden werden, möglichst effektiv die Varroapopulation zu kontrollieren. Ziel ist es, gesunde und starke Völker in und durch den Winter zu führen, damit zur Frühtracht ausreichend starke Völker zur Verfügung stehen.

Bekannte Behandlungskonzepte funktionieren, das Rad muss nicht neu erfunden werden, aber gleichzeitig muss das eigene Handeln der eigenen Betriebsweise und der örtlichen Situation angepasst werden. Es gibt keinen Waschzettel, der nur abgearbeitet werden muss, um perfekte Ergebnisse zu bekommen.

Aktuell bin ich mit dem Zustand meiner Völker weder im Winter, noch im Frühjahr wirklich zufrieden. Daher hilft nur eine genauere Betrachtung der angewandten Behandlungsmethoden und der daraus resultierenden Völkerstärken bei Ein- und Auswinterung, um daraus dann andere, angepasste Herangehensweisen zu entwickeln.

Völkertypen

Damit der Leser und ich eine gemeinsame Ausgangsbasis haben, folgt eine kurze Erläuterung der Terminologie, was die einzelnen Völkertypen betrifft:

  • Wirtschaftsvolk, mit Notbehandlung: Ein Bienenvolk, welches das ganze Jahr über als Honigvolk geführt und im Juli mit einer TBE behandelt wurde. Im September erschienen mir der tägliche, natürliche Milbenfall als zu hoch, sodass eine Notbehandlung erfolgte.
  • Wirtschaftsvolk, ohne Notbehandlung: Ein Bienenvolk, welches das ganze Jahr über als Honigvolk geführt und im Juli mit einer TBE behandelt wurde. Hier war jedoch der natürliche Milbenfall im September so gering, dass eine Notbehandlung als nicht notwendig erachtet wurde.
  • Ableger: Ein Bienenvolk, welches Ende Mai, oder Anfang Juni mit zwei Brutwaben gebildet wurde, unter Zugabe einer unbegatteten Königin oder einer schlupfreifen Zelle. Bei Brutfreiheit wurde mit OXS behandelt. Anfang August wurde 1 Streifen Bayvarol ins Brutnest gehängt.
  • Brutsammler: Ein Volk, welches aus den Brutwaben jener Wirtschaftsvölker entstand, die einer TBE unterzogen wurden. Auch hier erfolgte eine Behandlung bei Brutfreiheit, Anfang August.
  • DeBiMo Völker: Ich nehme am Deutschen Bienenmonitoring teil. Ein Teil meiner Völker wird also regelmäßig genauer untersucht, und mir später die Ergebnisse entsprechend zur Verfügung gestellt.
    Ich habe also einen Anteil an Völkern, zu denen mir genauere Daten vorliegen, als zu anderen.

Durchführung und Zeitpunkt der TBE

Die TBE wurde von Mitte bis Ende Juli durchgeführt.
Die Völker wurden i.d.R. auf Mittelwände gesetzt, nach 4-7 Tagen erfolgte eine Behandlung mit Oxalsäure. Bei einem Teil der Völker wurde die OXS gesprüht, bei einem anderen Teil wurde auf eine alternative Methode zurückgegriffen.

Die entnommenen Brutwaben wurden als Brutsammler zusammengestellt, nach 9 Tagen wurden die Nachschaffungszellen gebrochen und und unbegattete Weiseln dazu gegeben.
Nach 21 Tagen erfolgte eine alternative Oxalsäurebehandlung im brutfreien Zustand.

Wenn Völker mit Oxalsäure behandelt wurden, dann immer im brutfreien Zustand.

Das überraschend schlechte Ergebnis der DeBiMo Völker

Mit der Übermittlung der Testergebnisse durch das LIB Hohen Neuendorf wurde klar, dass dieses Jahr die Varroabehandlung nicht gut gelaufen war:

Wie sich zeigte, hatten 40% der Völker zwischen Juli und Oktober einen höheren phoretischen Befall entwickelt – obwohl zwischen den Probeentnahmen eine TBE und eine OXS Behandlung lag. 50% hatten einen phoretischen Befall von >1%, ein Volk (Nr. 19), hatte seinen phoretischen Befall trotz TBE und OXS mehr als verfünffacht!

Eigentlich hätte der Befall deutlich geringer ausfallen sollen (und hatte es im vergangenen Jahr auch getan), insofern war eine genauere Analyse der Aufzeichnungen des aktuellen Jahres angezeigt.

Was bedeuten diese Zahlen für das aktuelle Varroakonzept, außer dass es nicht ausreichend ist? Wo sind Anpassungen vorzunehmen?

Notbehandlungen im September

Es gab eine Reihe von Völkern, die bei einer Probe mittels Varroawindel einen zu hohen Milbenfall zeigten. Dabei handelte es sich fast ausnahmslos um Wirtschaftsvölker.

Diese Völker sollten eigentlich einer Blockbehandlung mittels OXS unterzogen werden, wobei die dafür notwendige Hardware nach der zweiten Behandlung kaputt ging.
Daraufhin wurde kurzfristig auf Bayvarol umgestiegen, und den betroffenen Völkern 1 Bayvarolstreifen ins Brutnest gehangen – Ausnahmen erhielten 3 Streifen.

Jene Völker, deren Milbenfall Anfang September augenscheinlich unauffällig war, wurden keiner Behandlung im Herbst unterzogen.

Oxalsäure sprühen und Oxalsäure alternativ verabreichen, Methode wirken unterschiedlich gut

Die Wirtschaftsvölker wurden mittels TBE brutfrei gemacht. Anschließend folgte eine Behandlung mit Oxalsäure.
Dabei wurde die OXS unterschiedlich verabreicht:
Ein Teil wurde mit OXS besprüht, ein anderer Teil wurde mit einer alternativen OXS-Applikation behandelt.

Beide Gruppen waren im September nicht zu gleichen Teilen bei den behandlungswürdigen Völkern vertreten, vielmehr hatte eine der beiden Gruppen den größeren Anteil Völker, die zu viele Milben fallen ließen.

OXS sprühenOXS alternativ verabreichen
Notbehandlung notwendig84
keine Notbehandlung notwendig28
Verteilung behandlungswürdiger Völker im September auf die Behandlungsmethode bei Brutfreiheit

Das Sprühen von OXS scheint im direkten Vergleich schlechter zu wirken. Anders ist der höhere Milbenfall der entsprechenden Völker im September nicht zu erklären.

