Bevor das Bienenjahr endgültig vorbei ist…

Es steht noch ein Arbeitsschritt an in diesem Jahr, die Restentmilbung mit Oxalsäure, aber es lässt sich jetzt schon ein Fazit ziehen, bzw. ein kleiner Rückblick wagen. Und natürlich kann ich schon einen kleinen Ausblick für meine Pläne in 2020 geben.

Ich gehe – wie jedes Jahr – verunsichert in den Winter: Habe ich meine Völker gut genug vorbereitet, habe ich alle gut genug von Milben befreit und ausreichend aufgefüttert?
Aber im Unterschied zu den Vorjahren hat mich jetzt ein gewisser Fatalismus gepackt und ich mache mir im Moment nicht zu viele Sorgen – es wird schon irgendwie gut gehen.
Ich habe sonst immer um jedes Volk gebangt, aber jetzt merke ich eine Änderung in meiner Herangehensweise: Ich arbeite ziemlich gründlich und gewissenhaft, ich stelle die Bedürfnisse der Völker oftmals an allererste Stelle – aber wenn die Völker dann trotzdem kaputt gehen, dann ist das vermutlich eine notwendige Selektion. Völker müssen mit einer gewissen Anzahl an Varroen zurecht kommen, Völker, die trotz Fütterung nicht ausreichend Futter aufgenommen haben, haben womöglich ein Problem, das nur durch Selektion gelöst werden kann.

Selektion ist überhaupt das Stichwort: Ich habe dieses Jahr die ersten Königinnen abgedrückt oder verschenkt, weil sie mir nicht in Kram gepasst haben. Das klingt grausam, aber ich habe noch viel weniger selektiert, als ich es mir eigentlich vorgenommen hatte. Das bedeutet, ich habe mehr Kisten in den Winter genommen als geplant. Manche davon hätte ich besser aufgelöst, bei mancher wird mir der Winter die unliebsame Arbeit, vor der ich mich dann gedrückt habe, abnehmen.
Ich möchte diesbezüglich im kommenden Jahr noch gründlicher arbeiten.

Das heißt auch: Ich möchte kommendes Jahr damit beginnen, meine ersten eigenen Königinnen zu ziehen und zu vermehren. Die Ziele sind langfristig noch hochtrabender: Ich möchte meine eigene Königinnenlinie starten.

Ich weiß jetzt, was ich will: Ich will Königinnen, die vitale Bienen, vitale Völker mit einem hohen Honigertrag erzeugen. Ich habe ein Volk am Stand, welches den Unterschied macht, das mir gezeigt hat, was man unter dem Begriff “vital” bei einem Bienenvolk verstehen kann.

Natürlich wäre es ein Leichtes, solche Königinnen fertig von guten Züchtern zu kaufen. Aber das wäre ja zu langweilig und zu wenig lehrreich. Daher der Entschluss – auch nach Ermutigung eines erfahrenen Carnica-Züchters aus meinem Verein – mit einer eigenen Königinnenvermehrung zu starten.

Die Pläne dazu sind relativ konkret, aber auch anspruchsvoll – und natürlich werden sie nicht so funktionieren, wie ich das im Vorfeld plane:
Wenn meine Wunschkönigin erfolgreich auswintert, wird sie samt Gefolgt in eine kleinere Kiste gesetzt, damit sie sich nicht mehr so verausgabt, dafür aber gut gepflegte jüngste Maden liefert, die ich zum Umlarven verwenden kann.
Ab Ende April, Anfang Mai will ich dann – so das Wetter es erlaubt, eine erste Serie von Königinnen in einem Adamstarter ziehen und dann die Königinnen aus schlupfreifen Zellen in weisellose Ableger schlüpfen lassen. Derweil will ich mit alten Königinnen aus 2017 und 2018 und kleinen Kunstschwärmen eine Reihe von Mini+ Kisten starten.

Ab Ende Mai, Anfang Juni will ich dann eine weitere Serie ziehen, die dann in die zuvor entweiselten M+ Einheiten schlüpfen soll, die ich dann auf eine Buckfast-Belegstelle verbringen möchte. Diese Serie soll dann, bzw. das, was davon begattet wird, die Grundlage für eine entsprechende Prüfgruppe an künftigen, potentiellen Zuchtmüttern werden. Die müssen dann alle bis Mitte Juli in ihre Zielvölker, damit der erste Test – der Aufbau der Winterpopulation – zeitgerecht beginnen kann.

Ich habe noch so viele DNM Rähmchen.
Ein weiteres Ziel ist es, mit standbegatteten Töchtern DNM-Ableger zu machen, die ich dann zum Ende des Sommers hin verkaufen kann, damit ich die vielen DNM Rähmchen los werde, ohne sie einfach wegzuwerfen.
Insgesamt möchte ich also das kommende Jahr dazu nutzen, das Handwerk der Königinnenzucht zu erlernen und Arbeitsabläufe für die Bienenvermehrung zu optimieren.
Meine Ziel ist es, eben keine 1-Waben Ableger nach Pia Aumeier zu bauen, sondern Jungvölker, die unter optimalsten Startbedingungen loslegen – und das fängt bei einer Königin an, die unter optimalsten Bedingungen aufgezogen wurde.

