Ich war mit meinem Kumpel Ralf bei einem Vortrag von Manfred Borgstädt, der in den Räumen der FU Berlin – scheinbar auf Einladung des Imkerverein Zehlendorf? – einen Vortrag über sein selbst entwickeltes „Multifunktionales Zargensystem“ gehalten hat.
Ich habe viel den Kopf geschüttelt.
Manfred Borgstädt sagt folgende Dinge über sich selbst: Er war vor 35 Jahren einer der progressivsten Imker Deutschlands, er hatte von 1971 bis 1991 selber Bienen, seit 2012 imkert er als Pate mit einer anderen Imkerin zusammen, er betreut rund 7 Völker, er ist kein Wissenschaftler, sondern Praktiker, mit Bruder Adam und Hans Beer war er auf Du und er ist ein großer Fan der Buckfast Biene.
Außerdem ist er ein begeisteter Anhänger Torben Schiffers, dessen Forschung und Erkenntnisse ihn in seiner Arbeit leiten.
Er hat dann ein selbst entwickeltes Beutensystem vorgestellt, das „Multifunktionale Zargensystem“, welches man etwa wie folgt beschreiben kann:
Es kommen Rähmchenmaße wie Dadant, Langstroth und Miniplus zum Einsatz, eine Zarge umfasst 6 Rähmchen, dafür werden zwei Völker immer nebeneinander aufgestellt, was aufgrund der quadratischen Form, die dann entsteht, entweder eine reine 2 Völkerführung, oder bei einer 90 Grad-Drehung der Honigräume, eine 2-Königinnen Völkerführung ermöglicht. Die Honigräume, die dann übereinandergestapelt werden müssen, führen zu Zargentürmen von mehr als 2 Meter Höhe (Angabe des Vortragenden).
Mit den Beuten kann man alles machen: Honig, Königinnenzucht, Ableger
Wichtigstes Element war und ist aber die Warmhaltigkeit. Wärme als Schlüssel zur erfolgreichen Imkerei.
Es gab für mich allerlei verwirrende Informationen, die ich vorher so nicht kannte (wenn den Bienen im Winter warm ist, und sie sich frei in der Beute bewegen können, verbrauchen sie weniger Futter – um ein Beispiel zu nennen).
Ich hatte diverse Fragen, die ich aber nicht stellen konnte (oder wollte). Die wichtigste wäre gewesen: Welches Problem versucht er eigentlich zu lösen?
Ich kann darüber nur spekulieren, aber mit den vielen Referenzen auf Torben Schiffer, muss es wohl um eine „wesensgemäßere“ Bienenhaltung gegangen sein – wesensgemäßer als das bei den herkömlichen Beuten (und Imkern) der Fall ist.
Ob sein Beutensystem diesen vermeintlichen Anspruch erfüllt, kann ich nicht beurteilen, aber zumindest konnte ich erkennen, dass man für eine Schwarmkontrolle bis zu 8 Honigräume abstapeln muss, dass sehr unterschiedliche Rähmchenmaße zum Einsatz kommen, und es sich am Ende um ein System handelt, das so viel Geigelei beinhaltet, dass man damit bestenfalls eine geringe Völkerzahl halbwegs effektiv bewirtschaften kann.
Die Behauptung, eine wärmeoptimierte Beute hätte nur Vorteile, konnte und wollte er nicht mit plausiblen Beweisen stützen. Er sei Praktiker, kein Wissenschaftler. Dass es Forschung gibt, die zeigt, dass Völker mit offenem Boden gut überwintern, weniger Futter verbrauchen und nicht zu früh in Brut gehen, waren ihm entweder nicht bekannt, oder er hat sie ignoriert (jedenfalls hat er sie nicht mit betrachtet). Die Forschung von Wolfgang Ritter, dass Bienen nur die Traube wärmen, jedoch nicht die umgebende Beute, war scheinbar auch unbekannt.
Das Isolierungsmaßnahmen im zeitigen Frühjahr, wenn Bruteinschlag einsetzt, sinnvoll und wichtig sein können, sei mal dahingestellt. Allerdings war von zeitlichen Differenzierungen bei der Warmhaltigkeit der Völker nichts in dem Vortrag zu hören. Auch nicht, inwieweit Genetik oder die Volksstärke für eine erfolgreiche Überwinterung eine Rolle spielen – als einziges Kriterium wurde das selbst entwickelte Beutensystem genannt.
Was man dabei vielleicht berücksichtigen sollte: Es gibt eine Dadant-Beute nach Borgstädt.
Diese Beute wird von Bienen-Ruck vertrieben, wo auch die erste Serie des „Multifunktionalen Zargensystems“ gefertigt werden soll.
Und so ein System ist ja total gut für die Bienen, es ist wesensgemäß, darin gehen keine Völker im Winter ein, nicht mal an Varroa!
Und so viel Magie hat dann eben auch ihren Preis.
Da muss man schon mal, zum Wohle der Bienen, etwas tiefer in die Tasche greifen.
Eine Dadant-Beute kostet in der Regel um die 140€.
Aber eine Beute kann natürlich auch viel mehr sein: Ein Versprechen auf eine besseres Leben für die Bienen, die Hoffnung auf eine bessere Welt, eine wesensgemäße Imkerei, ewig gesunde Völker, die gleichzeitig die vollsten Honigtöpfe der Welt versprechen, eine Beute, so groß und bedeutsam wie ein heiliger Messias, der zur Rettung der Welt aus der brandenburgischen Pampa hinabsteigt in die niederen Gefilde der ungläubigen Imkerschaft: DIE DADANT-BEUTE NACH BORGSTÄDT, FÜR NUR 368,40€ DAS STÜCK!! EIN SCHNÄPPCHEN, SCHLAGEN SIE NOCH HEUTE ZU!
Aber allen Sarkasmus zur Seite geschoben, bleibt doch die Frage: Warum wird das Rad ständig neu erfunden? Was bringt das der Imkerei?
Ich hatte gestern das Gefühl, dass es vor allem einem Ex-Imker hilft, der als Rentner seine Freizeit gerne mit Tüfteleien füllt. Das finde ich auch total in Ordnung. Aber es wird mich nicht dazu bringen, für eine Dadant-Beute fast den dreifachen Preis zu zahlen, der normalerweise aufgerufen wird.