Allerdings führte dies dazu, dass diese Völker noch einmal behandelt wurden, während die alternativ behandelten so gut aussahen, dass eine weitere Behandlung nicht notwendig zu sein schien.
Im Dezember zeigten sich dann die Auswirkungen der unterbliebenen Behandlung.

Milbenfall im Dezember nach Restentmilbung

Alle Völker wurden im Dezember der gleichen Art von Restentmilbung mittels Oxalsäure unterzogen.
Nach 7 Tagen wurden die auf die Windel gefallenen Milben gezählt und ein Tagesmittel errechnet und zum Vergleich herangezogen.

Um die vier Gruppen (WV mit und ohne Notbehandlung, Ableger und Brutsammler) miteinander vergleichen zu können, wurde für jeden Typ ein Durchschnitt des Milbenfalls pro Tag über alle Völker eines Typs gebildet.

Welcher Volkstyp hat im Dezember durchschnittlich wie viele Milben pro Tag fallen lassen?

Die gute Nachricht: Die Ableger, alle einmal im Mai, Juni brutfrei behandelt, sowie Anfang August um 1 Bayvarol-Streifen ergänzt, haben im Schnitt nach der Restentmilbung wenig Milben fallen lassen. Es gibt Ausreißer, aber im Großen und Ganzen war der Milbenfall nach der Winterbehandlung sehr gering.

Ganz anders sieht es bei den Brutsammlern aus.
Diese Völker, mit Brutwaben aus der TBE der Wirtschaftsvölker gebildet, hatten einen extrem milbenreichen Start. Der Milbendruck wurde durch eine einmalige OXS Behandlung zwar so weit gemindert, dass eine Einwinterung möglich war, allerdings verblieben noch überdurchschnittlich viele Milben in den Völkern.

Auffällig ist der Unterschied zwischen Wirtschaftsvölkern mit und ohne Notbehandlung im September.
Kurz gesagt: Ohne Notbehandlung fielen 3 mal so viele Milben wie mit – die Notbehandlung macht einen signifikanten Unterschied bei der Anzahl der Milben, die noch mit in den Winter gehen.

Betrifft Wirtschaftvölker mit einer Notbehandlung
Betrifft Wirtschaftsvölker ohne Notbehandlung

Fazit TBE

Eine TBE mit nachgeschalteter OXS Behandlung reicht nicht aus, um auf eine Behandlung im September gänzlich verzichten zu können.

Es gibt scheinbar eine signifikante Reinvasion (von innen), welche die Milbenzahl in die Höhe treibt. Insbesondere an den eng überwachten DeBiMo Völkern ist erkennbar, dass eine TBE samt Oxalsäurebehandlung mitunter nicht ausreicht, die Milbenzahl dauerhaft wirksam zu senken, wenn 40% einen höheren phoretischen Befall nach der TBE als vor der TBE aufweisen.

Brutsammler

Dieser Völkertyp braucht nach der ersten brutfreien Behandlung später eine nachgelagerte Nachsorge (bspw. im September), wenn man nach einer Restentmilbung möglichst milbenarm ins neue Jahr starten möchte.

Ursache für den überdurchschnittlichen Befall muss die vergleichsweise hohe Konzentration an befallenen Zellen in den Brutwaben sein, welche am Ende einer Bienensaison in den Wirtschaftsvölkern vorhanden sein dürften.

Hier liegt auch der Unterschied zu den zeitig im Jahr gebildeten Ablegern.

Die TBE alleine ist kein Allheilmittel gegen die Varroamilbe, auch nicht in Kombination mit einer Behandlung bei Brutfreiheit mittels Oxalsäure.

Weiterhin hat die TBE auch praktische Grenzen, bei denen eine Verwendung dieser Methode keinen Sinn mehr macht. Vgl. dazu auch: [1][2]

Fazit Ableger

Ableger, im Frühjahr gebildet und brutfrei behandelt, bauen scheinbar bis zum Herbst, Winter nur eine geringe Milbenlast auf – von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Das erscheint auch logisch: Zu einem Zeitpunkt gebildet, als der Spender selbst kaum Milben hat, ist die Startpopulation an Milben sehr klein. Mit einer effektiven Behandlung bei Brutfreiheit, sinkt der Befallsgrad noch einmal deutlich.

Bis die neue Königin so richtig in Brut gegangen ist, und damit auch die Milbe groß in die Vermehrung einsteigen kann, ist der Sommer schon weit fortgeschritten.
Somit fehlt es den Milben sowohl an Individuen, Brutzellen als auch Brutzyklen, um bis zum Winter starke Populationen aufzubauen.

Die Entnahme von Brutwaben scheint jedoch bei den Brutspendern kaum zu einer signifikanten Verzögerung in der Entwicklung der Varroapopulation zu führen.

Fazit Bayvarol

Die Datenlage ist zu dünn.
Bayvarol scheint gut zu wirken, wenn 2-3 Streifen in ein Brutnest gehangen werden.
Bei kleineren Einheiten, wo nur ein Streifen gegeben wird, sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich.
Bei den Ablegern sehen alle gut aus, bis auf zwei Einheiten. Alle wurden gleich behandelt, aber zwei fallen durch sehr hohe Zahlen auf.

Noch auffälliger ist es bei den Mini Plus Einheiten, die eingewintert wurden:
Alle wurden zur gleichen Zeit im Jahr gebildet, gleich geführt und gleich mit jeweils einem Bayvarol Streifen behandelt: 50% sind in Ordnung, 50% sind zu stark mit Milben belastet, wenn man der Windel nach der Restentmilbung trauen kann.

Mein vorläufiges Fazit wäre: Bayvarol kann helfen, im August, September noch einmal die Populationsentwicklung der Milben zu stören. Aber das kann auch schief gehen.

Fazit Varroa Managment insgesamt

Ich habe dieses Jahr Völker durch die Varroa verloren. Diese Völker wurden schon im August, September aufgelöst, aber nur, um das Kahlfliegen vorweg zu nehmen.

Hier kam die TBE zu spät, die Völker waren zu stark vorbelastet.
Daraus ergibt sich eine erste Schlussfolgerung für ein angepasstes Varroamanagement:

Früher, genauer hinsehen

Hätte, hätte, Fahrradkette – hätte ich, wie geplant, im Frühjahr und Frühsommer genauer hingesehen – beispielsweise mit einer Alkoholwaschung – hätte ich überdurchschnittlich stark belastete Völker identifizieren und rechtzeitig behandeln können.
Zwar wären diese dann für die Honigproduktion ausgefallen, aber das wäre nebensächlich gewesen.