Was das vergangene Bienenjahr betrifft, ist mein Fazit gemischt.
Ich war zwei Mal am Rand meiner Möglichkeiten, wo ich dachte “das wird mir alles zu viel” – und wo es kurz keinen Spaß mehr gemacht hat.
Trotzdem habe ich gemerkt, wie viel Erfahrung mir dieses Jahr gebracht hat.
Ich fange langsam an, andere Dinge zu sehen, wenn ich eine Kiste aufmache und mir die Bienen anschaue. Das Offensichtlichste ist vielleicht, dass ich die Königinnen viel leichter finde. Aber auch das Verhalten der Bienen, das Aussehen des Brutnestes, der Zustand des Baurahmens, der Bautrieb im Honigraum… das sind alles Dinge, die vor kurzem noch nicht so präsent waren, von mir noch nicht so selbstverständlich wahrgenommen wurden. Aber mit der Anzahl der Völker treten auch auf einmal die Unterschiede zwischen den einzelnen Kisten viel deutlicher zutage.

Wenn man 10 Kisten an einem Tag in der Obstblüte öffnet, und 9 Völker ruhig ihrer Arbeit nachgehen, aber ein Volk völlig von der Rolle ist, dann bemerkt man das plötzlich viel deutlicher.
Auch der Blick für Volksstärken und Brutumfang ändert sich. Ich habe noch letztes Jahr Völker für stark befunden, die ich heute als maximal durchschnittlich bewerten würde. Wenn man einmal ein Volk am Stand hat, dass so ganz anders loslegen und Masse in jeder Hinsicht erzeugen kann, dann sehen alle anderen Kisten plötzlich traurig aus.
Wenn dieses eine Volk große geschlossene Brutnester anlegt und die Brutstadien den Legegang der Königin nachzeichnen lassen, dann wirken viele anderen Königinnen plötzlich unkoordiniert und verloren im Volk. Das ist das, was ich für mich als “Vitalität” festgemacht habe: Königinnen, die ein Volk erbrüten, um das man sich einfach keine Sorgen machen muss, weil alles im Überfluss vorhanden ist – Bienen, Brut, Futter.

Insgesamt habe ich dieses Jahr deutlich mehr Völker bewirtschaften können als letztes Jahr, ohne dafür mehr Zeit zu benötigen.
Ich werde also irgendwie, irgendwo effektiver.
Insbesondere die Arbeit mit einem Brutraum, großen Brutwaben plus Trennschied und Absperrgitter, haben mir eine ganz neue Welt bezüglich effektive Völkerkontrolle und -führung in der Schwarmzeit eröffnet. Dazu zählen auch Flachzargen als Honigräume. Mein Rücken hat mir diese Anpassungen in jeder Hinsicht gedankt.

Trotzdem führe ich noch etliche DNM Völker durch den Winter. Aber das ist Teil der Strategie: Jenes Rähmchenmaß führen, welches am häufigsten bei mir in der Region eingesetzt wird, darauf Völker vermehren und diese zu einem passenden Zeitpunkt abgeben. Dabei geht es nur sekundär darum, Umsatz zu generieren (zumal ich ja immer unter der 25 Völker-Grenze bleiben will/muss), sondern vielmehr um den Versuch, Bienenverluste in meiner Umgebung regional mit ausgleichen zu helfen und Menschen davon abzuhalten, aus dem Internet Kunstschwärme aus Italien zu kaufen.

Meine Planungen und Abläufe waren oftmals noch zu unkoordiniert. Deswegen gab es immer wieder Fahrten und Einsätze, die ich mir hätte ersparen können, wenn ich nur vorausschauender geplant hätte. Da gibt es auf jeden Fall noch Luft nach oben.

Ich möchte nächstes Jahr auch wieder an einem regen Austausch mit anderen Imkern teilnehmen. Dazu zählt zum Beispiel das Imkerforumstreffen in Hessen oder auch – wenn man mich lässt – das VSH Projekt der Buckfastimker in Bayern. Das Vernetzen und der Austausch haben mir dieses Jahr sehr viel gebracht. Allein die Information, Tipps und Hinweise, die man im direkten Gespräch erhält, sind unbezahlbar.

Eines der Ergebnisse aus dem ablaufenden Bienenjahr ist es, dass ich meine eigene Linie an Königinnen erzüchten möchte. Ich habe jetzt recht konkrete Vorstellungen, was ich unter “Vitalität” verstehe, und ich möchte meine Bemühungen zunächst darauf konzentrieren. Und da ich diese Eigenschaften nicht einfach nur einkaufen möchte, werde ich ausprobieren, wie es mit der Zucht funktioniert. Das wird die große Herausforderung für die kommenden Jahre, neben der Optimierung meiner sonstigen Betriebsabläufe.

Es bleibt also spannend.