Vor einer TBE den phoretischen Befall bestimmen

Von manchen Völkern muss man keine Brutwaben in die Brutsammler stecken.
Ich habe noch keine Vorstellungen, wo man Grenzwerte setzen kann, aber der Point Of No Return kann auch schon erreicht sein, bevor man ein katastrophales Brutbild zu Gesicht bekommt.
Vielleicht wäre es ein experimenteller Ansatz, vor der nächsten TBE den phoretischen Befall zu bestimmen, und dann Brutsammler aus jenen Brutwaben mit gleichem Befallsgrad zu bilden, und deren Entwicklung zu vergleichen.

Mehr Ableger, Kunstschwärme bilden

Ich habe dieses Jahr meine Vermehrung vor allem auf die Brutsammler der TBE gestützt.
Wenn ich mir die Ableger und Schwärme ansehe, die ich im Mai, Juni gebildet habe (bilden musste – wenn im Baum), dann stehen diese so viel besser da, dass die Überlegung nahe liegt, hier doch ein größeres Augenmerk auf die Ablegerbildung zu richten.

Ich habe durch die Stockwaagen auch gelernt, dass wir eine Trachtlücke haben, die von Anfang, Mitte Mai bis Mitte Juni reicht.

Aus imkerlicher Sicht wäre es sinnvoll, zu Beginn dieser Trachtlücke überschüssige Bienen “zu ernten” und zu Kunstschwärmen zu verarbeiten, bevor die Völker selber die Bienenmasse der Trachtsituation anpassen.

Ergänze, erhöhe ich meinen Bestand auf diese Art, muss ich im Spätsommer weniger Brutsammler in der TBE bilden und kann mehr Brutwaben einschmelzen.

VarroMed im September?

Nach meinem negativen Urteil aus [3] über VarroMed mag meine folgende Einlassung nahezu peinlich sein, aber:
Die Völker, die im September 2019 mit VarroMed behandelt worden sind, hatten im DeBiMo Screening im Oktober allesamt sehr niedrige Varroa Werte. Das galt auch für Völker, die mit einer alternativen Oxalsäureapplikation behandelt wurden.

Allerdings ist VarroMed sehr einfach einzusetzen, auch dann, wenn man mal keine Stromquelle oder eine Schutzmaske zur Hand hat.
Für schwach befallene Völker scheint VarroMed ausreichend zu wirken, und wäre damit eine gute Alternative zu dem ebenfalls teuren Bayvarol, welches aber meiner Erfahrung nach weniger zuverlässiger wirkt, als VarroMed.

Es wäre betrieblich ein Leichtes, im September, wenn man letzte Checks an den Völkern macht, einfach noch zwei, drei Mal mit der VarroMed Flasche rüber zu gehen, auch dann, wenn die Einheiten auf Außenstände stehen.

Und jetzt?

Ich fasse die diesjährigen Erkenntnisse für mich so zusammen:

  • Ableger und/oder Kunstschwärme bilden, um auf die Brutsammler aus der TBE nicht angewiesen zu sein.
  • Ab Ende April den phoretischen Milbenfall messen. Bernhard Heuvel beschreibt eine einfachere Methode, wo er mit dem Stockmeißel Brutzellen aufkratzt, und nach befallenen Zellen sucht. Wie geht das? Gibt es da Bildaterial?
  • Bei einem phoretischen Befall von >3% behandeln, auch wenn das schon im Mai oder Juni der Fall sein sollte.
    Eingreifen, bevor ein irreparabler Schaden auftritt.
    Und wie sagte Liebig immer so treffend: “Nur wer beobachtet, weiß bescheid”
  • Vor einer TBE in jedem Fall den phoretischen Befall ermitteln, und nur aus den schwächer befallenen Völkern Brutwaben zu sammeln. Stärker befallene Völker geben ihre Brutwaben direkt in den Wachsschmelzer.
  • TBE Wirtschaftsvölker brutfrei behandeln, aber im September dann einer Nachbehandlung unterziehen.
  • Für Brutsammler gilt das Gleiche.
  • Im September Völker noch konsequenter zusammenlegen.

Hat der Heuvel recht?

Bernhard Heuvel sagt in einem Vortrag: Wir kümmern uns die ganze Zeit nicht um die Varroa, aber dann im Sommer, müssen wir mit allem, was wir haben, drauf schlagen. Sinnvoller ist es, früher einzugreifen!

Er schlägt unter anderem vor, im Februar einmal mit VarroMed über die Völker zu gehen, um die Entwicklungsdynamik gleich zu Saisonbeginn zu stören.
Ich weiß nicht, ob das tatsächlich einen so großen Unterschied macht. Dafür sind meine Zweifel in VarroMed zu groß, zumal es nicht in die verdeckelte Brut wirkt.

Allerdings finde ich seinen Vorschlag, mittels Brut-aufkratzen jederzeit schnell einen aussagekräftigen Eindruck über die Milbenbelastung zu erhalten, sehr interessant.
Alkoholwaschung gehen schnell, erfordern aber doch einen Mehraufwand, welchen ich oftmals auch meide.
Seine Variante ließe sich schnell in die reguläre Durchsicht einbauen. Und mit validen Informationen ließen sich begründete Entscheidungen treffen.

Das neue Bienenjahr wird nicht langweilig werden.
Manchmal dreht sich bei mir alles zu sehr um die Milbe, da gerät die Biene fast in den Hintergrund. Aber vielleicht geht es aktuell noch nicht anders, weil ich noch auf der Suche bin, nach der Betriebsweise, wo die Milbe in Schach und die Biene möglichst bienengemäß gehalten wird, und ich betrieblich alles unter einen Hut bekomme.

Vielleicht kann der gemeine Leser ja etwas dabei herausziehen.

Links

[1] https://stadtrandhonig.de/2020/09/16/2020-16-vorlaeufiger-bericht-zur-varroasituation-2020-und-zur-tbe/

[2] https://stadtrandhonig.de/2020/10/30/2020-18-ueberlegungen-zu-einem-geaenderten-varroa-konzept/

[3] https://stadtrandhonig.de/2019/10/07/varromed-feldversuch-und-auswertung/

2020.18 – Überlegungen zu einem geänderten Varroa Konzept

Die Probleme mit der TBE

Die Totale Brutentnahme (TBE) ist eine der wirklich wirksamen, wetterunabhängigen Varroabehandlungsmaßnahmen, die ohne Ameisensäure auskommt und sich dabei die Bienenbiologie zunutze macht.

Ich werde das an dieser Stelle nicht erneut erklären, aber die Tatsache, dass man neben der Varroabehandlung auch noch Völkervermehrung und Wabenerneuerung in einem Abwasch mit erledigen kann, ist ausgesprochen hilfreich und effizient.

Allerdings: Neben den vielen positiven Aspekten gibt es auch eine Reihe negativer, die nicht unerwähnt bleiben dürfen:

  • TBE ist immer auch Materialschlacht. Man benötigt sehr viel Material, in FOrm von Beuten und Rähmchen.
  • Nach einer TBE hat man möglicherweise deutlich mehr Völker, als man am Ende wirklich haben möchte.
  • Diese neuen Völker, i.d.R. die Brutscheunen, brauchen einen eigenen Platz, zumindest bis sie behandelt worden sind, und
  • diese neuen Völker gehen oftmals aufgrund der Vorbelastung etwas schwächer in den Winter (was nicht schlimm sein muss – kommt auf die Ziele an, die man mit jenen Völkern verbindet).
  • Das Setzen auf Mittelwände ist für das behandelte Volk ein Kraftakt – gerade jene Völker, die vor der Behandlung einen hohen Milbenbefall hatten, (>3% phoretischen Befall), tun sich schwer, neues Wabenwerk zu errichten und große Mengen Brut aufzuziehen.

Grenzwerte für eine TBE

Disclaimer: Die nachfolgenden Aussagen beziehen sich auf eine TBE, die Mitte bis Ende Juli durchgeführt wird! Eine TBE Mitte Juni kann zu anderen Ergebnissen führen!

Ich beobachte jetzt im zweiten Jahr, dass die Vorbelastung eines Volkes ausschlaggebend dafür ist, wie stark das Volk nach einer TBE einwintert.

Die TBE rettet ein stark belastetes Volk nicht mehr, stattdessen wird es mit der TBE überfordert, verliert zusehens an Bienenmasse und muss letztlich aufgelöst oder vereinigt werden.

Ein mittelschwer belastetes Volk schafft zwar den Neuaufbau des Wabenwerkes und das Anlegen ausreichender Mengen an Brut, allerdings werden weniger Bienen aufgezogen, das Volk geht schwächer in den Winter.

Insgesamt scheinen mir bei meinem aktuellen Kenntnisstand folgende Grenzwerte halbwegs sichere Ergebnisse zu produzieren:

Phoretischer Befall (Alkoholauswaschung)Maßnahme
<= 3%TBE auf Mittelwände möglich
> 3%, <= 5%TBE auf Leerwaben möglich
>5%TBE sollte unterbleiben, Alternativen notwenig
Grenzwerte für eine TBE

Welche Behandlung bei welchem Grenzwert?

Bei einem geringen Befall von unter 3% phoretischen Befalls ist eine Behandlung mittels TBE auf Mittelwände unproblematisch. Bei um die 3% wird es mitunter schon schwierig.

Grundsätzliche Beobachtung: Bei einer TBE, bei der das Volk auf ausgebaute Leerwaben gesetzt wird, schwindet weniger Bienenmasse und das Volk erstarkt schneller und stärker, als wenn es auf MW geschlagen wird.

Das Setzen auf Leerwaben hat aber zur Folge, dass man schneller mit OXS behandeln muss! Man kann keine 7-9 Tage warten, man sollte eher nach 3 Tagen behandeln, andernfalls können sich verbleibende Milben bereits wieder in den Futtersaft von Larven gerettet haben.

Bei über 3% bis rund 5% phoretischem Befall sollten in jedem Fall Leerwaben verwendet werden, auf welche das Volk gesetzt wird. Andernfalls würde ich den Behandlungserfolg als gefährdet ansehen. Meiner Beobachtung nach haben es solche Völker schwer, ausreichend Bienenmasse bis zum Winter aufzuziehen, wenn sie zusätzlich noch alle Waben ausbauen müssen.

Sollte der phoretische Befall 5% übersteigen, sind meines Erachtens andere Behandlungsmethoden vorzuziehen:

  • Es wird jetzt alles benötigt, was an Bienenmasse greifbar ist.
  • Daher sollte die Brut nicht entnommen werden. Gleiches gilt für das Wabenwerk.
  • Gleichzeitig muss Brutfreiheit hergestellt werden, weil eine Behandlung bei Brutfreiheit sehr effektiv und mit Oxalsäure auch hinreichend bienenschonend ist.
  • Die Behandlung dieser Kandidaten sollte bestenfalls passieren, bevor andere Völker am Stand behandelt werden!

Aus praktischer Sicht wird man davon ausgehen müssen, dass man einen zu hohen phoretischen Befall entweder so zeitig bemerkt, dass der kritische Wert von 5% noch nicht überschritten ist (bspw. durch regelmäßige Kontrollen mit Alkoholauswaschung), oder man ihn erst bemerkt, wenn die Behandlung konkret ansteht.

In diesem Moment sollen aber meist eh alle Völker behandelt werden, insofern wird der letzte Spiegelstrich der Aufzählung schwierig umzusetzen sein.
Daher: Wenn möglich, wollten Völker mit einem hohen phoretischen Befall zur Behandlung auf einen Quarantäne Stand gebracht werden.

Behandlungskonzept für Völker mit zu hohem phoretischen Befall

Der zentrale Punkt ist hier, wie auch bei der TBE, das Herstellen von Brutfreiheit.

  • Tag 0: Betroffene Völker auf einen Quarantäne Stand bringen.
  • Tag 1: Königin abfangen und entweder abdrücken oder mit einer Kelle Bienen in ein Apidea geben (kann als Backup also aufgehoben werden)
  • Tag 5: Nachschaffungszellen brechen.
  • Tag 9: Letzte Nachschaffungszellen brechen.
  • Tag 10: Unbegattete Weisel einlaufen lassen oder unter Futterteigverschluss zum Ausfressen reingeben.
  • Tag 22-23: Volk ist brutfrei, bzw. hat keine verdeckelte Brut mehr, bestenfalls Larven der neuen Königin. Daher: Prüfen, ob Königin legt und Volk mit Oxalsäure im Sprühverfahren behandeln.
  • Ab Tag 23: Portionsweise flüssig auffüttern.

Was zu beachten ist

Es werden zwei Mal Nachschaffungszellen gebrochen.
Bienen wollen schnellstmöglich eine neue Königin haben, und werden daher auch aus älteren Larven versuchen, sich eine zu ziehen. Daher kann es passieren, dass eine Prinzessin früher schlüpft als erwartet. Nach 5 Tagen findet man gut die ersten Zapfen, die man ausbrechen kann, und nach 9 Tagen staunt man dann, wie viele Zellen man beim ersten Mal übersehen hat.

Nicht zu früh füttern!
Wenn das Volk nicht eh Futterreserven am Brutnest hat, dann entweder einer Futterwabe fluglochfern einhängen, oder – wenn keine FW vorhanden ist – Futterteig in einer Futtertasche fluglochfern geben.
Völker ohne Weisel haben mitunter eine schlechte Fluglochwache und können somit leichter Opfer von Räuberei werden. Da wir hier von Juli reden, ist Räuberei grundsätzlich aktuell und die Vermeidung selbiger anzustreben.
Auch das Flugloch zu verkleinern ist sinnvoll.
Wenn eine legende Königin im Volk ist, kann die langsame Auffütterung für den Winter beginnen.

Einweiseln
Nach einem Tag hoffnungsloser Weisellosigkeit wird ein Volk in der Regel eine Prinzessin ohne weiteres akzeptieren.
Von daher kann man ein Rähmchen ziehen, auf welchem sich Rest-Brut befindet, und die Weisel dort einfach rauf laufen lassen. Jetzt kann man beobachten, ob und wie die Annahme der Arbeiterinnen aussieht. Aller Wahrscheinlichkeit wird die Weisel wenig Beachtung finden, über die Wabe laufen und ihren Kopf in die nächste Zelle mit Nektar stecken.

Wenn man unsicher ist, kann man den Käfig mit der Prinzessin auch einfach auf die Oberträger legen und beobachten, was passiert.
Wenn die Arbeiterinnen die Weisel im Käfig bemerken, werden sie vermehrt aus den Wabengassen aufsteigen und auf den Käfig krabbeln. Ein paar Arbeiterinnen werden anfangen, mittels Flügelschlag und aufgerichtetem Hinterteil die frohe Pheromonkunde zu verbreiten, andere werden versuchen, die Königin durch den Käfig zu füttern.

Auch hier kann die Königin dann einfach freigelassen werden.
Wenn man Angst hat, dass die Weisel wegfliegt, kann auch den Ausfressschutz ausbrechen und den Käfig zwischen zwei Waben klemmen.

Bei dieser Variante einer Behandlung erreicht man nahezu das Gleiche, wie bei einer TBE: Man behandelt bei Brutfreiheit.
Gleichzeitig verliert man weder die alte Brut (und damit auch eine ganze Reihe noch gesunder Bienen, sprich: Bienenmasse), noch das alte Wabenwerk.

Die fehlende Erneuerung des Wabenwerkes könnte auch ein Kritikpunkt sein, allerdings halte ich persönlich altes Wabenwerk solange für unbedenklich, so lange es nicht durch Verfälschungen im Wachs, Pestizide/Herbizide/Fungizide oder Rückstände chemischer Varroabehandlungen belastet ist.
Bezüglich der Übertragung von Viren über das Wabenwerk würde ich mir weniger Gedanken machen, als über den Stress für die Bienen, welcher beim Neubau des gesamten Wabenwerkes entsteht. Notfalls erfolgt die Bauerneuerung eben im darauffolgenden Jahr.

Das ein Volk dabei gleich umgeweiselt wird, ist ein positiver Nebeneffekt: Völker, welche mit einer jungen Königin in den Winter gehen, haben höhere Überlebenschancen.
Im Sinne einer Selektion könnte man auch argumentieren, dass die alte Kö keine Merkmale einer Varroaresistenz zeigte, und deswegen aus dem Genpool entfernt wird.

Fazit

In den letzten Jahren war bei mir die TBE ein willkommenes Mittel, Völker auf ein neues Rähmchenmaß zu setzen.

Ich werde damit auch nächstes Jahr weiter machen, da ich immer noch dabei bin, alles auf Dadant umzustellen.

Allerdings werde ich jene Völker, die schon auf Dadant sitzen, nächstes Jahr so behandeln, wie ich es gerade geschildert habe: Entweiseln, auf Brutfreiheit warten und zwischendurch mit einer Prinzessin bestücken.

Ich will mir damit einen Teil der Materialschlacht ersparen, hoffe auf stärkere Einwinterungen, erledige das Umweiseln schon im Juli, und nicht erst im September, und werde den Völkerbestand schon ab Frühjahr eher mit Kunstschwärmen erweitern.

Das wird mir bestenfalls einen Teil der Arbeit ersparen und verhindern, dass meine Völkerzahlen völlig aus dem Ruder laufen. Damit wäre mir schon sehr geholfen.

In jedem Fall möchte ich endgültig von der Ameisensäure weg – das ist einfach ein hässlicher Anblick, wenn es schief geht. Und es gibt bessere Methoden.

2020.16 – Vorläufiger Bericht zur Varroasituation 2020 und zur TBE

In diesem Blogpost soll es um aktuelle Beobachtungen zur Totalen Brutentnahme (TBE), Varroamanagement im Allgemeinen und finanzielle Aspekte dabei im Besonderen gehen.

Aktuelle Beobachtungen zum Thema TBE

Ich bin ja ein bekennender Anwender der Totalen Brutentnahme. Ich erschlage damit mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ich entferne große Teile der Milben aus einem Volk, ich bilde Ableger, die ich im Frühjahr als Reserven nutzen kann, und ich erschlage die Bauerneuerung gleich mit.

Aber insbesondere eine Beobachtung zwingt mich zu Verbesserungen: Ein Drittel bis die Hälfte der Völker hat jetzt im September noch mehr Milben im Volk, als ich das gut finde.

Wenn ich in einer Dadant-Kiste auf einer Windel nach 48 Stunden mehr als 10 Milben pro Tag finde, empfinde ich das als zu hoch.
Diese Empfindung wird in der Regel durch einen Blick auf die Volksstärke gestützt – diese Völker sehen schwächer aus als ihre Nachbarn, die <5 Milben pro Tag fallen lassen.

Ich habe ganz vereinzelt Völker, die trotz TBE mehr als 50 Milben am Tag haben fallen lassen. Zumindest ein Volk davon zeigt DWV Bienen, das Brutnest ist ungewöhnlich löchrig für ein TBE-Volk und die Volksstärke so gering, dass eine Einwinterung bei derzeitigem Zustand nicht sinnvoll erscheint.

Ich greife also im Moment bei rund einem Drittel der Völker ein und behandele nach, um die Milbenlast für die letzten +-2 Brutzyklen zu senken.

Meine Frage lautet: Was ist da schief gelaufen, dass so viele Kisten 2 Monate nach der TBE bereits wieder so viele Milben haben?

Erklärungsversuch

Ein Volk hat, wie gesagt, ein ernsthaftes Milbenproblem, trotz TBE am 10.7. mit darauf folgender OXS Restentmilbung.
In der Folge einer weiteren OXS Behandlung, die aufgrund des hohen Milbenfalls auf der Windel Anfang September durchgeführt wurde, fielen so viele Milben, dass die Windel braun eingefärbt war.

Man hätte gut und gerne unterstellen können, dass das Volk dieses Jahr noch nicht behandelt worden ist.
Wo kommen da die ganzen Milben wieder her?

Als erste Erklärung wird immer wieder die Reinvasion ins Feld geführt. Ich halte allerdings diese Erklärung für nicht schlüssig, weil:
Wenn sterbende Völker aus der Umgebung sich bei mir einbetteln, und damit ihre Milben mitbringen (Push Effekt), dann würden sich die Bienen paritätisch über meinen Bienenstand verteilen und nicht insbesondere ein spezielles Volk belasten.

Wenn man annimmt, dass meine Bienen sterbende Völker in der Umgebung ausräubern und damit auch die Milben mitbringen (Pull-Effekt), dann wären es insbesondere die starken Völker, welche Überfallkommandos losschicken könnten, aber nicht ein Volk, welches bereits selbst durch die Milbe geschwächt ist.

Ich glaube also in diesem Fall nicht an die Reinvasionstheorie.

Plausibler finde ich die Theorie der Reinvasion von innen. Nach der TBE bleiben so viele Milben übrig, dass in der Folge zu viele Brutzellen befallen und damit zu viele Bienen geschädigt werden, während zu viele Milben nachwachsen.
Ich kann nur vermuten, dass es sich dabei um eine Wechselwirkung handelt zwischen:

Vorbelastung der Bienen vor der TBE, und damit der fehlenden Kraftreserven, die ein Volk bei einer TBE eigentlich aufbringen müsste – einerseits.

Absolute Zahl der Milben, die eine TBE samt OXS überleben, und dann als neue Startpopulation das Volk schwächen – andererseits.

Das o.g. schwache Volk hatte vor der TBE einen gemessenen phoretischen Milbenbefall von 5% (gemessen mit der Alkoholauswaschmethode).
Dieser Wert lag deutlich über dem Standdurchschnitt.

Ich schlussfolgere Zweierlei daraus:
Die Bienen, welche die anstehende TBE meistern mussten (Wabenwerk neu aufbauen, einen ganzen Brutsatz kompensieren, der ja entnommen wurde, und neue Brut aufziehen), waren durch die hohe Milbenlast vorgeschädigt und weniger leistungsfähig. Dies betrifft insbesondere die Leistungsfähigkeit hinsichtlich der arbeitsintensiven Brutpflege.
Dies hatte einen geringeren Brutumfang zur Folge.

Durch den anfangs hohen Milbenbefall war auch die Anzahl der absolut überlebenden Milben höher als bei anderen Völkern. Weiterhin spielt insbesondere bei der OXS Behandlung auch der Zeitpunkt eine Rolle – je weniger Bienen unterwegs sind, und je mehr Bienen in der Beute sitzen, umso wirksamer ist die Behandlung.

Zu dem genauen Behandlungszeitpunkt kann ich nichts mehr sagen, aber die klar ist, dass die Startpopulation der Milben höher gewesen sein muss.

Wenn jetzt der Brutumfang geringer ist, die Anzahl der Milben aber höher als erwartet, so hat das eine prozentual höhere Befallsrate der Brutzellen zur Folge, was wiederum letztlich zu einem Mangel an fitten Jungbienen führt – in der Folge erholt sich das Volk gar nicht, oder nur sehr langsam, während die Zahl der Milben weiter steigt.

Unterstützt wird die Annahme von einem weiteren Volk, welches mittlerweile aufgelöst wurde.
Dieses hatte einen noch deutlich höheren phoretischen Milbenbefall (irgendetwas zwischen 40 und 60%) und wurde ebenfalls am 10.7. einer TBE unterzogen.

Zwar wurde nach der TBE noch am Wabenwerk gebaut und ein erstes handtellergroßes Brutnest angelegt, allerdings flogen binnen 3 Wochen so viele Bienen ab, dass das Volk nur noch aufgelöst werden konnte. Dieses Volk war innerhalb von 6 Wochen von “groß und stark” zu einem nahezu vollständigen Kahlfliegen zusammengeklappt.
Der Zusammenhang zwischen der Belastung durch eine TBE und der fehlenden Kraft der Pflegebienen zum Neuaufbau war hier insofern offensichtlich, als dass die TBE den Kahlflug noch zu beschleunigen schien.

Unterschiede bei der OXS Applikation

Ich habe eine Testgruppe von Völkern nicht OXS besprüht, sondern bedampft.
Die bedampften Völker, obwohl nur eine Woche nach den besprühten gebildet, haben allesamt einen unauffälligen Varroastatus.
Man könnte glatt meinen, das Verdampfen wäre effizienter als das Besprühen.

Vorläufiges Fazit

Im Falle einer zu großen Belastung eines Volkes Mitte Juli durch Milben, ist eine TBE kein geeignetes Mittel, das Volk zu sanieren. Ob zu einem früheren Zeitpunkt im Jahr, beispielsweise im Mai, eine TBE noch etwas retten kann, kann ich nicht beurteilen, würde aber vermuten, dass das grundsätzliche Problem Kraftbedarf-TBE im Verhältnis zu Ausreichend-fitte-Arbeiterinnen auch hier ungünstig ist.

Insbesondere das vollständige Entfernen der Brut verlangt von den übrig bleibenden Arbeiterinnen, einen ganzen Brutzyklus (plus n Tage für Wabenbau) auf Verstärkung warten zu müssen.
Zwar haben sie in diesem Moment nicht die schwere Arbeit der Brutpflege zu leisten, dafür haben sie aber ihr komplettes Wabenwerk verloren und und fangen hier wieder bei Null an.

Das ist dann überhaupt kein Problem, wenn das Volk noch genug fitte Arbeiterinnen zur Verfügung hat.
TBE Völker sehen nach einer TBE richtig gut aus, aber eben nur, wenn die Bienenmasse stimmt, und der Milbenstatus einen phoretischen Befall von etwa 3% nicht überstiegen hat – so meine bisherige Arbeitshypothese.

Bei stärker befallenen Völkern würde ich künftig eine andere Strategie fahren wollen, die darauf abzielt, die Brut nicht zu entfernen und auch nicht durch aggressives Nebenwirkungen (wie beispielsweise bei der Ameisensäure) zu schädigen.

Stattdessen würde ich in diesen Fällen entweder eher auf eine OXS Blockbehandlung setzen, bzw. auf Präparate wie BayVarol oder Apivar zurückgreifen (letzteres ist m.E. rezeptpflichtig).

Die Voraussetzung für ein entsprechendes Handeln ist aber eine genaue Kenntnis des Varroalevels in den Völkern.

Dazu dann gleich mehr.

Ein paar Gedanken zum Varroamanagement

Varroamanagement geht auch im Blindflug. Es gibt genug Imker, die behandeln nach ihrem Schema, welches in der Vergangenheit immer gut funktioniert hat, und sie kommen damit auch gut über den Winter.

Meine eigenen Interessen gehen da in eine etwas andere Richtung. Ich möchte noch mehr über die Entwicklungsdynamiken der Milbe im Volk verstehen lernen und meine Behandlungen dann ggf. individuell gestalten.

Die Notwendigkeit einer individuellen Behandlung von Völkern ergibt sich aus den Bemühungen rund um die Zucht einer “varroa surviving bee” (VSB) – einer “Varroa überlebenden Biene”.
Ich bin Mitglied im Zuchtverband der Buckfastzüchter von Mecklenburg Vorpommern, in dem es auch eine Zuchtgruppe rund um das Thema VSH/VSB gibt.

Ich habe entsprechenden Zuchtstoff umgelarvt, aufgezogen und auf einer Belegstelle anpaaren lassen.
Will ich von diesen Königinnen diejenigen finden, die auch tatsächlich Anzeichen auf VSH/SMR zeigen, dann muss ich diese Völker regelmäßig und zuverlässig auf ihren Milbenbefall hin prüfen, und ggf. auch nur dann behandeln, wenn bestimmte Grenzwerte gerissen werden, bzw. eben nicht behandeln, wenn der Milbenstatus konstant unter bestimmten Threshholds verbleibt.

Randy Oliver hat zu dem Thema, wie man zuverlässig mit Alkohol Milben auswäscht, diverse gute Artikel verfasst – siehe u.a. hier.

Aber ich will an dieser Stelle gar nicht so viel über die Zucht reden, als über die betriebswirtschaftlichen Aspekte des Varroamanagements.

Varroa und Geld

Ich habe bisher zwei Völker durch eine zu spät erkannte hohe Varroalast verloren. Eines ist schon weg, eines werde ich sehr wahrscheinlich am Ende einer Behandlung noch auflösen.

Von meinen Wirtschaftsvölkern behandle ich derzeit noch etwas mehr als ein Drittel gegen die Milbe, eventuell werde ich sie noch mit Ablegern verstärken.

Ich dachte darüber nach, warum ich so unzufrieden mit der Situation bin. Und im Ergebnis lag es daran, dass ich meine selbst gesteckten Ziele für dieses Jahr nicht erreicht hatte: Ich wollte Ende April, Ende Mai und Ende Juni Alkoholtests über alle Völker laufen lassen, habe dann aber letztlich keinen einzigen Test durchgeführt.

Grund war Zeitmangel, und erst als Schäden offensichtlich wurden, habe ich die ersten Tests gemacht, dann allerdings zu spät.

Ich habe darüber nachgedacht, wie sich das mit dem Zeitaufwand für die Tests und den finanziellen Aspekten verhält.

Wenn ich von Bienen leben müsste, muss ich vermutlich auch einen fiktiven Stundenlohn ansetzen und bestimmen, ob sich gewisse Arbeiten überhaupt rechnen.
Würde sich der Alkoholtest, der Material und vor allem Zeit kostet, letztlich rechnen?

Dazu folgende Annahmen:

Ein Volk kostet etwa 150€, ein Kilo Honig bringt in der Direktvermarktung sagen wir 10€, meinen Stundenlohn lege ich jetzt einfach mal mit 20 Euro fest (ist das ansatzweise realistisch?) und ein Alkoholtest benötigt bei einer regulären Durchsicht etwa 5 Minuten länger. Material für den Test (Isopropanol Alkohol kostet 10€/Liter, ein Varroa EasyCheck rund 25€) könnten wir ebenfalls mit einrechnen.

Die beiden Völker, die ich verloren habe, kosten in Summe rund 300€, da ich sie weder verkaufen noch nächstes Jahr für die Trachten nutzen kann. Gehe ich davon aus, dass jedes der beiden Völker 30KG Honig gebracht hätte (eine sehr pessimistische, konservative Schätzung), summiert sich der Verlust zu einem Betrag von 600€ auf. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass beide Völker jeweils noch einen Ableger hätten ergeben können, also zumindest theoretisch durch den Verkauf noch mal etwa Umsätze von 200-300€ zu erzielen gewesen wären.

Wenn ich davon ausgehe, dass aufgrund meiner Nachlässigkeiten etwas mehr als ein Drittel der Völker schwächer in den Winter gehen als notwendig, und damit auch schwächer aus dem Winter kommen, als geplant, dann verliere ich auch hier Geld, nämlich in der Frühtracht: Völker, die im Frühjahr erst aufholen müssen, bringen in der Frühtracht kein Geld.
Müssen diese Völker mit Ableger verstärkt werden, damit sie doch Geld bringen, bringen diese Ableger jedoch kein Geld mehr durch einen Verkauf.

Jedes Volk, das zu schwach aus dem Winter kommt, kostet grob überschlagen 150€ (entweder pessimistisch veranschlagte 15KG Frühtracht, oder einen Ableger, welchen man nicht mehr verkaufen konnte).

Was ich in der negativen Rechnung, also jener, die ein schlechtes Varroamanagement zugrunde legt, noch nicht berücksichtigt habe: Die Zeit, die ich aktuell aufwende, die Milbenlevel für die kommenden Brutsätze zu senken, damit der Schaden sich möglichst in Grenzen hält.

Hätte ich allerdings von Beginn an ein konsequentes Monitoring gefahren, wäre das zwar nicht für umsonst zu haben gewesen (Anzahl Völker x 5 Minuten / 60 x 20€ + 35€ Materialkosten, multipliziert mal drei, über den Sommer verteilt), aber das wäre allemal billiger gewesen, als Völker unkontrolliert einem russisch Roulette auszusetzen.

Insofern stellt sich mir die Frage, ob auch nicht jene Berufsimker, die ihr funktionierendes Schema haben, Geld liegen lassen.
Denn oft beinhaltet dieses Schema die Inkaufnahme von Varroaschäden, die dann durch eine gezielte Vermehrung ersetzt werden.

Letztlich ist es aber eine Abwägung, welche Strategie für wen Sinn macht.

Fazit

Ich habe mir ein konsequentes Milbenmonitoring jetzt schön gerechnet. Ich bin es auch leid, im September immer nur halb zufrieden mit meinem Varroastatus zu sein. Ich bin es auch leid, im September, wenn ich auf die Imkerei eigentlich keinen Bock mehr habe, noch so viel durch die Gegend zu fahren und Dinge gerade zu biegen.

Deswegen will ich versuchen, kommendes Jahr nach der Durchlenzung konsequenter mittels Alkohol die Völker zu beproben, um dann ggf. rechtzeitig eingreifen zu können.

Ein Grund dafür ist sicherlich auch, den Erfolg der vermeintlichen VSH/SMR Königinnen zu prüfen und ggf. von der richtigen Nachkommen zu ziehen.

Es handelt sich also um ein Gesamtpaket an Vorteilen, die ich mir davon erhoffe.
Und wie heißt es so schön: Der Imker lebt immer in der Hoffnung.

2020.15 – Es herbstlt so vor sich hin

Umweiseln

Ich habe damit angefangen, jede Woche ein paar Völker umzuweiseln. Die Alt-Königinnen, die noch gut sind, habe ich teilweise verkauft, teilweise verschenkt (von Privatleuten nehme ich etwas Geld, von gemeinnützigen Projekten, wie einer Schulimkerei, nehme ich keines).

Ich verarbeite jetzt vor allem die Buckfast B3435, die ich dieses Jahr in der Annaburger Heide habe anpaaren lassen. Die müssen dann kommendes Jahr in so etwas wie eine Leistungsprüfung.

Füttern

Ich füttere derzeit, immer kleine Portionen so bis 2,5, 3 KG pro Futtergabe und Volk- einmal pro Woche, und hoffe, so bis Ende September auf das Endgewicht zu kommen.

Da Zeit knapp ist, habe ich aufgehört, selber Zucker anzurühren, und fahre nun jede Woche zu meinem Imkerbedarfsladen und lasse mir 140 KG Futter abfüllen. Insgesamt kotze ich etwas, weil das enorm viel Geld kostet, während da ein paar hundert Kilo Zucker im Lager stehen, aber ich habe meine Zeit gegen mein Geld abgewogen, und da fiel die Wahl zugunsten meiner Zeit.

Erfolgreiche Wachsmottenzucht

Ich löse gerade das alte Kuntsch-Wabenlager auf, bzw. das, was davon noch übrig ist.
In der ganzen Hektik der letzten Wochen fiel das Schwefeln des Wabenlagers aus, und das rächt sich dann durch Wachsmotten, die sich hungrig durch den Wabenschrank gefressen haben.

Mein Dampfwachsschmelzer hat sich schon rentiert. Wenn der erst einmal läuft, dann bekomme ich da ziemlich viele Waben durch, und so leert sich dieser Wabenschrank langsam aber sicher.

Ist der leer, wird er rausgerissen und entsorgt, um Regalen Platz zu machen. Ein Wabenlager in der Form werde ich nicht weiter führen – auch das Schwefeln zur Wachsmottenabwehr finde ich als lästig und unangenehm. Ich werfe Waben lieber in eine verschließbare Kiste vom Baumarkt und lege ein Schwammtuch mit Ameisensäure drauf.

Es gibt Bereiche der Imkerei, die finde ich unangenehm – wachsmottenzerfressene Waben einschmelzen gehört definitiv dazu.

Im gleichen Raum habe ich übrigens auch eine sehr erfolgreiche Wespenzucht: In der Zwischendecke, am Dachfenster, hat sich eine Wespenkolonie erfolgreich eingenistet. Das würde mich alles auch nicht so großartig stören, wenn die wenigstens die Wachsmotten platt gemacht hätten. Und wenn sie nicht den ganzen Raum voll koten würden. So nerven die einfach nur.

Varroa

Es gibt Völker, die haben – nur nach einer kurzen Windelanalyse, jetzt schon wieder zu viele Milben.
Trotz: TBE, OXS nach 10 Tagen.
Ich weiss nicht, was ich davon halten soll. Eigentlich erklärt sich das nur mit Reinvasion, von der aber immer mehr Leute behaupten, dass es die so nicht gäbe. Es gäbe eher eine Reinvasion von innen. Aber ich frage mich, wie viel man bei einer TBE falsch machen muss, damit man den Milbenbefall nicht merklich gesenkt bekommt?!

Ich will am WE da mal genauer nachsehen. Alkohol ist dann das Mittel der Wahl. Und dann mal sehen.

Das große Zusammenfassen!11!

Wenn ich jetzt mit den Futterkanistern über meinen Bienenstand marodiere, bin ich so lange allein mit Füttern beschäftigt, dass ich jedesmal neue Motivation empfinde, im Oktober großzügig Völker zusammenzufassen.

Ich muss das machen. Wenn ich das nicht mache, und schon wieder fast alles überlebt, dann fliegt mir im nächsten Jahr alles um die Ohren.

Natürlich kann man im Frühjahr gut Völker verkaufen, und das will ich auch, aber ich möchte gerne Qualität verkaufen – also nur Völker mit brauchbarer Volksstärke und Königin. Deswegen muss ab Oktober auch selektiert werden. Ich drehe sonst nächstes Jahr durch.

Ach ja, und die Mini Plus fasse ich auch gerade zusammen.
Die Königinnen wandern in Vollvölker, die übrig gebliebenen Zargen werden kleineren Einheiten aufgesetzt. So entstehen mit der Zeit 3-Zargen M+, in denen ich dann Reserveköniginnen über den Winter nehmen will. So der Plan. Das ist ja mein erstes Jahr mit M+, da fehlt mir jedes Gefühl für Futter und Bienenmasse, die man für den Winter benötigt. Aber das wird schon irgendwie…